Re: U2 auf Schalke

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Moderator

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Und hier auch noch der von mir angekündigte Konzertbericht:

Es ist mittlerweile schwierig einen U2-Auftritt einfach nur als ein Rock-Konzert zu betrachten. Kaum ein anderer musikalischer Einzelevent erregt in der heutigen Zeit eine derartige Aufmerksamkeit wie die Konzerte der vier Iren, und das weltweit. Sei es wegen ihrer Performance, ihrer gigantischen Show, ihres politischen Ansinnens oder einfach nur wegen der großen Momente…

U2, die „größte Band der Welt“, war im Rahmen ihrer „Vertigo Tour“ nach Gelsenkirchen gekommen, ihrem ersten deutschen Anlaufpunkt der Tour. Vertigo ist ein gutes Stichwort, um einen ungefähren Eindruck von dem Konzert zu vermitteln, denn die Atmosphäre in der Arena AufSchalke war schlichtweg schwindelerregend, immerhin nahm mit 60.000 Menschen eine ganze mittelgroße Stadt in dem Stadion Platz. Diese mittelgroße Stadt war es dann auch, die quasi von null auf hundert anfing zu klatschen und mitgrölte, als U2 ihren ersten Song begannen, „Vertigo“ – was sonst? „Uno, dos, tres“ – so verwandelte sich die nach oben geschlossene Arena AufSchalke blitzartig zum größten Bierzelt der Welt. Das man sich aber nicht in einem Bierzelt befand, daran erinnerte Bono spätestens bei „Sunday Bloody Sunday“, dessen ursprünglichen Protestantismus/ Katholizismus –Kontext er kurzerhand auf die Weltreligionen Islam/Judentum/Christentum erweiterte, ein „Coexist“-Stirnband unterstrich sein Anliegen. Und da waren sie auch, die politischen U2. Es war zu erwarten, dass Bono an dem Abend den einen Tag zuvor bekannt gewordenen Schuldenerlass der G8-Staaten gegenüber der afrikanischen Welt ansprechen wird, was er auch prompt tat (O-Ton Bono: „Dies ist der Moment“). Wohl auch als Geste in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, dass U2 in der zweiten Zugabe dem Publikum „Partygirl“ schenkte, ein Song den sie recht selten live spielen. Afrika blieb auch auf der Videoleinwand ein Thema, als bei „Where the streets have no name“ die Nationalfahnen der afrikanischen Staaten über die Leinwand sausten. Die an sich ganz nette Idee, SMS-Nachrichten der Konzertbesucher einzusammeln und auf der riesigen Leinwand zu zeigen, verpuffte aufgrund eines ungeschickten Timings bei der Projektion der Nachrichten. Ebenfalls als nicht ganz gelungen erwies sich der Klang, der sich durch einen mehrfachen Widerhall in der Arena zu einem Soundbrei vermischte und den Hörer teilweise vor eine große Herausforderung stellte, Bonos Texte überhaupt zu verstehen. So waren auch die musikalischen Highlights des Abends, die Gitarrensoli von The Edge, nur mit Einschränkungen zu genießen. Doch mal ehrlich, waren wir wirklich der Musik wegen hier? Na ja, ganz verneinen kann man diese Frage sicher nicht, und so gab es mit „Pride (In the name of love)“, „One“ und „With or without you“ weitere Stimmungsgaranten, bevor sich U2 ungewöhnlicherweise erneut mit „Vertigo“ endgültig verabschiedeten.

Vertigo am Anfang, Vertigo am Ende: „Lights go down and all I know is that you give me something I can feel”. Ja, für große Momente sind U2 immer zu haben, da kann einem schon mal schwindelig werden…

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