Re: The Rolling Stones – Undercover

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fuchs

Registriert seit: 11.07.2007

Beiträge: 186

1.Undercover Of The Night *
2.She Was Hot *** 1/2
3.Tie You Up (The Pain Of Love) **1/2
4.Wanna Hold You **
5.Feel On Baby **
6.Too Much Blood *
7.Pretty Beat Up *
8.Too Tough ***
9.All The Way Down ****1/2
10.It Must Be Hell *

Gesamt: **

Undercover Of The Night – Oh Gott, unverhohlener haben sie sich dem Zeitgeist nie angebiedert und deutlicher sind sie nie gescheitert – ist ein Stern eigentlich Pflicht oder geht auch Null?

She Was Hot – eines der drei Highlights des Albums. In dieser Gesellschaft wirkt es fast 5-Sterne-mäßig, aber wir müssen so objektiv wie möglich bleiben – also nur guter Durchschnitt.

Tie You Up (The Pain Of Love) – Beim ersten Hören war der Eindruck zunächst einmal gar nicht so schlecht, aber später wich er der Erkenntnis, dass das Stück langweilig ist, und wie heißt es so schön: Man darf alles sein, nur nicht langweilig. Trotzdem – immerhin erkennt man doch irgendwie die Stones…

Wanna Hold You – Erinnert an ein altes Beatles-Stück der frühen 1960er, aber schade – dann setzt Keiths „Gesang“ ein, und über den hätte sich sogar Ringo amüsiert.

Feel On Baby – ganz netter Reggae ohne Höhen und Tiefen, leider zu lang, zum Schluss dann klinisch tot

Too Much Blood – fängt verheißungsvoll an, fällt dann allmählich in ein plätscherndes Koma, mal wieder viel zu lang. „Getretener Quark wird breit, nicht stark.“

Pretty Beat Up – hat IMHO keinerlei Daseinsberechtigung, außer vielleicht als Beispiel für einen Füller par excellence in einem Oberstufen-Musikkurs: keine Idee, auf der bis zum Stumpfsinn herumgeritten wird. Jaggers jaulender Gesang gibt der Nummer den Rest.

Too Tough – hört sich an wie ein Stück von den Rolling Stones, was auf diesem Album schon eine Art Qualitätsmerkmal ist. Ein typisches Keith-Riff, gute Bass- und Schlagzeugarbeit („War nicht auch Satisfaction von denen?“), Jagger in Normalform, brutale Woodie-Gitarre und das Ganze in erträglichen knapp 4 Minuten – das zweite Mal guter Durchschnitt

All The Way Down – das dritte Stück in Normalform und für mich das beste auf diesem Album – ein Stones-Stück ohne Fehl und Tadel, fast ein Anachronismus, was hier positiv gemeint ist. Arrangement und melodische Idee noch besser als bei Too Tough, Jagger locker mit Cockney-Akzent wie in alten Zeiten, erfreulich kurz. Schau an, sie können also doch noch Musik machen – so ganz tief drinnen werden zaghaft Erinnerungen an Between The Buttons wach…

It Must Be Hell – Oh, ein gutes Riff, aber kennen wir das nicht? Und seltsam – es wirkt, als ob ein funktionsfähiges Organ in eine Leiche transplantiert wurde. Unter Umgehung des Komas fällt das Stück dann auch prompt nach der Eröffnung in die Leichenstarre.

Das ist sie also – meine Nummer 22 aller Stones-Alben oder wie auch immer man zählt – das letztplatzierte Album. Da ist einfach zu wenig drauf, das das Ganze als Album rechtfertigen würde – zu wenig Ideen, zu wenig musikalische Substanz, zu wenig Qualität. Das Album hat kein Leben in sich, keine Kraft.
Es ist gewiss zu viel verlangt, wenn man über Jahrzehnte hinweg von jedem Album immer wieder hohes Niveau erwartet. Höhen und Tiefen sind normal, auch Ausrutscher, nur sollten sie irgendwie in das Gesamtwerk passen. Die Stones haben nun mal Maßstäbe gesetzt. Und die gelten auch für sie selbst. Hier haben sie sie IMHO zu weit unterschritten.
Anderen Künstler mit ähnlich riesiger Lebensleistungen wie Dylan z.B. haben allerdings eine ähnliche Bilanz aufzuweisen – und das Gesamtwerk wird hierdurch weder bei den einen noch beim anderen geschmälert. Und bei beiden zeigte die Fieberkurve später auch wieder nach oben…

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fuchs "And they couldn't prevent Jack from being happy..."