Re: Charles Mingus

#1360261  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 67,151

Die Oreos-Bände, hm … der über Ornette (von Peter Niklas Wilson) ist sicher sehr okay, aber an sich waren die für mich eher Orientierungshilfen. Was ich gerne mag, ist der „Penguin Guide to Jazz on CD“, ich habe fünf Auflagen davon, momentan benute ich gerlmässig die dritte und die achte (die erste und letzte, die ich habe). Das dumme am Buch ist, dass sie nur erhältliche Aufnahmen besprechen, Vergriffenes fehlt … zudem sind die beiden Autoren manchmal ganz schon „opinionated“, aber damit komme ich viel besser klar als bei anonymen Besprechungen im Netz (da zähle ich auch Allmusic so halb dazu, viele Autoren kenne ich gar nicht – und Scott Yanow mit seinen siebentausend nichtssagenden „recommended!“-Reviews ist in Wahrheit ein Automat …).

Aber das geht hier ziemlich off topic … den Mingus-Band von Oreos fand ich auch ziemlich gut, Horst Weber, der eine der Enja-Herren, hat ihn mitverfasst. Für mich waren sie damals das richtige, aber ich war Gymnasiast und noch nicht in der Lage, englische Bücher zu lesen (zu Mingus scheint es allerdings bis heute keine wirklich gute Biographie zu geben, auch die von Priestley eher nicht). Ich würde für die Oreos-Bände jedenfalls nicht mehr als 10€ bezahlen (bei den TB-Ausgaben können Seiten herausfallen … ich habe viel später mal noch die gebundenen von Braxton, Coleman Hawkins und Getz kaufen können, die ich aber nie komplett las, eigentlich benutzte ich bei allen immer schon fast nur die Diskographie-Teile.

Und Dein Eindruck täuscht sicher nicht, es ist schon so, dass man mich zu hunderten Jazzmusikern was fragen kann und ich zumindest eine grobe Ahnung habe … aber die genauere Kenntnis beschränkt sich dann oft aue einen – oder mehrere – Zeiträume. Z.B. habe ich fast die gesamten Blue Note-Aufnahmen von Bobby Hutcherson oder Jackie McLean bis Ende 60er fast komplett, aber von beiden kaum was von später … bei anderen Leuten habe ich bisher nur Verstreutes aus langen Karrieren, etwa von John Lewis … aber oft ist genug da, als dass ich mir ein Urteil zutraue, eine Art Überblick zu haben glaube – hoffe, das klingt jetzt nicht anmassend, so gemeint ist es nicht, das hier sind ja am Ende alles Versuchsballons, wenn fundierter Widerspruch kommt, habe ich damit kein Problem, überdenke auch gerne mal mein eigenes Urteil wieder. Es gibt hier ein paar Leute – redbeans und vorgarten in erster Linie – die mir neue Perspektiven und Zugänge geöffnet haben, da kommt es auch mal zu Friktionen, ich denke das gehört einfach dazu, eben gerade auch weil es ja um eine Leidenschaft geht.

Und Mingus‘ Musik ist schon seit langem eine Leidenschaft, das ist klar … und der Mann selbst war ja auch ein Vulkan, was man seiner Musik oft genug anhören kann. Ich kenne nichts Vergleichbares. Bezeichnend finde ich dabei auch, dass sich seine Musik praktisch nicht „covern“ lässt. Es braucht den Mann am Bass, ohne ihn, den Antreiber und Motor, geht das alles irgendwie einfach nicht so richtig (die Ghost-Bands unter Sue Mingus sind allerdings ziemlich gut, die Mingus Big Band ginge ich sofort wieder hören, wenn sie mal wieder hier aufträte).

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba