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Odyssey the Band – Reunion | Auf Initiative des in New York geborenen Geigers Charles Burnham sei das Trio von „Odyssey“ 1997 erneut zusammengekommen, lese ich bei vorgarten – des erste Album hat mich ja nur so halb gepackt … das hier höre ich jetzt einfach mal, ohne viel drüber nachzudenken. Das klingt swampy und dann doch nicht so recht, die Chants von Ulmer in „Channel 1“ sind super – übernehmen quasi die Bassspur, die manchmal schon ein wenig fehlt. Das ist für meine Ohren ziemlich filmische Musik. Das Zusammenspiel von Gitarre und Violine ist wirklich toll – und das ist so schön aufgenommen, dass auch die elektrische Violine, die Burnham spielt, nie dünn oder scharf klingt. Klanglich attraktiv, aber etwas mäandernd … und manches wirkt eher fragmentarisch, wie eine nicht zu Ende gedachte Idee oder wie eine Session, bei der man Dinge ausprobierte und auch gleich aufnahm, ohne danach nochmal einen Take zu versuchen. Das geht gut rein, aber fesselt mich auch nur unwesentlich mehr als das erste Album.
James Blood Ulmer – Birthright | Ein Solo-Album als Blues-Sänger, zwischen zehn Originals gibt es „I Ain’t Superstitious“ von Willie Dixon und „Sittin‘ On Top of the World“. Ulmer kommt aus New York, setzt sich auf die Veranda einer Holzkirche im Süden und wartet, bis der Teufel aufkreuzt und ihm sein Crossroads-Erlebnis beschert. Die Zeit bis dahin vertreibt er sich allein mit seiner Gitarre. „I Can’t Take It Anymore“, „White Man’s Jail“, „High Yellow“, „The Evil One“, „Geechee Joe“, „Love Dance Rag“ und so weiter – da ist alles dabei, Ulmer besingt seine bisherigen neun Leben, bis hin zu zum abschliessenden „Devil’s Got to Burn“ – weil der wohl doch nicht aufgekreuzt ist. Hier gibt es metallisches Studiogelächter dazu – und dann nach ein paar Minuten Stille noch ein schönes Flötensolo von knapp dreieinhalb Minuten, aufgenommen mit viel Hall. Stattdessen hatte Vernon Reid die Eingebung, das alles im Studio in New York nachzustellen und Joel Dorn war zur Stelle, um es 2005 bei Hyena herauszubringen. Ein ganz anderer Trip, aber einer, der mir wirklich gut gefällt (das Album lief auch schon ein, zweimal, vor 4 Jahren gekauft sagt mir Discogs, also bevor der Thread hier los ging). Die Gitarre klingt oft rein akustisch, manchmal nach einer eingesteckten akustischen? Aber sie ist immer Ulmer-typisch gestimmt, nehme ich an?
Odyssey the Band – Back in Time | Letzte Runde mit dem (semi) Faux-Südstaaten-Folklore-Trio, aufgenommen an drei Tagen im Mai 2005 im Orange Bear Studio in West Orange, NJ und bei Pi Recordings erschienen. Ich glaub ich darf bei den Alben einfach nicht nachdenken – sondern muss mit dem Flow gehen. Und der ist hier schon ziemlich toll, zum Beispiel in „Happy Time“, wenn Burnham an der Violine mit Wah Wah den Sumpfsound übernimmt und Ulmer an der Gitarre kleine Licks einstreut, die manchmal fast wie aus Ornettes Küche klingen, während Benbow einen starken Beat drunterlegt. Die Momente des Rollentauschs zwischen Violine und Gitarre gibt es auch auf den Vorgängern immer wieder und sie zeigen, wie eng verwoben das alles eben doch ist, wie blind sich das Trio längst versteht. Benbow und Burnham steuern hier je ein Stück bei, die acht anderen stammen von Ulmer. Der singt auch ab und zu – packt auch sein Vibrato wieder aus, aber in diesem Rahmen stört mich das überhaupt nicht. Der freie Closer „Free for Three“ zeigt, dass das Trio auch mit anderere Musik Potential gehabt hätte. Ist das beste der drei Alben? Der Post von @vorgarten, der zu Recht auf „Love Nest“ hinweist, steht hier.
Warum das – gemäss vorgarten – die populärste Formation von Ulmer ist, kann ich mir auch nicht erklären … oder vielleicht schon: Ist das quasi der Prolog zu so Feelgood-Bands, wie Josh Abrams mit ihnen in jüngerer Zeit beträchtliche Erfolge zu feiern scheint? Da kann ich mit Freunden quatschen und im Hintergrund läuft ein wenig was, wenn man will, kann man Trance erleben oder auch einfach träg abhängen, und vielleicht kann ich auch gute Musik hören, muss man ich auch nicht, denn aufdrängen tut sich das ja auch nie so richtig. Pardon für die Publikumsbeschimpfung, aber meine Abrams-Konzerte waren wirklich beide seltsam (beim zweiten hab ich auch die halbe Zeit mit vorgarten gequatscht, was sich durchaus als ergiebiger erwies, als konzentriertes Zuhören ) – und ich kann mir irgendwie vorstellen, dass das hier, zumindest mit einem heutigen sehr jungen Jazzpublikum, ähnlich rezipiert wurde. Keine Ahnung, wie das vor 20 Jahren war – vermutlich völlig anders.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba