Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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Gestern im Kino: Beau travail (Claire Denis, FR 1999) – vollkommen sprachlos nach diesem unfassbaren, unendlich beeindruckenden Film! Der wird noch lange nachhallen, bin auch sehr froh, dass ich ich den ersten Kontakt im Kino hatte, obendrein in einer 35mm-Kopie … (ich glaub bei Filmen wär ich im Gegensatz zu Musik für harte, nicht endende, unversöhnliche Formatkriege zu haben ;-) ). Das ist wirklich ein grandioser Film in jeder Hinsicht. Die Bilder flächig, sich an den Körpern und den kargen Landschaften gleichermassen abarbeitend, am Meer auch, irre Farben immer wieder … die Charakterzeichnung der Personen … der Schnitt … die Musik (als der Song von Neil Young begann, stockte mir für einen Moment der Atem – das letzte, was ich hier erwartet hätte, aber sowas von perfekt eingesetzt und ein Eigenleben entwickelnd, wie das im Kontext von „Sleeps with Angels“ nie möglich war) … ich höre nicht auf zu staunen.

Gerade eben im Kino: Ceddo (Ousmane Sembène, SN 1977) – auch das ein grossartiger Film, noch wuchtiger als „Emitaï“ glaube ich. Die Musik ist auch hier interessant: Hatte in „Xala“ (1974 oder 1975, je nachdem, wo man guckt) die Star Band de Dakar einen kurzen Auftritt (Youtube), so wurde für „Ceddo“ Manu Dibango gleich für den kompletten Soundtrack angeheuert. Sein Afro-Funk aus den Siebzigern überlagert die Geschichte, die im vorkolonialen Senegal spielt. Ein Dorf wird islamisiert, die Parallelen zum 20. (und inzwischen 21.) Jahrhundert sind frappant, denn es geht in Wahrheit nie um Religion, immer nur um Macht. Der Film ist auf seine Art wohl gerade so rätselhaft wie „Beau travail“ – es wird wie so oft bei Sembène zwar sehr viel gesprochen, aber eigentlich die Geschichte wird von den Bildern getragen. Ich habe noch „La noire de …“ und „Guelwaar“ vor mir, muss dann auch noch zwei der Filme im Heimkino nachholen – aber im Zwischenstand nach den drei Kurzfilmen (die Doku „L’Empire songhay“ kenne ich leider auch noch nicht) und fünf der neun Langfilme dürfte „Ceddo“ die Nase vorn haben.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba