Antwort auf: Die besten Konzerte 2023 (so far)

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stefane
Silver Stallion

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stefane
01) Rose City Band – 6.6.2023 – Schorndorf, Manufaktur ****1/2
02) Courtney Marie Andrews – 22.8.2023 – Schorndorf, Manufaktur ****+
03) Postcards – 29.4.2023 – Schorndorf, Manufaktur ****

01) Rose City Band – 6.6.2023 – Schorndorf, Manufaktur ****1/2
02) Simon Joyner Trio – 8.9.2023 – Schorndorf, Manufaktur ****1/2-
03) Courtney Marie Andrews – 22.8.2023 – Schorndorf, Manufaktur ****+
04) Postcards – 29.4.2023 – Schorndorf, Manufaktur ****
05) Chuck Prophet & The Mission Express – 26.4.2023 – Heilbronn, WaldHaus ****-
06) Ghost Woman – 28.7.2023 – Schorndorf, Manufaktur ***1/2+
07) The Reverend Peyton’s Big Damn Band – 6.7.2023 – Heilbronn, WaldHaus ***1/2+
08) Downpilot – 5.5.2023 – Stuttgart, Laboratorium ***1/2

Up next: Water and Sand, Lankum.

Das Simon Joyner Trio am Freitag in der mit ca. 80 Besuchern doch noch recht gut gefüllten Schorndorfer Manufaktur mit einem wunderbaren Konzert.
Begleitet wurde Simon Joyner von Michael Krassner an der elektrischen Gitarre und Fred Lonberg-Holm am Cello. Diese Besetzung hat auch die im Dezember erscheinende Platte „This Is Where the Ocean Begins“ eingespielt, die Neuinterpretationen von Simon Joyner-Songs in diesem Trio-Format enthalten wird. Nicht die erste Zusammenarbeit von Simon Joyner mit Michael Krassner und Fred Lonberg-Holm, die auch schon auf seinen Alben „The Lousy Dance“, „Hotel Lives“ und „Lost with the Lights On“ entscheidende Rollen gespielt hatten. Michael Krassner ist ansonsten eher als Produzent und Toningenieur bekannt (Boxhead Ensemble, Songs: Ohia, Califone, u.a.), während Fred Lonberg-Holm als Instrumentalist auf Alben von u.a. John Zorn, Smog, Misha Mengelberg, Jim O’Rourke, Freakwater, dem Peter Brötzmann Chicago Tentet, den Rivulets und Califone eine mehr als beeindruckende Aufnahmehistorie aufzuweisen hat, eine wichtige Rolle in der Chicago Free Improvisation-Szene einnimmt und nicht zuletzt auch zahlreiche Alben unter eigenem Namen veröffentlicht hat.
Gleich zu Anfang geht es relativ weit in die Vergangenheit zurück: Los geht das Konzert mit „Four Birds“ aus dem Jahr 2004, gefolgt von „Hotel Suite“ aus dem Jahr 2012, wie überhaupt relativ viele eher selten gespielte Songs dieses Mal in der Setlist vertreten sind.
Zu Beginn des Konzerts passen die leisen Einsprengsel von Michael Krassner an der elektrischen Gitarre und Fred Lonberg-Holms meist herrlich dissonante Töne vom Cello noch nicht so recht mit Simon Joyners Gesang und Gitarre zusammen, die drei spielen für mein Gefühl eher neben- als miteinander. Spätestens mit dem vierten Song „Caroline’s Got a Secret“ hat sich das dann aber geändert: hier umspielen Michael Krassners leise Soundflächen ganz wunderbar das akustische Fingerpicking von Simon Joyner, geben dem Song etwas Schwebendes, Schmückendes, dazu dann noch der herrlich windschiefe, herzzerreißende Duo-Gesang der beiden im Refrain des Songs, was durch Fred Lonberg-Holms knarzige Einwürfe vom Cello aber wieder geerdet wird, bevor’s zu süßlich wird. Erster Gänsehautmoment des Abends!
Ab diesem Moment entwickelt sich dann ein ganz großartiges Konzert, das immer dichter und intensiver wird, mich völlig in den Bann zieht und mit einer famosen Version von „The Black Dog“ – ohnehin einer meiner Lieblingssongs des Meisters – seinen Höhepunkt findet. Schon die ersten Zeilen „The black dog’s got twisted ears / The black dog’s got a blind nose / His heart is racing with white worms / And he foams at the mouth“ geben die Stimmung des Songs vor, Simon Joyners Klagegesang wird unterstützt von Michael Krassner, der hier ausnahmsweise die Regler weit aufdreht und seine Gitarren-Riffs ungeschminkt in den Song krachen läßt, während Fred Lonberg-Holm kontinuierlich kleine, unerbittliche Splitterbomben vom Cello streut, immer furioser und dissonanter wird, sich der Song dadurch in einen langen Rausch steigert, bevor dann das mantraartig wiederholte „Have you ever seen a black dog / Beware of the black dog“ den Song zu seinem Ende bringt.
Das reguläre Set endet dann mit einem wunderbaren „Long Dark Night“, das ich zuvor noch nie live gehört hatte.
Für den ersten Song der Zugabe geht es zurück zum Album „Lost with the Lights On“ und nach den „Four Birds“ zu Beginn des Konzerts hören wir nun die „Birds of Spring“. Und wie das reguläre Set mit einem Song vom Album „The Lousy Dance“ geendet hat, findet Simon Joyner auch mit dem letzten Track der Zugabe – „The Rain Asked for a Holiday“ – wieder zu diesem Album zurück.
Das ganze Konzert über herrschte eine sehr wertschätzende, konzentrierte und gespannte, durch die vermutlich hohe Anzahl an langjährigen Simon Joyner-Aficionados im Publikum beinahe schon sakrale Atmosphäre. Mit dem Applaus wurde gewartet bis die allerletzte Schwingung der von der Tontechnik – wie eigentlich immer in der Manufaktur – hervorragend wiedergegebenen Instrumente verklungen war.
Begeisterndes Konzert, bei dem das Trio-Format den Songs teils überraschend viele neue und interessante Facetten hinzugefügt hat.
****1/2-

Seltlist: (Thanks @e-l)
Four Birds [#]
Hotel Suite [&]
Red Bandana Blues [=]
Caroline’s Got a Secret [$]
Time Slows Down in Dreams [^]
Some Fathers Let the Sunset Bring Them to Their Knees [?]
Flying Dreams [#]
The Actor [$]
Blue Lullaby [+]
The Black Dog [%]
Live in the Moment [$]
Long Dark Night [§]
—————————————————————————
Birds of Spring [#]
How I Regret That I’ve Done Wrong [&]
The Rain Asked for a Holiday [§]

[%] Heaven’s Gate (1995)
[§] The Lousy Dance (1999)
[&] Hotel Lives (2001)
[#] Lost with the Lights On (2004)
[^] Single (2009)
[=] Ghosts (2012)
[?] Grass, Branch & Bone (2015)
[+] Pocket Moon (2019)
[$] Songs from a Stolen Guitar (2022)

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"Bird is not dead; he's hiding out somewhere, and will be back with some new shit that'll scare everybody to death." (Charles Mingus)