Antwort auf: Ich höre gerade … Blues!

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zoji

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Beiträge: 6,233

Moin mr-blue

Ich denke nicht, dass wir hinsichtlich der Aufnahmequalität extrem weit auseinanderliegen. Ein musikalisches Träumchen für mich wäre, Blind Lemon Jefferson und Charley Patton mal in annehmbarer Qualität zu hören, so wie es ist bleiben sie mir verschlossen. Es gibt nur wenige Pre-War-Ausnahmen, die ich mitnehme, auf Robert Johnson und noch mehr Blind Willie Johnson will ich nicht verzichten. Mein persönliches annehmbar ist so etwa die Qualität der ersten Chicago-Aufnahmen von Muddy Waters. Die genannte Down Home Blues Classics Reihe fällt ein wenig zwischen die Stühle, manches klingt so zerschossen, dass es sogar einen älteren Eindruck macht, als 1946, das meiste entspricht dem zu erwartenden 50er-Standart für Blues.

Abgesehen von den allerdings bei mir auch lückenhaft vertretenden frühen Gehversuchen der Briten ist europäischer Blues bei mir tatsächlich eine ziemliche Leerstelle. Erklärungsversuch: Obwohl ich zuerst nicht einmal durch Mayall oder Fleetwood Mac, sondern eher durch Led Zeppelin und AC/DC auf Blues aufmerksam wurde, habe ich ihn für mich zunehmend als folkmusikalisches Erbe,  und immer weniger als Teil des R&R-Zirkus begriffen. Daher neige ich dazu, Musiker zu bevorzugen, bei denen ich vermute, dass sie in die Kultur hineingeboren wurden und sie sich nicht auf den zweiten Bildungsweg aneignen mussten. Eigentlich wäre das nur relevant, wenn ich das auch im Blindtest zuverlässig differenzieren könnte, was mir sicherlich nicht gelingen würde. Aber da kommt dann der zweite, schnöde Faktor zum tragen: Ich habe weder die Zeit, noch das Geld, noch den Platz, mir alles anzuhören und zu kaufen, wo Blues draufsteht. Vorteile europäischer Künstler wie häufigere Livepräsenz liegen natürlich auf der Hand. Tatsächlich kann ich vermutlich lückenlos aus dem Stehgreif sagen, was ich hier an europäischen Musikern habe. Einmal Thorbjørn Risager und auch nur in Kopie, zweimal Abi Wallenstein, vor allem weil der hier eine kleine Lokalgröße ist (eine kleine Größe? zur Korrektur ans Lektorat) und wahrscheinlich der Musiker, den ich am häufigsten live gesehen habe, einfach weil er hier als Straßenmusiker und auf Festivitäten häufig für lau zu sehen war, und etwas zahlreichere Alben von Bjørn Berge. Letzterer führt mich zum dritten Punkt: Fair ist es nicht, aber während mir bei US-Musikern eine gute Reproduktion des althergebrachten meist reicht, lege ich die Latte bei Europäern etwas höher und wünsche mir von ihnen eher einen eigenen, ungewohnten Zugang, was meiner Meinung nach Berge, einer meiner Favoriten bei den aktuellen Stimmen, sehr gut gelingt.

Wenn ich Dich richtig verstehe, sehe ich das wie Du: Wir sind hier ein so kleiner Kreis, dass die unterschiedliche Schwerpunktsetzung den Austausch erschwert, vielleicht sogar häufig verunmöglicht. Dazu kommt eventuell eine differierende Erwartungshaltung hinsichtlich gewünschter Tiefe und Frequenz der Konversation. Da ich allerdings jedweden individuellen Zugang sowohl zur Musik, wie auch zur Forumsnutzung für legitim halte und persönliche Vorlieben nicht für kritikwürdig, bin ich ziemlich gefeit gegen Enttäuschung. Freue mich, wenn hier was passiert, fühle mich aber auch nicht beeinträchtigt, wenn der See hier wieder längere Zeit still ruht.

 

zuletzt geändert von zoji

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Und lieg´ich dereinst auf der Bahre, dann denkt an meine Guitahre, und gebt sie mir mit in mein Grab (Der rührselige Cowboy, D. Duck)