Antwort auf: Up to date: Das popkulturelle Hier und Jetzt

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herr-rossi
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nicht_vom_forumDa stellt sich für mich allerdings eher die Frage, ob man bei so viel Eklektizismus und mangelnder Abgrenzung überhaupt noch von „Subkultur(en)“ sprechen kann oder ob es im Grunde nur noch die Mainstream-Kultur gibt, bei der verschiedene Ausprägungen zur reinen Ästhetik (ohne zugehörige Haltung) reduziert sind. Crossover-Produktionen waren früher schließlich ein Ereignis, heute sind sie Standard.

Ja, das stimmt, Begriffe wie „Subkultur“ oder „Indie“ verlieren zunehmend an Aussagekraft. Aber es ist deswegen noch nicht alles Mainstream. Es gibt in allen Bereich vorwärtsdenkende Künstler:innen, die nicht „massentauglich“ sind, sondern neue Wege suchen. Die haben nur keine Berührungsängste mit dem Mainstream mehr.

Das wäre für mich ein typisches Beispiel: Ist das Haltung oder Ästhetik? Allen scheinbar privaten Einblicken bei Instagram und Twitter zum Trotz ist doch überhaupt nicht feststellbar, ob da echtes persönliches Interesse dahintersteht oder eine PR-Agentur, die Listen erstellt und passende Dossiers für ein paar Soundbites. Und letztendlich sind diese Kenntnisse auch nichts anderes als Signalling und Statussymbol: Die Zeit, um sich auch nur auf einem dieser Gebiete eine halbwegs fundierte eigene Meinung zu erarbeiten, muss man erstmal haben. Das passt für mich eigentlich dazu, dass es seit einiger (gar nicht so kurzer) Zeit eine Tendenz zu „preiswerten“ Statussymbolen gibt: Beyonces Villa bleibt unerreichbar, aber das gleiche IPhone kann ich kaufen – oder das gleiche Buch lesen wie Timothee Chalamet.

Die erwähnte Alice Capelle hat sich darüber Gedanken gemacht und es fällt sehr schnell und treffsicher der Name Pierre Bourdieu. Natürlich geht es hierbei auch um symbolisches Kapital. Soziale Aufsteiger möchten von den alten Eliten anerkannt und respektiert werden, und kulturelles Kapital zu sammeln, ist dabei naheliegend. Allerdings – kulturelle Praktiken waren immer auch ein „Flex“, ehrliches Interesse und gesellschaftliche Repräsentation sind nicht so messerscharf zu trennen. Und gerade Menschen, die Kultur produzieren, kann man doch durchaus ein kulturelles Interesse unterstellen.

„celebrities are turning into bookworms (why though?)“

Alice weist auch daraufhin, dass die Adaption westlicher Kultur eine große Rolle im K-Pop spielt. Südkorea ist mit Musik oder auch TV-Erfolgen wie „Squid Game“ bei westlichen Kids cool und ein Sehnsuchtsort, aber umgekehrt möchte man auch dort auf Augenhöhe wahrgenommen werden. Ein schönes Beispiel ist mein Lieblingssong und -video des Jahres von Red Velvet. Der Track basiert auf einem Bach-Motiv, das Video ist gespielt mit Referenzen an die europäische Kunstgeschichte, insbesondere Hieronymus Bosch.

Feel My Rhythm

Classical and Jazz Musicians react to „Feel My Rhythm“

Ich lasse keine Gelegenheit aus … ;)

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