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herr-rossi Verlage pflegen üblicherweise ein Verlagsprofil und entscheiden aus inhaltlichen und kaufmännischen Erwägungen darüber, welche Bücher sie veröffentlichen und welche nicht, und ebenso selbstverständlich, welche Titel nicht mehr geführt werden. Ich bin seit 30 Jahren im Publikationswesen tätig und mir fällt beim besten Willen kein Grund ein, warum ein Verlag nicht entscheiden dürfte, dass Publikationen aus inhaltlichen Gründen nicht mehr ins Verlagsprofil passen. Das ist weder „Selbstzensur“ noch sind das per se „ideologische Gründe“.
Von „per se“ und „nicht dürfen“ war auch nicht die Rede. Klar darf ein Verlag Bücher von Dr. Seuss und eine Plattenfirma Songs von Patti Smith ächten. Aber natürlich evoziert das einen Blick auf die Gründe und wenn die offenkundig politisch motiviert sind, gibt einem das nun mal zu denken. Unterm Strich kommt dabei eine Einschränkung der Kunstfreiheit raus. Ob das nun religiös, links- oder rechts-identitär legitimiert werden soll, ist dabei letztlich ziemlich unerheblich.
Ich beobachte zudem schon seit Jahren die Entgrenzung des Begriffs „Zensur“, mit dem wahllos um sich geworfen wird. Wenn man andere regelmäßig dafür scharf angreift, dass sie Begriffe bis zur Unkenntlichkeit ausdehnen, sollte man sich da doch etwas stärker zurückhalten.
Stimmt, deshalb sprach ich auch nicht von Zensur sondern von Selbstzensur:
Bedeutung: aus Angst vor Gefährdung selbst vorgenommene Kontrolle, Überprüfung der eigenen Gedanken, Handlungen, der eigenen Werke, Schriften o. Ä. (Duden)
Das Ergebnis ist für den Rezipienten das gleiche – ein Titel ist nicht mehr verfügbar. Aus kaufmännischen Gründen ist das „Canceln“ von Büchern also normal und nicht hinterfragbar, aber inhaltliche Begründungen sind „ideologisch“? Das ist eine Logik, die ich mir nicht zu eigen machen werde.
Ernsthaft? Der Unterschied ist das potentielle Publikum, dass in dem einen Fall nicht vorhanden ist und im anderen eingeschränkt und bevormundet wird. Patti Smith hat alleine bei Spotify 2,5 Millionen monatliche Hörer, die vielleicht ganz gerne selbst entscheiden würden, wie sie mit dem Song umgehen. Stattdessen klafft da nun in einem ihrer wichtigsten Alben ein grauer Fleck. Vor ein paar Wochen bin ich hier noch ausgelacht worden, weil ich ein Zappa-Cover als mögliches Angriffsziel vermutet habe. Dass es zuerst Musik von Patti Smith trifft, toppt das nun um Längen.
Die Titel, die nicht mehr aufgelegt werden, sind meines Wissens aber nicht die populären Klassiker, niemand will dem Lorax an den Bart.
Spielt doch gar keine Rolle. Patti Smith ist auch nicht der mainstreamigste Act des Labels. Könnte man ja auch sagen, ist Nische, who cares. Auch beliebt: Winnetou-Filme mochte ich eh noch nie. Als würde es darum gehen.
Übrigens hat Seuss selbst schon auf Kritik in den 70er Jahren mit Textänderungen reagiert. Bei der neuen Entscheidung geht es wohl vor allem um die Illustrationen. Der Verlag hätte die austauschen können, Neuauflagen mit neuen Illustrationen. Hätte doch auch einen Aufstand gegeben. Dabei wäre auch das bei Klassikern vor allem auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt nichts ungewöhnliches, ebenso wie Textanpassungen. Der Karl May-Verlag z.B. hat die von May autorisierten symbolistischen Einbandgestaltungen von Sascha Schneider in der Nachkriegszeit durch marktgängigere Entwürfe ersetzt, die alten schienen halt nicht mehr zeitgemäß und zu esoterisch. Verlegerische Freiheit. Könnte man heute nicht mehr machen, ohne dass es einen Empörungssturm gäbe … PS: Der Fall ist bei Seuss zugegeben ein anderer, da die Illustrationen von ihm selbst stammen und integraler Bestandteil der Geschichten sind.
Wenn Autoren selbst Hand an ihrem Werk anlegen, ist das nochmal was ganz anderes. Wenn es aus marketingtechnischen Gründen geschieht, ebenso, auch wenn ich das dann, wie aktuell bei „Die drei ???“ aus anderen Gründen meistens richtig übel finde.
nicht_vom_forum
Die akute Preisentwicklung war, wenn ich mich richtig erinnere, auch der primäre Grund, warum ebay die Bücher damals ausgelistet hat. Im Gegensatz zur normalen Spekulation auf Amazon, Discogs, ZVAB etc. (indem der Anbieter einfach einen anscheinend „zu hohen“ Preis festlegt), waren die Preise durch hysterisches Hochsteigern bei ebay wohl auf völlig absurde Werte geklettert.
eBay hat wegen zu hoher Preise Artikel von den Plattform genommen?? Quelle?
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