Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

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bullschuetz

bullitt . . Neudefinitionen solcher Begriffe liegen ja auch gerade im Trend. Was nicht passt wird eben passend gemacht. 👌🏼

Sorry, das ist polemischer Quatsch.

Und nachdem ich wieder runter bin von der Palme, will ich den Vorwurf auch begründen. Bevor hier also die Legende um sich greift, die wokeness-Polizei mache in ihrem Anprangerungswahn passend, was nicht passt, will ich mal ganz bürokratisch die „UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ bemühen – die definiert das so:

Völkermord ist eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:

a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe;

b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe;

c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen;

d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind;

e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.

Der erste Satz der Definition ist tatsächlich die schillerndste Formulierung. Denn da geht es um die „Absicht“. Man könnte auf dem Standpunkt stehen, dass bereits die Vielzahl der Massaker per se für eine gewisse Zerstörungsabsicht spreche. Man könnte aber auch sagen: Den zentralistisch-regierungsamtlichen Tötungsmasterplan aus Washington gab es nicht.

Nach der Lektüre des Mattioli-Buches weiß ich: Es gab tatsächlich keine Wannseekonferenz zur Endlösung der Indianerfrage. In dem Buch sind allerdings mehr als genug Zitate von Meinungsbildnern und Entscheidern (Gouverneuren, Zeitungen, führenden Militärs) enthalten, die ganz ausdrücklich die Ausrottung (extermination) als Ziel ausgeben; wenngleich nie bezogen auf „die Indianer“ von Kanada bis  Mexiko und Ost- bis Westküste, sondern jeweils immer nur auf diejenigen Indianer, die gerade der Westexpansion im Wege standen. Dass es während des Landnahmeprozesses vielfach die Absicht gab, diverse indianische Nationen/Stämme mindestens „teilweise zu zerstören“, finde ich insofern eindeutig; zumal es in Mattiolis Buch eine deprimierende Fülle von zeitgenössischen Zitaten gibt, die offenbaren, auf welcher Denkungsart das brutale Vorgehen gründete: auf krassem Rassismus, der die Indianer oft gar nicht als Menschen gelten ließ, sondern zum Ungeziefer erklärte.

Beim Rest der Definition müssen wir, glaube ich, nicht streiten. Es müsste ja nur „eine der folgenden Handlungen“ vorliegen – es ist aber sonnenklar und nur um den Preis radikaler Geschichtsklitterung abtreitbar, dass die Punkte (a), (b), (c) und auch – darauf weist Mattioli ausdrücklich hin – (e) erfüllt, teilweise überreichlich erfüllt sind.

Und deshalb frage ich mich, ob es eine gute Idee ist, eine nette Heile-Welt-Kinderabenteuergeschichte unbedingt ausgerechnet in diesem bestialischen Bloodlands-Setting anzusiedeln (manche Passagen bei Dee Brown und Mattioli sind ja wirklich entsetzlich zu lesen). Man darf es! Aber wer es nicht tut, hat meinen Dank und Segen.

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