Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

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latho
No pretty face

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bullschuetzSorry, dass ich jetzt auch einen Link dazwischenwerfe. Aber dieser Text erscheint mir wichtig. Er belegt recht gut, dass es überhaupt keinen woken Amoklauf gegen Winnetou gab, sondern in Wahrheit die Bildzeitung einen Popanz aufgeblasen hat.

Über die Bild-Zeitung und die gewohnheitsmäßige Volkserregung haben wir hier auch nicht diskutiert, zumindest nicht ich. Wir haben unsere Diskussion quasi parallel zur Bild-„Debatte“ geführt. Ausgehend von der Entscheidung des Ravensburger-Verlags filmbegleitende Bücher nicht zu veröffentlichen. Ich hatte gleich zu Anfang gesagt, dass mir die Entscheidung nicht passt (nicht wegen der Bücher, sondern wegen des Anlasses) und darauf meine Kritik aufgebaut. Weil mir ziemlich wurscht ist, was Bild so betreibt, um ihre Leser bei der Stange zu halten.
Dass es vorher „Aktivität“ gab hat ja auch Scomplers tolles Tool herausgefunden. Google tut’s auch und findet durchaus Tweets zum Thema kulturelle Aneignung etc., die vor der Pressemitteilung gepostet wurden. Das war der (kleine) Auslöser für die Rücknahme – ich meinte (wie geschrieben, Artikel finde ich nicht mehr), dass die Rede von ca 160 Tweets war (also noch weniger als Scompler zählt). Die Prämisse unserer Diskussion bleibt also.

Und dann stolpert der Autor gleich noch in das nächste Fettnäpfchen, dass man es kaum fassen kann: Die Kritik an Ravensburger und May (denn, let’s face it, May steht ebenfalls im Visier) war vollkommen berechtigt, denn wichtige Fakten müssen in Winnetou-Produkten auftauchen: kolonialistische „Cowboys“, die Genozide begehen und von May „aus gut gemeintem Rassismus“ verherrlicht wurden (was ist „gut gemeinter Rassismus“?), Indianer die zwar „gut und edel“ dargestellt werden, aber das nicht sollen? Letzten Endes seien – the kicker – ja 6 Millionen (anscheinend eine frei erfundene Zahl) „Indianer“ umgekommen, „so viele wie tote Juden im Nationalsozialismus“. Er fällt auch ohne das Lesen von Baddiels Buch Jews Don’t Count auf, der Antisemitismus, der sich bei Linksidentitären hartnäckig hält.
Wobei ich mich immer frage, wie denn ein Winnetou-Buch aussehen soll, das den Twitterati gefällt? Ausgemergelte Gestalten, die am Rande der Reservation um Essen bitten und feurige Reden mit Binnen-I halten, derweil Vater und Mutter von SS-Cowboys getötet werden? Man merkt all dieser Kritik an, dass sie letzten Endes genauso realistisch ist, wie der sorgenbefreite junge Winnetou bei Ravensburger (vermute ich). Kitsch kritisiert Kitsch. Und schon den einfachsten Schluss nicht merken: ein Buch über „Winnetou, den Häuptling der Apachen“ ist, egal wieviel Disney-Realismus da einfließt, per se ein Affront: „den“ Häuptling der Apachen gab es genau so wenig wie „die“ Apachen und er hieß bestimmt auch nicht Winnetou. Wenigstens, siehe @bullitts Bericht aus der Reservation, verkauft er heutzutage Decken.

 

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.