Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

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wahr

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lathoIch habe den Film nicht gesehen, ich werde den nicht sehen und habe auch kein Kind an der Hand, das mich dazu zwingen könnte. Ich erwarte von dem Film nichts (man kläre mich auf, wenn der wieder Erwarten ein Meisterwerk sein sollte), ich erwarte überhaupt nichts von Produkten auf denen Winnetou steht, nicht auf Filmen, nicht auf TV-Serien (gibt’s so etwas?), nicht auf Büchern dazu etc, ja, noch nicht mal auf May selber, den ich heute nicht mehr lesen würde. Aber seid ihr wirklich der Meinung, dass die Kritik an den Büchern bzw am Film (meinetwegen dem Trailer) sich nur auf den Film bezieht? Dass „redfacing“ und Verschleierung von „Völkermord“ etc nur für den Film gilt. Dass sich die Kritiker zurückziehen, wenn man sie nach May fragt, „Nee, der ist ok“?

Du beantwortest dir deine Fragen eigentlich schon selbst: Die Kritikpunkte, die den Franchise betreffen, könnten so sicher zu großen Teilen auch auf Mays Werk selber zutreffen. Eine gewisse Banalität und Holzschnittartigkeit ist ja auch bei seinen Büchern wohl unbestritten. Da ich glaube, dass May ein kluges Köpfchen war, der genau detektierte, was seine Leserschaft vor 100 Jahren hören wollte, glaube ich ebenso, dass er heute seine Bücher so wohl nicht mehr geschrieben hätte. Spekulation natürlich. In der aktuellen Diskussion kommt einiges zusammen, was dann eben die große Beachtung erklärt: Die Vorwürfe in den Social Media; Aufmerksamkeit durch Buch und gleichzeitig Film; der große Widerstand einiger Juroren der Deutschen Film- und Medienbewertung, diesen Kinderquatsch-Aufguss als „Besonders wertvoll“ einzustufen; der Konservatismus der Bayerischen Filmförderung, die banale Geschichte mit der Höchstsumme von 950.000 Euro zu unterstützen. Und natürlich die aktuelle Diskussion um Respekt gegenüber Indigenen, die seit langem die Schnauze voll haben, dass ihre Kulturen und Errungenschaften immer wieder grotesk verstümmelt als Ware in die marktwirtschaftlichen Verwertungen einfließen und ihnen somit entrissen werden. Und zu dieser grotesken Verstümmelung einer existenten Kultur gehört eben auch die Verzerrung durch Mays Märchenfantasie, die sich ja ganz klar auf eine reale Kultur bezieht. Auslöser waren aber die aktuellen Produkte, nicht die Originalbücher. Wie du würde auch ich diese Bücher heute nicht mehr lesen. Und Kindern kann man sicher auch Geschichten über Freundschaft erzählen, ohne ganze Kulturen zu schreddern.