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gipetto
jesseblue Würdet ihr mitgehen, wenn ich behaupte, dass ohne die als „The Basement Tapes“ bekanntgewordenen Sessions von Bob Dylan und The Band die Alben „The Beatles“ und „Beggars Banquet“ anders geklungen hätten? Ich erinnere mich an ein gelesenes Interview mit Marianne Faithfull, in welchem sie die Sessions erwähnte und meinte, dass Jagger ebenso Aufnahmen davon hatte und diese in seinem Urlaub 67/68 oft hörte und sie sich sicher war, dass diese Aufnahmen ihn beeinflussten. Und wenn ich genau hinhöre, klingt „Beggars Banquet“ auch wie eine fertig produzierte Version einiger Basement-Stücke. Auch die Fab Four musizierten auf „The Beatles“ wieder schlanker und bedienten sich einem Potpourrie, das ebenso stark an die 67er Sessions in Big Pink erinnert.
Bei den Stones kann ich es nicht beurteilen, da stehe ich nicht tief genug im Thema. Bei den Beatles waren bekanntlich Help! und vor allem Rubber Soul stark von Dylans Einflüssen geprägt bzw. wären beide Alben in der Form ohne Dylan nicht möglich gewesen. Danach halte ich den unmittelbaren (!) Einfluss von Dylans zeitgenössischem Schaffen auf die musikalische Entwicklung der Fab Four jedoch nicht mehr unbedingt als gegeben. Das (im postiven Sinne nicht vorhandene) Konzept von The Beatles resutiert meines Erachtens aus verschiedenen Arten des Überdrusses: a) Das psychedelisch-überbordende Konzept war nach Sgt. Pepper, den zugehörigen Singles sowie dem ausufernden Magical Mystery Tour-Projekt auserzählt. b) Die vier hatten es satt, nur noch mithilfe der exzessiven Technik eines Studios Musik zu verwirklichen. Die Grundidee zu den Get Back-Sessions kam bereits hier in Ansätzen zum Tragen: Back to the roots. c) Die Beatles waren nach dem Tod von Brian Epstein zum einen als Kollektiv auseinandergebrochen. Zum anderen trat die musikalische Individualität von Lennon, McCartney und Harrison immer stärker hervor und nahm erstmals hier und da unvereinbare Züge an, bzw. war es ihnen nicht mehr unbedingt daran gelegen, die Ideen des anderen zu befruchten oder die eigenen Ideen von den Kollegen „veredeln“ zu lassen. Will sagen, dass Dylans Einfluss zwar seit 1964 essentiell prägend für den Sound und das Songwriting der Beatles war, ich aber der Meinung bin, dass das „Weiße Album“ auch ohne die Basement Tapes so geklungen hätte, wie es klingt.
Sehr gelungene Analyse, finde ich!