Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › james 'blood' ulmer › Antwort auf: james 'blood' ulmer
Ist ja alles off-topic, aber ich bin immer wieder schockiert, wenn ich von Jazz(hör)ern höre, die faschistoide politische Linien vertreten und darin keinerlei Widerspruch erkennen können … drüben auf Org wurde die Politik-Ecke ja schon viel früher (Bush II … oder war’s danach im Wahlkampf von Obama?) abgeschafft – nicht auszudenken, was dort während der (hoffentlich nicht ersten sondern einzigen) Trump-Präsidentschaft abgegangen wäre. Aber Entertainment kennt keine Berührungsängste
—
Nächste Runde – zu Ulmer bei Blakey weiss ich leider auch nichts, aber in der Blakey-Chronologie von Mike Fitzgerald steht folgendes:
1973: James “Blood” Ulmer-g [“Ulmer only played five jobs in three months with the group”] [db 10/80 p.23] Ulmer recommended by Ramon Morris who was probably also in this group.
[Possible that Ulmer introduced George Adams to Blakey as the two had worked together with Hank Marr in the mid 1960s. No confirmation of this.]
https://jazzmf.com/art-blakey-chronology-and-the-jazz-messengers/
Der erste Gitarrist bei Blakey wäre demnach Essien Nkrumah, der auf den „Child’s Dance“-Sessions von Mai 1972 zu hören ist.
Beim Track mit Joe Henderson („Multiple“) finde ich vor allem das Solo des Leaders ziemlich toll – Ulmer ist da ja nur in der Begleitung zu hören, und auch das nicht direkt prägend.
Zum Album von Larry Young („Lawrence of Newark“, 1973) gibt es in der CD von 2002 (Castle Music/Sanctuary Records) folgendes Line-Up:
Abdul Shahid (d), Jumma Santos (tom-tom, cow bell, cga, whistle, tamb, hi-hat), Howard T. King (d), James Flores (d), Stacey Edwards (cga) Don Pate (b), James Ulmer (Blood) (g), Umar Abdul Muizz (cga), Armen Halburian (cga, bells, perc), Diedre Johnson (vc), Juni Booth (b), Art Gore (d, elp), Abdul Hakim (bgo), Poppy La Boy (perc), Cedric Lawson (elp), Mystery Guest (ts, voc), Dennis Mourous (sax, el-sax), Charles Magee (el-t), Larry Young (org, bgo, voc).
Die Liner Notes (Alain Beard, July 2001) sind ein Schnelldurchgang durch Youngs Werk, ohne Tiefgang und mit nur einem kurzen Abschnitt zum Album:
Young’s next album as a leader, Lawrence of Newark, took up where he had left off with Contrasts. Signing to New York’s new jazz independent Perception in 1972/73, he gathered together a bunch of musicians who were playing in and around the New York loft scene – possibly the most well-known being guitarist James ‚Blood‘ Ulmer, who had also played with John Patton – and created an album that captures jazz’s freedom perfectly. The album consists of five tracks which coalesce around the final track on Side One: the awesome ‚Khalid Of Space (Part Two) Welcome‘. The album would seem to be heavily influenced by Sun Ra’s comment that „all my musicians are drummers“ as a screen of percussion sets up for the other musicians to weave around.
The clear joy of the variety of sounds on Lawrence of Newark may well have informed Larry’s next move which was to start to experiment with synthesisers. This led to the formation of Larry Young’s Fuel […]
Bei Discogs gibt’s das Booklet lesbar als Scan, aber ist echt kein guter Text.
Der Name Pharoah Sanders tauch im CD-Booklet nirgendwo auf … Sopransax gibt es ja auch mal noch zu hören, aber wer der beiden es spielt, keine Ahnung. Am Anfang von „Khalid of Space Part Two – Welcome“ ist jedenfalls Sanders am Tenor zu hören, nehme ich an? Und electric trumpet heisst wohl sowas wie bei Miles Davis, also sehr nah am Mikro, durch ein paar Effektgeräte mit Steuermöglichkeiten und dann durch einen Verstärker aufgezeichnet?
Was mich hier wundernehmen würde, wäre eine Einordnung (auch der beiden „Fuel“-Alben) zwischen dem, was Miles Davis ca. in den Jahren 1973-75 gemacht hat, zwischen Tony Williams‘ Lifetime, der Loft-Szene und allem, was sonst damals lief (Joe Henderson war kurz davor zusammen mit Larry Willis Teil von Blood, Sweat and Tears? Ist jetzt nochmal was ganz anderes, aber zeigt halt die vielen Verzweigungen und Verbindungen – vom Loft (Rashied Ali) zum Stadion (Mahavishnu Orchestra) war es damals wohl oft nicht so weit (andererseits spielen von Rockisten bis heute vergötterte Bands in relativ kleinen Locations – mit Miles Davis als Opening Act …). Aber das gehört dann vielleicht in den Larry Young-Thread oder nochmal woanders hin.
Was ist das eigentlich mit diesen Laber-Liner-Notes? Hier schon wieder … komplette Scans bei Discogs, in etwa so lesenswert bzw. so vergnüglich zu lesen wie die Kurz-Biographien in Programmheften zu klassischen Konzerten (hat hier und da gespielt, ist mit dem und dem aufgetreten). Gut, hier kriegt man schon ein paar interessante Hinweise (besonders den auf die Big Band, mit der Ali gespielt habe, das „Romas Orchestra“, geleitet von Cal Massey und Romulus Franceschini). Egal, musikalisch sind die Alben, die Ali in den Siebzigern für sein eigenes Label Survival Records produzierte, alles ziemlich toll.
Mir gefällt hier die Atmosphäre sehr gut, und Ulmers Gitarre trägt dazu viel bei. Bassist John Dana finde ich hier sehr überzeugend, kenne auch ihn sonst kaum (er taucht noch auf einem Phil Ranelin-Album auf („The Time Is Now!“), zumindest auf der „Complete Edition“ davon, aber dort die Line-Ups aufzudröseln ist oft auch ein Ding der Unmöglichkeit (auf demselben Album und anderswo bei Ranelin ist auch Charles Moore dabei, da ist dann wieder eine Verbindung mehr zum Contemporary Jazz Quintet). Earl Cross ist übrigens auch auf Noah Howards „The Black Ark“ dabei. Auch nicht mein Lieblings-Free-Trompeter, aber hier gefallen mir seine Beiträge, wie auch die von Bob Ralston am Tenorsax (den ich ebenfalls überhaupt nicht kenne … aber das Joe Lee Wilson-Album, das sein zweiter Discogs-Credit ist, ist auch super – ist das wirklich das gleiche Oblivion Records, das jüngst – leider nur digital – das Town Hall-Konzert von Cecil Taylor komplett neu herausgebracht hat, aka „Spring of Two Blue-J’s“?)
Ein Wirrkopf sei der Produzent dieses Albums, Michael D. Anderson – da passt es doch, dass die CD innen auf dem Kopf steht: Tray mit CD links (Rückseite der Frontklappe) und Schlitz fürs Booklet rechts oben, d.h. wenn man die CD stellt, fällt es halt raus … und im Booklet fehlt auch noch ein Satz (S. 7 bricht das Ali-Zitat übe den Fotos von Wright und Ulmer unvermittelt ab: wohin flog Wright denn, wieder nach Europa?).
Ein Jahr später (oder vier, wie @vorgarten schreibt), dieses Mal wohl tatsächlich aus Alis Alley (seinem Loft) und in viel besserem Klang – aber die wunderbare Stimmung zwischen Entspannung und Geladenheit, die das Ali Quintett auszeichnet (ich musste das Album gleich zweimal am Stück hören) fehlt hier.
Doch hold your horses! Das Coasting, ein bisschen Solo hier, ein Schlenker nach dort, Zeit vergeht … nach dem mittelprächtigen Bass-Solo von Benny Wilson (auch ein mir sonst völlig unbekannter Musiker – taucht nochmal bei Ali und in der Gruppe Flight to Sanity bei den Wildflower-Sessions auf) folgt das von vorgarten Ulmer zugeschriebene Flötensolo (der Wechsel an die Gitarre ist aber enorm fix, wenn das wirklich Ulmer ist) und danach übernimmt Ulmer an der Gitarre und längst hat die Gruppe Fahrt aufgenommen, wie das in der erste Hälfte nicht passiert. Was Ulmer nach dem Wiedereinstieg von Wright am Tenorsax mit diesem anstellt, ist allerdings grossartig, jetzt brennt die Musik förmlich, und an ein Abdriften in weniger inspiriertes Powerplay (wie es für meine Ohren die erste Hälfte des Programms etwas dominiert) ist nicht mehr zu denken. Die erste Hälfte sind Parts 1-3, Part 4 ist dann das Bass-Solo, Parts 5 und 6 zusammen fast eine halbe Stunde lang und damit ca. gleich lang wie Parts 1-3, das Bass-Solo ist rein zeitlich gesehen die Mitte des Sets und musikalisch vielleicht eben eine Art Wendepunkt?
Ich muss die CD in Griffweite behalten, bisher hat sie bei mir kaum Eindrücke hinterlassen. Mal schauen, ob ich zur ersten halben Stunde auch mal noch Zugang finde.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba