Antwort auf: Return of the GrievousAngel: Persönliche Schätze aus der weiten Welt der Kunst

Startseite Foren Fave Raves: Die definitiven Listen Sonstige Bestenlisten Return of the GrievousAngel: Persönliche Schätze aus der weiten Welt der Kunst Antwort auf: Return of the GrievousAngel: Persönliche Schätze aus der weiten Welt der Kunst

#11676681  | PERMALINK

Anonym
Inaktiv

Registriert seit: 01.01.1970

Beiträge: 0

Wenn der dengel recht hat, hat er recht. Und manchmal hat er nun mal recht. 😊 Deswegen:

Dumbo (Ben Sharpsteen et al.; 1941)

Ähnliche Geschmackssicherheit wie neulich bei seinen Jahreslisten hat besagter dengel auch bei der Wahl seiner Partnerin bewiesen. Denn Dumbo ist nicht nur für diese, sondern auch für mich der ultimative Disney-Film in einem Universum voller Schönheit und großer Gefühle. Aber der Reihe nach.

Nach den beiden Verlustgeschäften mit Pinocchio und Fantasia wehte in den Disney-Studios plötzlich ein rauerer Wind. Die Politik von der Arbeit ohne großen Zeitdruck stand auf dem Prüfstand, mit dem Umzug in die neuen Burbank Studios war ein guter Teil der Einkünfte für Snow White auch schon wieder reinvestiert. Dazu hatte man auch schon seit 1937 ein Projekt am Start, das sich nur langsam realisieren ließ und erst 1942 als neuer Meilenstein der Animations-Geschichte das Licht der Welt erblicken sollte.

Davor sollte allerdings parallel zu diesen Arbeiten noch in Windeseile ein kleines Filmchen produziert und veröffentlicht werden, das wenig Geld kosten und dafür einiges einspielen sollte. Dumbo kostete im Endeffekt nur weniger als ein Drittel von Pinocchio und brachte schließlich den in diesen schwierigen Zeiten so dringend benötigten warmen Geldregen.

Dies stand allerdings noch in den Sternen, als die Disney-Studios in ihre erste große Krise schlitterten, ein großer Teil der Besatzung in den Streik wanderte und die Zukunft am seidenen Faden hing. Glücklicherweise konnten die meisten wichtigen Mitarbeiter, allen voran die späteren „nine old men“, gehalten werden. Während nicht zuletzt wegen dem Streik die unerfahreneren Zeichner an die vorderste Front berufen wurden, waren die Meister mit dem ungleich aufwendigeren Parallel-Projekt beschäftigt. Um die Produktionskosten niedrig zu halten, wurde auf üppige Hintergründe, die dementsprechend wie bei Schneewittchen mit Wasserfarben und nicht wie danach üblich Ölfarben gemalt wurden, und Spezialeffekte verzichtet. Auch die Spieldauer von einer knappen Stunde war sicher auch dem vorgegebenen Budget geschuldet, wobei Dumbo ursprünglich ohnehin als Kurzfilm geplant war.

Über die vermeintliche Rassismus-Debatte habe ich ja ein paar Posts vorher schon etwas geschrieben, dazu gibt es von mir nicht mehr viel zu sagen. Außer, dass ich diese Krähen bzw. die Szenen mit ihnen wirklich liebe. Die vielleicht interessanteste Sequenz der Animations-Geschichte muss aber jene sein, in der Dumbo und sein Freund von einem Wassereimer trinken, in dem vorher eine Champagner-Flasche ausgelaufen ist. Vielleicht konnten sich die Schreiber trotz dem etwas zurückliegenden Ende der Prohibition nicht mehr so ganz an die Wirkung von Alkohol erinnern, auf alle Fälle ließen sie die beiden Figuren in einen Zustand der wildesten Halluzination abdriften, welcher der Psychdelia-Ära gute fünfundzwanzig Jahre vorausgreift. Auch für den Streik der abtrünnigen Schreiber hatte Walt Disney ein zynisches Plätzchen im Film übrig.

Und ja, was soll ich sagen. Dumbo ist trotz und nicht zuletzt auch gerade wegen dieser schwierigen Umstände und Einsparungen der ultimative Disney-Treat. Die Geschichte vom Elefanten-Außenseiter mit den großen Ohren, der von seiner Mutter getrennt wird und in einer Maus jenen one true friend findet, den jeder von uns braucht, ist simpel, effektiv, und vor allem wirklich herzerwärmend. Es ist ganz egal, dass die Zeichnungen wesentlich einfacher bzw. wieder cartoonhafter gestaltet sind. Oder dass dieser kleine Elefant, der als sogenannte „Missgeburt“ von allen gemieden wird, gar nicht sprechen kann. Dumbo erinnert uns in seinem Fokus auf das Wesentliche daran, worauf es ankommt und dass man eine großartige Geschichte auch in einer mickrigen Stunde so erzählen kann, dass man die volle Palette an Emotionen miterlebt und den rüsseligen Protagonisten bis zum Schluss anfeuert. In Zeiten der Not entstehen manchmal die schönsten Dinge. Ich hatte Dumbo all die Jahre immer nur als selbst aufgezeichnete VHS mit anschließendem The Looney Looney Looney Bugs Bunny Movie. Eine meiner prägendsten Kindheitserinnerungen und ein Erklärungsansatz, warum ich bis heute immer schon große Sympathien für den Underdog offenbaren konnte. 😊

Bambi (David Hand et al.; 1942)

Obwohl als zweiter Film nach Snow White geplant, sollte es bis zum August 1942 dauern, bis dieses Herzensprojekt von Walt Disney in die Kinos gelangte. War Dumbo als kurzfristige Einnahmequelle eingeplant, lag der Fokus eindeutig auf der Produktion von Bambi (wiewohl man letztlich auch hier in einem überschaubaren Budget blieb). Das sieht man schon daran, wie aufwendig und liebevoll der Wald gestaltet wurde, dessen Tiefenwirkung per Multiplan-Kamera durch mehrere Schichten erzeugt wurde. Ein wichtiger Aspekt in der Gestaltung des Hintergrundes, der nach dem kurzen Aquarell-Intermezzo wieder mit Ölfarben gemalt wurde, liegt in der Mitarbeit des chinesischen Künstlers und Zeichners Tyrus Wong, dessen impressionistische Gemälde und Zeichnungen von Wäldern den zentralen Einfluss auf die Gestaltung der Hintergrundlandschaften darstellten.

Wie bereits bei den Arbeiten an Dumbo wurden Tiere ins Studio geholt um sich an diesen zu orientieren. Diesmal stand aber zum ersten Mal im Fokus, diese Tiere, deren Physiognomie und Bewegungen so naturgetreu wie möglich nachzustellen. Dementsprechend gab es erstmals keine anthropomorphisierten oder in ihrer Darstellung simplifizierten Tiere, sondern tatsächlich Tiere, die sich überwiegend wie Tiere verhalten sollten in einer Welt, in der der Mensch als großer und nicht gezeigter Antagonist als permanente Gefahr wie ein Schatten im Hintergrund lauert.

Die Geschichte nach der Vorlage vom Österreicher Felix Salten ist wiederum eine einfache, herzergreifende und im Verlauf ebenso intensive. Die Musik hat mich – so weit ich mich gerade erinnern kann – immer etwas an die von Fantasia erinnert. Ich konnte zwar nie zu 100% nachvollziehen, warum Bambi wegen der traurigen und bekanntesten Szene des Filmes im Vergleich mit anderen Werken so viel mehr Liebe erfährt, aber ich habe ihn in den vergangenen Jahren – auch mit Blick auf diese beeindruckenden Neuerungen – noch mehr schätzen gelernt, als ich das ohnehin bereits davor getan habe. Die unendlich schönen Hintergrundlandschaften, die Liebe zum Detail in der Darstellung der Tiere und die wieder einmal entzückenden Charaktere machen die kleinen inhaltlichen Schwächen mehr als weg und Bambi nicht zu Unrecht zu einem der großen Aushängeschilder des Studios.

--