Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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vorgarten
kurz zwischendurch: beim evans-vergleich fühl ich mich falsch wiedergegeben, ich habe das sehr spezifisch auf UP FOR IT bezogen, weil die drei da nicht auf höhepunkte und spitzen dramatisierungen aus sind, sondern ziemlich ‚in the pocket‘ bleiben, motive verschieben, auf recht einfacher swinggrundlage, auch ohne freidrehenden bassisten. das fand ich bei evans ja immer so eigenartig, dass er das einfach jahrzehntelang so machen wollte, ohne große entwicklungen, ohne bessere oder schlechtere tagesformen, ohne risiko, quasi als formel für ein sensitives zusammenspiel, arbeit am schönen, die sich aber nie so recht ändert. bei UP FOR IT dachte ich: interessant, wenn die umstände nicht perfekt sind: worauf zieht sich das standards-trio so zurück? und da hörte ich dann eine evans-nähe.

Das war nicht meine Absicht – danke für die Präzisierung! Beim nächsten Durchgang in 10 Jahren höre ich dann mit gespitzten Ohren, ob mir solche Bezüge beim Trio schon vor dem grossen (diskographischen) Loch je auffallen, ohne dass ich sie bewusst suchen würde (so gesehen spielt Deine – mir schon bewusste – Begrenzung auf das eine Album für meine Wahrnehmung im Moment auch keine Rolle und drum hatte ich mir erlaubt, das so verkürzt wiederzugeben, pardon.).

vorgarten
jarrett war schon bei miles ein star und bei lloyd – so einen pianisten hatten beide noch nie. aber es gibt bei jarrett auf jeden fall einen späten klassizismus (weniger arpeggien, weniger pop-sensibilität), verstärkt wohl auch durch die krankheitserfahrung. da sind die duos mit haden vielleicht so der beste ausdruck. ich weiß z.t. auch nicht, ob ich in einem bft da jarrett erkannt hätte. aber das gleiche gilt für haden, der ja auch fast nur noch abstützt, obwohl jarrett gar keine stütze braucht. bass&klavier-duos finde ich aber auch generell schwierig, was kann der bass, was die linke hand des pianisten nicht kann – außer einen anderen sound einzubringen, der dann in den frequenzen aber oft untergeht? so, wie die beiden spielen, machen sie sich gegenseitig fast überflüssig.

Ich denke es gibt ein paar Soli, in denen ich Haden schon erkannt hätte. Ansonsten habe ich auch meine Vorbehalte gegenüber dem Format, aber ich liebe ja gerade die Jones/Haden-Duos (und das mit Hawes steht nicht weit dahinter, andere wie Joe Albany/NHOP habe ich noch vor mir).

Aber ich hätte gesagt: bei Lloyd *wird* Jarrett zum Star (und klar, „war“ es dann gegen Ende der Zeit in der Band)? War er das davor schon, und auf welcher Basis denn? Der kurze Gig bei Blakey war es wohl nicht.

Bin jetzt bei einem anderen kleinen ECM-Wunder mit einem Star:

Charles Lloyd Quartet – Rabo de Nube | Dass das ein Live-Mitschnitt aus dem charismalosen, für Jazz zu grossen Theater Basel ist, hatte ich längst wieder vergessen (ich mag das Haus, aber eher für zeitgenössische oder modern inszenierte ältere Oper, war nie bei einem Konzert dort – also: ich mag das „Haus“ im metaphorischen Sinn, nicht den Raum, der mich dann aber entsprechend nicht vom Besuch abhält). Umso wunderlicher, wie das Quartett von Lloyd (Jason Moran, Reuben Rogers, Eric Harland) hier zu Bestform aufläuft. Das dürfte mein höchstplatziertes Lloyd-Album sein, aber vermutlich kommt es dann doch nicht in die Top 30.

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