Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

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gypsy-tail-wind
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soulpope

gypsy-tail-wind

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gypsy-tail-windHörte vorhin die zweite Hälfte der Hotteterre Doppel-CD, jetzt brauche ich was … wie soll ich sagen, weniger fiepsiges? ….

🤣🤣🤣 ….

Das fügt sich bei mir in die Vorbehalte gegenüber Aufnahmen auf historischen Instrumenten aus den Siebzigern ein – das, was ich neulich – im Austausch mit @yaiza, hoffe alles ok in der Hauptstadt? – als „ruppig“ bezeichnete, dazu kommt dann das Fiepsige, das Kratzige, das Harsche, Schroffe usw. Ein Mangel an (Wille zur) Eleganz, dessen Gründe ich nicht kenne, dazu weiss ich zuwenig: gewollt, nicht anders gekonnt, Entwicklung bzw. Ausgestaltung der neuen – ist es ja, an alte Praktiken wird eine Annäherung versucht – Spielpraxis, Eingewöhnung, von allem ein wenig was … keine Ahnung. Leonhardt kann jedenfalls alles, bei anderen bin ich mir nicht ganz sicher … den Glanz z.B. der etwas jüngeren Ensembles um Fabio Biondi oder Rinaldo Alessandranini aus Italien oder um William Christie in Frankreich, um drei Favoriten zu nennen, geht diesen Leuten völlig ab. Den Reiz dieser früheren Aufnahmen – für die Harnoncourt neben Leonhardt wohl der zentrale Vertreter ist – erschliesse ich mir allmählich, aber bei sowas wie den Hotteterre-Aufnahmen (oder den zwei noch bevorstehenden Doppel-CD-Paketen mit Musik von Telemann aus der SEON-Box) komme ich dann doch recht schnell an meine Grenzen (das ist aber bei Telemann bisher eh noch recht oft der Fall, auch in anderen Händen – die Solo-Einspielung von Biondi für Glossa ist da eine nennenswerte Ausnahme).

Dies aus den „Kindertagen“ der Auf-/Ausführungspraxis „Alter Musik“ und ergo waren desöfteren (zu diesem Thema) Enthusiasten engagiert, welche aber nicht unbedingt meisterlich das Instrument beherrschten …. funny old times ….

Darüber mit zwei Musikern zu reden (die u.a. mit dem Kammerorchester Basel, dem Tonhalle Orchester, der Zürcher Oper und deren HIP-Ensemble La Scintilla usw. arbeiten) hatte ich gestern auf dem Heimweg vom Konzert in Basel* die Gelegenheit, ein wenig zu reden. Ihre Antwort auf meine Frage („Unvermögen oder so gewollt“) lautete ganz ähnlich wie meine Mutmassungen: diverse Faktoren, einer, den ich nicht berücksichtigt hatte auch noch die Studiotechnik (Antonini scheint da je ein obermühsamer Mensch zu sein, zudem scheint er keinen allzu klaren Schlag zu haben, was die Kombination mit Perfektionismus – und manchmal anscheinend mässiger Vorbereitung – etwas schwierig macht): früher wurden halt ganze Takes eingespielt, das Band noch effektiv geschnitten, wenn mal was kombiniert werden musste – kein Isolieren/Korrigieren einzelner Töne usw. (das, so liest man ja, ist vielleicht bei den Beethoven-Aufnahmen von Annie Fischer – auch noch analog, oder? – erstmals extensiv praktiziert worden? wenn sie nicht so gut wären, bestünde mit diesem Wissen bei mir fast die Furcht vor Entzauberung). Und dann halt die Qualität der Instrumente, das eigene Entdecken der Spieltechniken in Kombination mit der Erweiterung des Wissens um historische Praktiken … der Cellist meine, er hätte neulich gerade Darmsaiten gespielt, die viel besser seien als alles, was er bisher gekannt hätte – diese Reise sei also noch längst nicht zu Ende. Der andere der beiden ist Posaunist und entsprechend noch breiter aufgestellt, von Salzburg über Brassbands bis zum Zurich Jazz Orchestra …


*) Georg Friedrich Haas ist der dominante Partner in der BDSM-Beziehung mit seiner Frau, 2016 hat sogar die NYTimes über die beiden geschrieben :unsure:

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