Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert › Antwort auf: Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert
These: Popmusik als innovative Kunstform war eigentlich immer nur in Bezug auf die Inszenierung der Rhythmusspur(en), des Sounds, der Attitüde etc innovativ, aber nie in Bezug auf Melodie und Harmonik.
M & H sind in der Popmusik im Prinzip bis heute nicht über den im 19. Jahrhundert etablierten Stand hinausgegangen. Innovativ war da eher der Jazz mit seinen Akkordalterierungen und Dissonanz integrierenden Entwicklungen oder Ornette Colemans harmolodischen Ideen oder dem Weg in den Freejazz. Aber nichts von alledem spielt bis heute in der Popmusik eine nennenswerte Rolle.
Als melodisch und harmonisch „innovativ“ wurden wohl die Beatles wahrgenommen, insofern sie ein breiteres Traditionsinventar als viele Pop-Zeitgenossen genutzt haben und Music Hall und Mahler integriert haben – aber man beachte, dass „innovativ“ in Anführungszeichen steht.
Natürlich hat Melodie immer ihre Rolle gespielt, bei allem Auf und Ab, sie war nie tot, sondern hat bloß bessere und schlechtere Zeiten erlebt (und derzeit bahnt sich wohl eine melodische Blüte an, wenn man bedenkt, dass eine so einflussreiche Musikerin wie Eilish an harmonische und melodische Traditionen und Komplexitäten des Great American Songbooks anknüpft). Ist ja auch super, dass es Melodien gibt!
Aber das wirklich Neue, Unerhörte ist immer in anderen Bereichen passiert. Wann immer Popmusik als revolutionär oder als Traditionsbruch empfunden wurde, hatte das garantiert niemals mit der Melodie zu tun, allenfalls mit dem, was Zeitgenossen als das Fehlen von Melodie empfanden. Da hieß es dann regelmäßig unter Älteren, das sei doch „keine Musik mehr“.
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