Antwort auf: The Incredible Jimmy Smith at the Organ – James Oscar Smith (1925/28-2005)

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1961/62: Straight Life / Plays Fats Waller

Jimmy Smith – Straight Life | 2007 erst erschien dieses Trio-Album, aufgenommen am 22. Juni 1961 bei Van Gelder, wieder im Trio-Format, das immer noch dasjenige war, mit dem Smith live auftrat. Im März 1962 nahm Smith für Verve das album „Bashin'“ auf – teils mit grosser Besetzung (arr. Oliver Nelson – Stanley Turrentine erhielt diese Star-Behandlung dann etwas später bei Blue Note, aber damals hätte das wohl noch das Budget gesprengt.

Über Quentin Warren weiss leider auch Bob Porter, der die Liner Notes schrieb, nicht viel: „It is known that he came from Washington, D.C. and that he returned there upon leaving Jimmy Smith.“ Sechs oder sieben Jahre gehörte Warren zur Band, ist also auch nach Smiths Weggang von Blue Note weiterhin dabei, obwohl im Studio weiterhin oft andere Gitarristen mitwirkten (Kenny Burrell blieb die erste Wahl – manchmal gab es auch keine Gitarre, z.B. auf „Hobo Flats“). Warren war auch im Sommer 1965 in Europa an Bord – an den Drums sass wenigstens seit Frühling 1963 Billy Hart (Donald Bailey ging nach Los Angeles – und stiess dort dann zur neuen Version von Gene Harris‘ Three Sounds).

Nach seinem Wechsel zu Verve landete Smith regelmässig in den Charts, Claus Ogerman oder Lalo Schifrin arrangierten weitere Alben mit grossen Bands, es gab eine Kollaboration mit Wes Montgomery, Smith sang auch mal … aber hier, sind wir noch tief im Jazz-Territorium, das Smith seit 1956 erkundete. Es gibt Swinger und Balladen, er packt seinen altmodischen Sound aus (langsam in „Star Dust“, mittelschnell in „Sweet Sue, Just You“), der Titeltrack/Opener ist ein Original wie „Minor Fare“ (von dem es am Ende noch einen Alternate Take zu hören gibt – ein charmantes Stück, in dem Smith/Warren das Thema in unisono präsentieren) und „Jimmy’s Blues“ (ein Shuffle-Blues mit der Gitarre im Lead), da ist aber auch das boppige „Stuffy“ von Coleman Hawkins, und „Swanee“ von George Gershwin. Ein Highlight gegen Ende ist „Yes Sir, That’s My Baby“, ein Stück von Walter Donaldson/Gus Kahn (letzterer übrigens 1886 als Gustav Gerson Kahn in Koblenz geboren), in dem Smith mal wieder im Alleingang das ganze Big Band-Arrangement zu spielen scheint. Ein typisches Trio-Programm von Smith, das nicht herausragt unter seinen Blue Note-Aufnahmen, mit dem aber auch überhaupt nicht falsch ist.

Im Booklet der CD „Straight Life“ finden sich zwei blaustichige Portrais von Quentin Warren und Donald Bailey (das von Bailey ist das gleiche Foto wie im Post oben) – Quentin Warren am 7. Februar 1963 bei der „Rockin‘ the Boat“-Session (Foto: Francis Wolff)

Jimmy Smith Plays Fats Waller | Vor der Erfindung der elektrischen Orgel war Fats Waller wohl der einzige halbwegs relevante Jazzorganist. Del Shields stellt seinen Liner Notes ein Waller-Zitat voran: „Well, I really love the organ. I can get so much more color from it than the piano that it really sends me.“ Nur 39 Jahre alt Waller, als er Ende 1943 starb. Dass zum Zeitpunkt dieser Aufnahmen (Januar 1962) noch hätte aktiv sein können, ist also kein reines Hirngespinst. Shields: „There is no doubt that if Fats Waller was living today, he would probably be one of the most successful television performes. his assortment of highly technical music skills and his unusual but happy way of putting across a song would brighten the video screen as no other performer.“

Ein reines Waller-Programm ist dabei am Ende nicht herausgekommen. Auf „Jimmy Smith Plays Pretty Just for You“ hatte der Organist bereits Wallers Klassiker, „Jitterbug Waltz“, eingespielt. Hier sind „Squeeze Me“, „Ain’t Misbehavin'“ und „Honeysuckle Rose“ an der Reihe, zudem die mit Waller assoziierten „Everybody Loves My Baby“ und „Lulu’s Back in Town“, zudem „I’ve Found a New Baby“, von dem es gemäss Bob Blumenthals neuen Liner Notes zur RVG-CD bloss einen 1983er Aircheck von Waller gebe, im Duett mit James P. Johnson gebe, und „Ain’t She Sweet“, das Waller gar nie aufgenommen hat.

Der Verweis auf „Plays Pretty“ passt hier auch, weil die Stimmung auch auf „Plays Fats Waller“ eher zurückhaltend ist. Man könnte meinen, Smith schone seine Kräfte für wichtigere Dinge, die er ja bald abseits von Blue Note anpacken sollte. Aber dann ist hier wiederum kein einziges Solo der beiden Sidemen zu hören – Warren/Bailey sind reine Begleiter, während Smith naturgemäss bei dem Thema des Albums einen altmodischeren Sound pflegt.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba