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Die Punktevergabe fiel mir immer sehr schwer, und ich war nie richtig glücklich damit. Aber ich kann es gerne demnächst wieder versuchen.
Als Arbeiter sehe ich mich nicht, ich habe nur gerade Urlaub und dank Corona wenig andere Dinge zu tun. Daher nutze ich täglich die Zeit, die meine frau auf der Arbeit ist zum (vielleicht etwas extremen) Ausleben meiner Filmleidenschaft.
Und zu guter letzt die Frage an dich: welche Filme haben dir denn aus meinen letzten Beiträgen gefallen?
Seit dem letzten Post geschaut habe ich folgende Filme:
Captain Kronos – Vampirjäger (Captain Kronos – Vampire Hunter, Brian Clemens, 1974)
Captain Kronos ist ein Produkt der legendären Hammer-Studios, dass es seinerzeit gar nicht bis in die deutschen Kinos geschafft hat. Und das trotz der Vergabe der Hauptrolle an Horst Janson, den ich immer als erstes mit den Immenhof-Filmen in Verbindung bringe. Allein deswegen hat der Vampirjäger es schon relativ schwer bei mir gehabt, für mich ist Janson eine Fehlbesetzung. Auch sonst könnte man einiges kritisieren, zum Beispiel ist die Rolle der Carla (Caroline Munro) offensichtlich zu nicht viel mehr im Film enthalten als zum Zeigen ihres nackten Körpers. Oder die Gestaltung der Kulissen, die nicht immer eine Stärke des Films ist. Dafür versucht man hier ein paar neue Wege zu gehen, indem man verschiedene Arten von Vampiren vorstellt, die ganz unterschiedlich Eigenschaften haben. So spielt z.B. Sonnenlicht für die im Film gezeigten Vampire keine Rolle, so dass Szenen mit ihnen am hellsten Tage stattfinden können. Ob das ein Gewinn ist, sei einmal dahingestellt, aber es ist wenigstens recht unverbraucht. Persönlich mag ich die traditionelle Herangehensweise an das Thema lieber und bevorzuge ältere Filme des Studios.
Wohlwollend vergebe ich 5/10 Punkten.
Die Mörder sind unter uns (Die Mörder sind unter uns, Wolfgang Staudte, 1946)
Dieser erste deutsche Nachkriegsfilm ist ein Trümmerfilm in vieler Hinsicht. Dass der Ort der Handlung, Berlin, in Trümmern liegt ist bei dem Entstehungszeitpunkt naheliegend. Staudte zeigt uns aber zusätzlich, wie sehr auch die Menschen vom Krieg und Faschismus zerstört wurden, und das auf vielfältige Weise. Da ist der alkoholkranke Arzt, der die im Krieg erlebten Verbrechen, die er nicht verhindern konnte, nicht verarbeiten kann. Der Kriegsverbrecher, dessen Menschlichkeit so kaputt ist, dass er nicht einmal erkennt, welche Schuld er auf sich geladen hat. Der Vater, der seinen Sohn vermisst und hofft, diesen noch einmal sehen zu können. Die Hausverwalterin, die noch immer eine Blockwartmentalität hat. Der „Wahrsager“, der seinen Nutzen aus dem Leid anderer zieht. Nach all den Propaganda- und eskapistischen Filmen des III. Reiches kehrt hier ein Realismus zurück ins Kino, der diesem gut tut. Leider war diese Phase ja schnell wieder vorbei, und es kamen wieder zuhauf belanglose Petitessen in Form von Heimatfilmen etc in die Lichtspielhäuser.
Für DMSUU gibt es von mir nur aus einem Grund nicht die volle Punktzahl. Ich hätte es besser gefunden, wenn der Film ganz ohne Rückblende ausgekommen wäre. Das ist aber Meckern auf sehr hohem Niveau, daher: 9,5/10 Punkten.
Der Teufel führt Regie (Il Boss, Fernando Di Leo, 1973)
Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate! Das möchte man dem Zuschauer gerne als Warnung mitgeben, wenn er sich anschickt, diesen Film zu schauen. Es geht im Film um einen Mafiakrieg, und letztlich ist es dem Thema durchaus angemessen, so kalt, brutal und zynisch daran zu gehen und auf jede Romantisierung zu verzichten. Allerdings gibt es dadurch auch keine Figur im ganzen Film, der man positiv gegenüber stehen könnte. Das macht aber einen klassischen Filmgenuss unmöglich, da man als Zuschauer doch sehr auf das Erleben einer (im weitesten) Sinne Heldengeschichte geprägt ist. Als Quasi-Dokumentation geht der Film aber auch nicht durch, dafür ist er dann wieder zu exploitativ.
6,5/10 Punkten ist er mir aber allemal wert.
Straßensperre (Gas-Oil, Gilles Grangier, 1955)
Dieser französische Krimi ist eine echte kleine Pretiose. Er nimmt sich viel Zeit für seine Hauptfiguren und verleiht ihnen einen echten Charakter. Er ist wunderbar fotografiert und gespielt, allein eine Szene, in der nichts anderes passiert, als dass fünf Menschen miteinander auf einer Veranda essen, könnte ich mir ewig anschauen und wäre hingerissen. Die weibliche Hauptrolle ist eine wirklich starke und moderne Frau, die sich nicht über ihren Partner definiert und statt dessen souverän mit überkommenen Konventionen umzugehen weiß. Einzig die Gangster sind ein wenig flach geraten, sonst gibt es nichts auszusetzen. Darum gebe ich auch hier fast die volle Punktzahl. 9,5/10
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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame