Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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vorgarten

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so, jetzt noch mal richtig. man muss sich ja nach der blue-note-strecke erstmal wieder daran gewöhnen, alben von 60 minuten länge durchzustehen. vor allem, wenn sie so dicht sind wie das hier.

januar 1992, die beiden uni-kollegen mit ihren schülern mccraven und mcclung und bassist avery sharpe auf der ersten tenor-battle-produktion von lateef auf frisch gegündetem eigenen label. alle kompositionen sind von lateef, was schonmal einen ganz anderen eindruck macht als die vielen blues&ballads&standards-alben, für die tenorsax-veteranen anfang der 90er offenbar verträge angeboten bekommen. die sachen hier sind offen in alle richtungen, prinizpiell modal, aber tonal ambivalent, weil es ja gerne auch mal nahöstlich werden soll. skurrilitäten gibt es auch, ein bisschen synthie-geknatter von adam rudolph im opener, ein latin-closer mit ganz viel hall… die junge rhythm section brennt, shepp fühlt sich total zu hause. er und lateef haben einen verblüffend vergleichbaren zugang, schön im kontakt miteinander (meist im fliegenden wechsel), sehr kommunikativ gegenüber den jungen, die immer wieder durchfedern dürfen. shepps sound-orientiertheit kommt eher von außen, lehnt sich ins material; lateef arbeitet sich von innen ins freie, mit oft ähnlichen ergebnissen – beide modulieren, swingen, raunen. tolles programm. im ergebnis ziemlich deutlicher vergleich zum marsalis-debüt heute morgen, wo eine hyperaktive, geölte rythm section autark agiert, während der chef sich draufsetzt und nicht mehr abspringt. die musik hier ist tiefer, verzauberter, eine geheimsprache, peripher fast. hat wohl auch kaum jemand mitgekriegt, dass es diese aufnahmen gibt.

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