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lotterlotta
wo stehen denn bei Dir „My Funny Valentine“ und „Four & More“? Bei mir wie ich anderswo vor ein paar Tagen mal erwähnte, etwas vor „Live in Europe“.
diese beiden habe ich leider nicht!
Dann möchte ich sie Dir wärmstens empfehlen! Müssten von Deiner Liste her definitiv etwas für Dich sein! Anzumerken ist, dass sie zusmamen ein fast komplettes Konzert abbilden (es fehlt das allerersten Stück, „Autumn Leaves“, das in der „Seven Steps“-Box mit den 1963/64er-Sessions erschien), dass sie das Material der zwei Sets aber nach vornehmlich Balladen („My Funny Valentine“) und schnellen Stücken („Four & More“) umgruppieren. Das ist eine etwas seltsame Idee, aber die Aufnahmen funktionieren auch so sehr gut.
Ich habe heute Morgen auf dem Weg ins Büro mal wieder in die Blackhawk-Aufnahmen (Freitag, 1. Set) reingehört … da stimmt für mich so einiges nicht wirklich. Mobley reitet zu sehr durch die Changes, lehnt sich richtig rein, aber es schaut nicht super viel dabei raus. Die Rhythmusgruppe ist allerdings hervorragend, „in the pocket“, wie man so sagt, swingt wie der Teufel … und Cobb ist da tatsächlich schon in eine Richtung unterwegs, wie Williams sie später fortsetzen sollte, of sehr leicht, auf den Becken und nicht der Snare spielend, dann mit Einsprengseln, unregelmässigen Akzenten etc. Davis selbst lässt sich nicht lumpen, aber mich dünkt so angesponrt wie im Herbst 1960 (Europa-Tour mit Sonny Stitt und natürlich demselben Trio) ist er halt doch nicht mehr. Im Herbst 1960, dünkt mich, versucht er nach bester Möglichkeit, selbst die Lücke zu füllen, die Coltrane hinterlassen hat – dass Stitt das nicht tut, ist irgednwie völlig klar, der spielt seine Soli, die sind elegant und manchmal eher routiniert, andere Mal toll … aber rein vom Temperament her ist er kein Coltrane-Nachfolger. Also springt Davis in die Bresche und spielt tolle, lange Soli, die oft stark auf Kelly abstützen, der eine deutlich aktivere Rolle einnimmt als im März/April mit Coltrane. 1961, dann mit Mobley, läuft das irgendwie wieder anders, das Trio zieht seine tollen Grooves durch, die Bläser wirken auf mich mal mehr, mal weniger verbindlich … und klar, mit den modalen Stücken hat Mobley dann auch Mühe, weil er halt das mit dem Changes-Reiten da gar nicht mehr machne kann – bzw. nicht Lösungen wie Coltrane findet, der ja in die Offenheit auch eigene Strukturen eingefügt hat. Die teils arg gekürzten LP-Konfigurationen kann ich da allerdings nicht hören (z.B. würde Mobleys Solo aus „If I Were a Bell“ entfernt).
Die Phase (1960-63) ist ja auch eine im Konjunktiv. Also Coltrane schon im Juli 1959 mal kurz weg war, war Jimmy Heath sein Ersatz. Der war Davis‘ erste Wahl, aber er war auf Bewährung und konnte nicht reisen. Shorter war die nächste Wahl, aber noch bei Blakey verpflichtet (er blieb bis 1964, und das ist ja auch nicht bedauerlich, wenn man sich die Sachen anhört, die da entstanden sind!). Also kam Sonny Stitt ins Spiel, der ab Juni 1960 an Bord war. Nach der Rückkehr aus Europa war wieder Heath mit der Band zu hören, doch im Dezember war der auch raus. Davis engagierte dann Hank Mobley, 1962 stiess dann noch J.J. Johson dazu (es gab schon Anfang 1960 Sextett-Gigs, damals mit Buddy Montgomery am Vibraphon – man liest, dass auf auf die Tour im März/April 1960 mitgegangen wäre, hätte er nicht unter Flugangst gelitten). Mobley scheint bis Ende 1962 dabei gewesen zu sein, allerdings spielte Davis in der Zeit vergleichsweise wenige Konzerte. Im Februar 1963 verliessen dann Kelly und Chambers die Band so plötzlich, dass Davis sogar ein paar Auftritte absagen musste. Für Auftritte in Kalifornien im März rekurtierte er – neben Jimmy Cobb, der noch dabei war – ein paar neue Leute: Frank Strozier, George Coleman, Victor Eeldman oder Harold Mabern, Ron Carter. Danach ging auch Cobb und Frank Butler wurde angeheuert, Strozier war dann auch schon nicht mehr dabei (und Feldman am Klavier), als die erste Session für „Seven Steps to Heaven“ stattfanden. Soweit ich weiss, fallen da jeweils noch ein oder zwei weitere Namen, neben Stitt, Heath, Mobley und Strozier* … v.a. hätte ich natürlich grosse Lust darauf, Aufnahmen mit Heath zu hören, gerne auch schon von 1959!
*) Wiki sagt Rocky Boyd „for three months after [Mobley] left in 1961.“ Und auch gemäss Wiki war Ende 1962 auch Rollins nochmal, der dann mit dem Kelly Trio weitergezogen sei (letzteres lese ich gerade zum allerersten Mal – ob Rollins wirklich Mitglied des Quintetts war oder nur parallel zu diesem auftrat bzw. wie Losin sagt Davis mal einen Gig von Rollins übernahm, den dieser nicht machen konnte – keine Ahnung!) … irgendwie habe ich gerade das Gefühl, dass ich noch einen anderen Saxophonisten vergesse … aber Boyd wird bei Losin, auf dessen Seite der obige Abriss beruht, auch schon nicht erwähnt.
Jedenfalls hätte in der Zeit so einiges auch anders gehen können … warum es Davis so schwer fiel, nach Frühling 1960 einge gut funktionieriende Band zusammenzustellen, kann ich nur schwer nachvollziehen – vielleicht hatte er ja selbst nicht wirklich Bock bzw. wollte, verständlicherweise, das Trio behalten und fand halt einfach nicht den wirklich passenden Saxer. Heath scheint das ja gewesen zu sein, und genau darum würde ich das total gerne hören … aber das ging halt nicht, weil er eben nicht aus NY raus durfte, soweit ich weiss.
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