Antwort auf: Jazzbücher

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vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

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gypsy-tail-wind
Das mit Ira Gitler finde ich ja interessant – denn er war unter den Weissen wohl auch einer der ersten, der die Leute ausführlich zu Wort kommen liess (nicht wie Kollege Keepnews, der stets nur sich selbst zu Wort kommen liess und sich dabei noch zuhörte und das dabei erlebte reflektiert und per Schleife in Echtzeit in den Text zurückspiegelte – der Grossmeister der Patrons) … aber ich sehe gerade, dass „Swing to Bop“ auch erst 1985 erschien, hatte da ein früheres Datum angenommen. Und Gitler verstand sehr viel von der Materie … unter den damaligen Liner Notes-Autoren ist er neben Nat Hentoff vermutlich mein Favorit (aber die besten sind wohl jene, die etwas weniger oft zu lesen sind: Martin Williams, Gleason oder auch Figi aus Chicago).

die geschichte mit lincoln und gitler geht natürlich auf seinen down-beat-verriss von STRAIGHT AHEAD (november 1961) zurück, und auf die diskussion (down beat märz 1962) über schwarze und weiße zugänge zum jazz, in der er die beiden einzigen schwarzen teilnehmer (lincoln und roach) des reverse racism bezichtigt hat. (die debatte ist hier ganz gut zusammengefasst.)
was dann insgesamt ein ziemlich unschönes bild ergibt: sich in den 50ern als vermittler der oralen tradition im jazz zu installieren, aber in dem moment, wo schwarze musiker*innen selbst das wort ergreifen, bürgerrechtsforderungen, free jazz und eine offenere politisierung der debatte um musik erst zusammenzurühren und dann empört zurückzuweisen.

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