Antwort auf: Woody Allen

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latho
No pretty face

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vorgartensorry, @latho, dass ich mein plädoyer für mehr aufmerksamkeit für die opferperspektive an deinen post aufgehängt habe, es war eher gegen die gemengelage derer gerichtet, die hier in der diskussion um die vermeintlich vereitelte autobiografie ein #metoo-bashing betrieben und sich mit der aussage begnügt haben, die missbrauchsvorwürfe seien doch gar nicht bewiesen.

Kein Problem. Das „ich glaube aber Allen“ wäre mir auch zu einfach. Ich beispielsweise glaube Pola Kinski, ohne dass da mehr Beweise im Raum stehen würden und mein Kinski-T-Shirt wanderte in den Müll.

aber auch in deinem neuen post finde ich die einseitigkeit bemerkenswert. die „chronologie“ der times ist natürlich nicht halbwegs neutral (wo stehen die aussagen von richter wilk?), aber geschenkt. wichtiger: es liegt ein unterschied zwischen „jemandem glauben“ oder „jemanden ernstnehmen“. woody allen hat sich nicht ein einziges mal zu dylans geschichte geäußert, sondern die vorwürfe abgestritten und dylan als willenloses medium ihrer mutter definiert. dass sie ihre aussagen als erwachsene frau wiederholt hat, scheint für viele kein argument zu sein (sie hält, damit konkretisiere ich meine aussage, seit fast 30 jahren an dieser geschichte fest, wie gesagt: das ist kein spaß, mit sicherheit nicht für sie).

Garantiert nicht, auch wenn die Missbrauchsvorwürfe nicht wahr wären (dann hätte ja ein psychischer Missbrauch durch Mia Farrow statt gefunden).
Aber was soll Allen denn in der Situation auch tun. Angenommen, die Vorwürfe sind nicht wahr?

etwas ähnliches ist von der gegenseite mit soon yi passiert, der man sogar eine geistige behinderung unterstellt hat. das ist alles ekelhaft und – wie ich finde – sehr richtig im kontext von #metoo adressiert worden.

Allerdings, das fällt gerne mal unter den Tisch. Ebenso wie die Unterstellung, Soon-Yi Allen würde seit 30 Jahren „gegroomt“, mithin geistig ein Kind und immer gewesen.

#metoo als ganzes „skeptisch zu sehen“, muss man sich leisten können.

Ich finde, das kann sich jeder leisten, gerade angesichts von Medienphänomenen. Auch bei so etwas, das die Moral doch so hoch hängt wie #metoo, dass Widerspruch gleichbedeutend mit Vergewaltigung ist (natürlich nicht auf dich gemünzt).

dass weder der us-amerikanische noch der deutsche verlag der autobiografie in ihren ankündigungen ein problembewusstsein gezeigt haben, ist erst durch den protest aufgefallen. passig z.b. hat deutlich gemacht, dass es ihr nicht darum ging, die veröffentlichung zu verhindern, sondern deutlich zu machen, dass sie sich – als von rowohlt verlegte autorin – damit unwohl fühlt. auch das könnte man einfach mal ernstnehmen, statt (wie hier) von mistgabeln, hexenjagd o.ä. zu sprechen. der protest hat sich gelegt, seitdem der problemkontext der autobiografie sichtbar geworden ist. und jetzt freuen wir uns alle darauf, wie problembewusst sich darin der autor äußert.

Zunächst mal hat Passig (von der ich, wie Sascha Lobo auch, mehr erwartet hätte), den offenen Brief (hier) unterschrieben: „Das Buch eines Mannes, der sich nie überzeugend mit den Vorwürfen seiner Tochter auseinandergesetzt hat, und der öffentliche Auseinandersetzungen über sexualisierte Gewalt als Hexenjagd heruntergespielt hat, sollte keinen Platz in einem Verlag haben, für den wir gerne und mit großem Engagement schreiben.“

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.