Antwort auf: Die wunderbare Welt der Oper

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yaiza

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Violetter Schnee  (Auftragswerk der Staatsoper Unter den Linden), 12.01.2020

Musik: Beat Furrer, Text: Händl Klaus, Musikalische Leitung: Matthias Pintscher; Inszenierung: Claus Guth; Bühnenbild: Étienne Pluss; Kostüme: Ursula Kudrna; Licht: Olaf Freese; Video: Arian Andiel

Anna Prohaska (Silvia), Elsa Dreisig (Natascha), Georg Nigl (Peter), Gyula Orendt (Jan), Otto Katzameier (Jacques) und Martina Gedeck als Erzählerin (Tanja)

Vocalconsort Berlin, Staatskapelle Berlin

Handlung lt. Programm: Die Welt im Ausnahmezustand. Fünf Menschen sind eingeschlossen in einem unaufhörlichen Schneewehen. Die Zeit scheint stillzustehen. Jacques bleibt inmitten der Gruppe für sich, er bejaht den Schneefall wie das Nichts, dem er sich weiht. Peter und Silvia dagegen sind bedrückt, ängstlich, pessimistisch. Jan und Natascha versuchen, die Übersicht zu behalten, weiterhin zu hoffen und tätig zu bleiben. Zusehends schwerer fällt allen die Fähigkeit, sich mitzuteilen. Was da namenlos geschieht, befremdet alle; sie haben keine Sprache dafür. Als eine Fremde erscheint und spricht – Tanja, die wie in einem Bild durch die Landschaft geht – löst sie zunächst Euphorie aus, gefolgt von tiefer Vereinsamung. Wie ein Projektionskörper, als ein Erinnerungsraum wirkt sie; Jacques meint, in ihr seiner verstorbenen Frau zu begegnen – er rührt an die Membran zwischen Leben und Tod. Nichts aber ist stärker als die Sonne. Im violetten Aufleuchten des Schnees erfährt die Gruppe ihre Auslöschung.

 

Die Oper „Violetter Schnee“ wurde am 13.01.2019 in Berlin uraufgeführt und fast ein Jahr später schaute ich mir die 7. Vorstellung an. Nach fünf Aufführungen 2019, waren für 2020 zwei geplant. Ein Erlebnis war es auf jeden Fall – die Musik von Beat Furrer geht einem durch Mark und Knochen und entwickelt einen Sog, die Einsamkeit und Kälte waren wirklich zu spüren. Die Handlung bestand aus einem apokalyptischen Szenario und Elementen (Erscheinung der verstorbenen Frau, Treppenhausszenen) aus dem Film „Solaris“. Das Bühnenbild und die Videotechnik waren umwerfend, die Gesangsleistungen sehr gut. Wie wohl die literarische Vorlage von Vladimir Sorokin aussah? Manchmal blitzte Tiefe im Text auf, aber leider nur in Einzeilern. Für mich als Sorokin-Leser viel zu wenig, ich war da schon enttäuscht. Da ich mir das Programm mit Libretto vorab vor ca. einem Monat im Opernshop kaufte, wusste ich, was mich erwartet. Händl Klaus hat da bei mir erstmal wenig Eindruck hinterlassen. Im Zusammenspiel mit den Sängern in diesem ganzen Szenario konnte ich das Herumstottern und die abgehackten Sätze schon eher nachvollziehen. In überfordernden Situationen neigt man nicht gerade zum schönen Ausformulieren. Schade ist es aber schon, dass das Libretto sprachlich einfach schwach ist. Daher vor allem Hut ab vor Anna Prohaska, Elsa Dreisig, Georg Nigl, Gyula Orendt und Otto Katzameier – sie machten das beste daraus und haben wirklich unterhalten. Ich habe mich sehr gefreut, dass diese UA-Besetzung in diesem Jahr noch einmal zur Verfügung stand. Georg Nigl und Gyula Orendt kamen mir etwas blass vor, aber eine gewisse Zurückhaltung war auch in ihren Figuren angelegt. Anna Prohaska und Elsa Dreisig hatten sehr schöne, teilweise auch verrückte, Szenen und waren auch in den kleinsten Parts absolut präsent.  Otto Katzameier überzeugte als Bassbariton auf ganzer Linie und sein brummiger Gesang hatte zwischendurch auch etwas gregorianisches, was in all der Dystopie auch mal beruhigte. Insgesamt bin ich aber immer noch recht beeindruckt und denke zur Zeit auch noch über die Handlung nach. In einigen Rezensionen, wird kritisiert, dass das Stück weitgehend keine hat, was ich erstmal nach dem ersten Eindruck nicht bestätigen kann. Die Stille und das Wenige zwischen so manchen Szenen oder innerhalb der Szenen sowie am Ende muss man auch aushalten (können), ich fand das sehr intensiv.

 

ERGÄNZUNG

Die Vorstellung am 12.02.2020 wurde aufgezeichnet und steht unter rbb 30 Tage zur Verfügung. Ich weiß noch nicht, ob sich die Oper für den Bildschirm eignet, aber ich werde es wohl auch ausprobieren…

Bei dieser Oper stammen alle Rezensionen aus dem Vorjahr.

rbb24 14.01.2019

Tagesspiegel 15.01.2019

Zeit 16.01.2019

BR Klassik 14.01.2019

 

 

 

zuletzt geändert von yaiza

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