Antwort auf: 2019: Jazzgigs, -konzerte & -festivals

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Anonym
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Zurück aus dem „ort“, bei Schlippenbach, Parker und Lytton, versuche ich einmal ein paar Zeilen. – Ein aufwühlender Abend, trotz der großen Melodiosität Parkers, die so oft beruhigen konnte. Was habe ich da eigentlich gehört, was war der Plan, den die drei hatten? Sie hatten einen, das stellte sich immer mehr heraus.

Insgesamt zwei Stunden, zwei Sets mit Pause und dann noch eine große Zugabe. Die beiden Sets waren sehr unterschiedlich oder, um genauer zu sein, spiegelverkehrt. Also sehr ähnlich, aber für meine Ohren erschloss sich das erste Set nur mit dem zweiten. Was auch an der alten ästhetischen Überrumpelung liegen kann: Man muss hineinkommen, so wie man nach 50 Seiten Dostojewskij auch die restlichen 700 nicht mehr scheut und auch kein Ende absehen will. Hineinkommen – damit meine ich nicht, dass ich auf dem Stuhl herumgerutscht wäre, als sei ich am falschen Ort. Gar nicht, von Anbeginn hatten sie mich. Es war klar, dass da sehr aufeinander gehört wird, in besonderem Maß, aber wie? Der alte Stutzflügel für Schlippenbach ging oft unter, besonders, wenn Parker und Lytton ihre Techtelmechtel vollführten; irgendwann sah es einmal so aus, als ob Schlippenbach genug davon habe und er spielte gar nicht mehr. Dieser Eindruck täuschte mich gewaltig. Umgekehrt verstehe ich immer noch nicht, warum mir Schlippenbachs impressionistisches Monk-Debussy-Spiel im ersten Teil so viel leiser, eben untergehend, erschien als im zweiten.

Vielleicht war dort die Vorbereitung geschickter. Das zweite Set begann nämlich explizit genau so: impressionistisch, Tupfer, dann mit großer Farbe, aber die Flügeltöne waren auf einmal da, selbst in den Exzessen von Parker und Lytton, nicht die zwischen Schlippenbach und Lytton zu vergessen. – Aber ich verwische da etwas, mein erster Eindruck war tatsächlich: ein Mann am Klavier und zwei Wilde. Völlig falsch, hätte ich mir auch gleich denken können. Die drei haben so sehr zusammengespielt, dass Soli – explizite gab es auch kaum – wenig auffielen; man gab und nahm, was man konnte, und das war viel. Es gab sehr viel. Kurz zusammengefasst, eine Weise, permanent Exzesse vorzubereiten – die Schlippenbach dann auch hatte, und großartige, ich meine damit nicht die Lautstärke oder Schwindelerregendes, im Gegenteil, es war wohl eher etwas wie konzentriertes Lächeln. Wenn Parker da so rumsteht und auf seinen Ventilklappen klappert, genau zuhörend, was Schlippenbach macht, mit oder ohne Lytton (er hatte am meisten zu tun), und dann immer mal hinüberkommt mit einer Art „Wie-jetzt-Frage“, die er nicht ernst meint, genauso auch Schlippenbach, nur Lytton permanent versunken. Aber auch da war es kein Schein, Lytton hat sich sehr wohl überlegt, was er da zu welcher Gelegenheit aus dem Besteckkasten, der neben ihm stand, aufs Tablett legt.

Und Parker? Er hat sich in Dinge hineingesteigert, dass ich mich frage, wie ich es mit der Bahn nach Hause geschafft habe. Ein unsäglich schöner Ton. Und vor allem Konzentration. Und Schlippenbach kam dann, ich wiederhole mich, im zweiten Set auch hervor, nicht mit schönem Ton, das scheint nicht seine Sache zu sein, gut auch, wenn es um das Klavier geht, sondern mit dem alten Blick auf das Nüchterne, was ein Klavier kann und eben nicht kann. Was es kann: Harmonien legen und in diesem Trio ist das sogar windschief oder meinetwegen zeitversetzt möglich. Das hat mich mit am meisten beeindruckt.

Dabei belasse ich es für den Moment und freue mich auf besser geschriebene Berichte aus Köln.

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