Antwort auf: 2018 hörte ich folgende für mich neue Alben

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@wahr Bei The Blues and the Abstract Truth ist das mit den Covern aber auch verwirrend … laut Discogs gab es beide schon 1961 in den USA. Das mit Nelson drauf ist ja an sich schöner, aber das andere passt besser zum Albumtitel, finde ich. Die schöne Creed Taylor-Box (nur CD) führt das mit Nelson als Cover, aber die CD-Reissues, die ich in all den Jahren sah (und von denen ich einst eines kaufte – ziemlich sicher die Ausgabe hier) führen dann das andere Cover …

Was Henry Threadgill betrifft, das mit dem Baukasten ist eine Illusion, er kriegt diese Musik live nämlich tatsächlich auch so toll hin. Zumindest mit der kleineren Band Zooid war das der Fall, aber ich gehe nicht davon aus, dass er bei den grösseren Bands anders verfährt … klar, dass im Studio mal noch was aufpoliert wird, kann ich mir schon vorstellen, aber generell ist da schon der Anspruch da, das auch live zu machen. Ähnlich wie bei Braxton oder Roscoe Mitchell, gerade bei ersterem hört man auch von Panik-Attacken von Mitspielenden … aber Braxton nimmt, so hörte ich aus erster Hand, die Sache viel lockerer und sieht die ganzen Partituren und Anweisungen wohl eher als Leitfaden und Hilfsmittel denn als exakt umzusetzende Vorgabe. Bei Threadgill denke ich aber eher, funktioniert die Musik über das regelmässige Zusammenspiel (und wohl auch Proben), auf dessen Basis dann eben auch die individuellen Beiträge der Musiker aufbauen … und jemand wie Liberty Ellman (oder auch Stomu Takeishi mit seiner – verstärkten – akustischen Bassgitarre) ist schon sehr eigenwillig. Was ich sagen will: die Sidemen sind nicht zu unterschätzen. Sie sind obendrein von Threadgill, wie sagt man, „handpicked“, seine ganze Karriere funktioniert(e) so, dass er immer wieder neue Bands zusammenstellte, um mit seiner Musik weiterzukommen – und sobald etwas ausgespielt war, sobald sich Routine einschlich, ging er wieder weiter und löste die Bands auf (ich nehme an, Zooid ist inzwischen auch Geschichte, hielt aber auch ziemlich lange).

Was Andrew Hill betrifft, seine Blue Note-Alben: das war für Michael Cuscuna eine Herzensangelegenheit. Mosaic Records brachte erst auf 7 CDs die (grossteils) damals erschienenen Alben der ersten Jahre bei Blue Note neu heraus („The Complete Blue Note Andrew Hill Sessions (1963-66)“ – gab es damals auch als LP-Set, ist aber wohl unbezahlbar). Dann folgten einerseits diverse Einzel-Reissues, die mit Bonus-Sessions angereichert wurden („Grass Roots“ und „Lift Every Voice“), es gab auch ein Reissue des seinerzeit verspätet veröffentlichten (dahinter stand glaub ich auch schon Cuscuna, im Hill-Thread steht dazu mehr, erinnern kann ich nicht alles im Detail) „Dance with Death“ sowie eine völlig unveröffentlichte Session („Passing Ships“) (alle vier aus den Jahren 1968-70). Hill selbst war mit seinen späteren Sessions für Blue Note nicht so recht zufrieden, sie erreichen auch nicht die Höhen der Alben der ersten Jahre (eben: erste Jahre = 1964-66, spätere = 1967-70), sind aber nichtsdestotrotz höchst interessant. Von den frühen Sessions erschien die später auf der CD „Pax“ veröffentlichte (mit Hubbard, Henderson, Davis, Chambers) auch erst auf dem späteren Twofer „One for One“ (1975), der auch Auszüge aus sonst nicht veröffentlichten Sessions der Jahre 1967-70 enthält, und die Session mit Sam Rivers erschien auf einem ebensolchen Twofer unter Rivers‘ Namen mit einer Rivers-Session (der Twofer heisst „Involution“). Die zurückgehaltenen Sessions der Jahre 1967-70 konnte Cuscuna dann noch in Zusammenarbeit mit Hill auf dem ersten „Mosaic Select“ (3 CD) von Hill veröffentlichten (ein zweites enthält spätere Solo-Aufnahmen, die nichts mit Blue Note zu tun haben … Cuscuna war ja umtriebig, er produzierte z.B. auch Hill’s Siebziger-Album „Spiral“, auf Freedom erschienen, das ihn in verschiedenen Settings präsentiert, wohl in der Hoffnung, dass mehr Leute seine Qualitäten entdecken würden, Lee Konitz und Ted Curson tauchen da auf). Eine Box, die man heute empfehlen könnte, gibt es leider nicht … aber die Alben der ersten BN-Jahre sind teils in der RVG Edition, teils in der Connoisseur Series einzeln erschienen (die erwähnten vier Einzel-CDs – es gibt zwischen denen und den 10 CDs der zwei Mosaic-Boxen keine Überlappungen – sind alle auch in der Connoisseur Series herausgekommen). Wie einfach die noch zu finden sind, weiss ich nicht … das Select kriegt man ev. als „Capitol Sessions“ oder sowas bei Amazon als billigen DL (bei einigen Mosaic Selects mit EMI-Material ist bzw. war das der Fall, hat sich vielleicht nach der Übernahme durch Universal geändert, keine Ahnung, ich kaufe DL höchstens via Bandcamp oder sonstwie direkt von Musikern). Ist also heute wohl etwas kompliziert, am besten einfach irgendwo anfangen (und vielleicht auch die Soul Note/Black Saint-Box kaufen und was Du halt sonst so in die Finger kriegen kannst).

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