Antwort auf: Die Gitarre im Jazz

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gypsy-tail-wind
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Kann man sicherlich so sehen … ich nähere mich den späten Sachen von Green auch nur sehr langsam an und finde einiges noch ziemlich langweilig. Im Rahmen des Jazz ist er zwar super elegant, aber für die Verhältnisse seiner Zeit (Sharrock, Coryell, McLaughlin gab es ja noch nicht) schon der erdigste und bestimmt der mit dem meisten Funk (wenn man das mal als Messengers/Silver/Blakey/Hard Bop-Ding versteht, in dem mal mehr, mal weniger untergründig immer auch der Rhythm & Blues mitläuft – Brown bzw. Ellis bediente sich dort ja auch, die Verbindung zu Ray Charles liegt auch auf der Hand … aber rohe Power von Browns Band kriegst Du bei den Jazzern natürlich nicht, auch dann nicht, wenn sie „Rock’n’Roll“ spielten (so nannten sie das, was Green damals tat, das ist in den Liner Notes dokumentiert – sie meinten also wirklich, etwas anderes als „ihren“ Jazz zu spielen in solchen Bands, und man kann sich ja vorstellen, dass viele das ablehnten – das betraf ja nicht nur Green sondern auch Wes Montgomery. Der starb halt schon 1968, bei ihm wäre immerhin eine Fortsetzung der Karriere bei CTI/Kudu denkbar gewesen (bei Verve und danach A&M war er davor schon, Creed Taylor hätte ihn wohl wieder mitnehmen können), vielleich dann rüber zu Mainstream und dann noch ein paar komische Fusion-Versuche auf Impulse oder sonstwo … und dann in den Achtzigern – vielleicht – eine Wiederentdeckung und -eingliederung bei den putzigeren unter den Junglöwen (also den Brüllhälsen mit pflegeleichter Musik, es gab ja schon auch andere). Dass Greens Platten-Karriere mit dem Ende von Blue Note auch zu Ende ging war wohl kein Zufall bzw. das hätte unter anderen Umständen auch schon vier, fünf Jahre früher eintreten könne (er hat ja noch ein Kudu-Album gemacht, aber das fand ich damals, als es überall in den Grabbelkisten herumlag, immer zu schwach, um es zu kaufen, nicht mal für kleines Geld).

Aber gut, das 1975er-Set aus dem Oil Can Harry’s aus Vancouver finde ich vom ersten Eindruck her dann wiederum ziemlich toll – das ist schon eine Art Funk, die jazz-informiert ist, aber etwas macht, was es so weder im Orgeljazz noch im Jazz-Rock gab, dünkt mich. Jimmy Smiths Album „Root Down“ (Verve, 1972) kommt mir da vielleicht in den Sinn, aber dort ist wohl die (Electric/Chicago) Blues-Komponente deutlich stärker, die bei Green lustigerweise in der Funk-Zeit irgendwie abnimmt, während sie vorher DAS Definitionsmerkmal war, irgendwie (so ähnlich wie z.B. bei Horace Parlan auch – die Leute halt, die eigentlich gefühlt immer Blues spielten).

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba