Antwort auf: 2018: Jazzgigs, -konzerte & -festivals

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Fred Frith/Hans Koch – Stubenkonzert, Zürich – 25.05.2018

Fred Frith – g, objects
Hans Koch – ss, bcl

Gestern endlich wieder bei einem Konzert in der guten Stube eines Freundes, der zum 30. Mal zu sich heim einlud – und vorerst leider zum letzten Mal. Die Kadenz der Konzerte hatte schon seit irgendwann im letztem Jahr abgenommen, es gab bereits eine lange Pause und nach zwei oder drei Konzerten steht eine solche nun auch wieder an. Verständlich, aber sehr bedauernswert – denn auch gestern, bei meiner ersten Begegnung mit Frith im Konzert, war die Stimmung wieder magisch. Koch begann und endete am Sopransaxophon, dazwischen wechselte er für eine lange Passage zur Bassklarinette. Das Set entwickelte sich aus dem Nichts und bestand aus einem einzigen, langen Dialog.

Frisell legte zunächst (und auch später immer wieder) vor, Koch folgte ihm, entwickelte die Ideen weiter oder reagierte mit Brüchen, mit Gegenreden. Seine Instrumente waren verstärkt, was in dem kleinen Raum nicht nötig gewesen wäre, ihm aber klangliche Möglichkeiten gab, wie er sie gerne auskostet. Im Vergleich mit dem Duo-Set, das Koch letzten Sommer in Willisau mit Manuel Troller spielte, ging es mit Frith direkter zur Sache, es gab weniger Riffs und kein sich in etwas Verbeissen sondern eine freiere Erkundung von Klanglandschaften, die immer wieder von betörender Schönheit waren. Atemberaubend war eben nicht nur die Luft in der guten Stube sondern auch das, was Frith/Koch boten. Sehen konnte ich diesmal leider wenig, aber Frith traktierte sein Instrument mit allerlei Objekten, darunter auch ein Geigenbogen und eine Schachtel aus Blech, in der er kleine Gegenstände hatte, so stellte er einen Teil auf das Griffbrett und leerte die Nägel oder was immer darin war aus dem anderen um oder stellte die Dosenhälfte abwechselnd auf die Gitarre, die die meiste Zeit auf seinen Knien lag, aber auch öfter normal gehalten wurde.

Doch das ist die Art freie Improvisation, bei der das „Wie“ völlig unwichtig wird, wenn der Flow stimmt und die Klangwellen und -wolken einen mittragen und wie gestern in eine völlig andere Zone transportieren, in der es nicht so zu und hergeht, wie wir das gewohnt sind. Ein sehr feines Set, das mit einem grossen Applaus gewürdigt wurde … für eine Zugabe reichte der Sauerstoff nicht mehr, als die Fenster dann wieder auf waren, kaufte ich bei Koch noch seine bei Intakt erschienene Duo-CD mit Frisell, die mir letztes Jahr völlig entgangen war (die Aufnahme stammt schon von 2016).

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