Antwort auf: Wishbone Ash

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ediski

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onkel-tom**** oder mehr für „Just Testing“? Wow, kann ich mir ehrlich gesagt nicht erklären. Ich höre da wenig bis gar nichts mehr vom vorher so geliebten Wishbone Ash Sound. Aber ich höre mir das Album über das Wochenende nochmal an. Vielleicht tut sich ja noch ein wenig.

Das Phänomen erkenne ich bei mehreren Gruppen, die sich zuerst mit einem bestimmten Stil ein treues Stammpublikum erspielt haben. Dann gibt es irgendwann personelle Wechsel, die Rahmenbedingungen ändern sich (Technik, Produktionsstil, Modeerscheinungen …) und/oder die Band möchte sich weiterentwickeln. Dann kann es passieren, dass ein Teil der bisherigen Fans nicht mitzieht und die neueren Werke nicht mehr annimmt. Das kann sogar so weit führen, dass die Verkäufe zurückgehen und die Band irgendwann keinen Plattenvertrag mehr bekommt, zu kleineren Labeln wechseln muss oder ganz aufgibt. Einen besonderen Part spielen dabei die Kritiker/Rezensenten, die spätere Werke an den erfolgreichen Vorgängern messen und dementsprechend abwerten. Besonders krass ist das im Bereich Progrock. Bands wie Kansas oder Gentle Giant sind nach einigen progressiven Alben immer gradliniger oder rockiger geworden, haben aber nichtsdestoweniger weiterhin Alben mit technisch hoher Qualität herausgebracht, die dann von den Kritikern wegen des zu geringen Proggehalts gnadenlos in die Tonne geklopft wurden. Während Kansas diese Jahre einigermaßen überstanden hat, glaube ich mich zu erinnern, dass Gentle Giant die überwiegend negative Wahrnehmung ihres letzten Albums „Civilian“ als Grund für die Auflösung der Band genannt hat.

Wishbone Ash hat nach ihrem fünften Album „There’s the Rub“ ebenfalls einige solche Täler durchstehen müssen. Es gab mehrere extrem schwache Scheiben, die ich niemandem empfehlen kann, darunter „Locked In“, „Twin Barrels Burning“ und „Raw To the Bone“, und auch Teile von „Strange Affair“, „Illuminations“ und „The Power of Eternity“ sind nicht gerade überragend zu nennen. Der Tiefpunkt waren dann die beiden elektronischen Remix-Projekte „Trance Visionary“ und „Psychic Terrorism“. Der Rest der späteren Alben ist jedoch mindestens guter, wenn nicht so gar sehr guter Poprock, der sich angenehm durchhören lässt und teilweise überzeugt.
Interessant sind übrigens auch das Instrumental-Album „Nouveau Calls“, das in der IRS-Reihe „No Speak“ erschienen ist und ein wichtiger Impuls für das Comeback der Band gewesen ist, sowie das Akustikalbum „Bare Bones“, u.a. mit einer wunderbaren Version von „Errors of My Way“, das merkwürdigerweise bei den Kritikern wiederum nicht so gut anzukommen scheint.

Was ich damit sagen will, ist, dass ich es auch nicht immer schaffe, den gesamten Katalog einer Band zu mögen. Manche Interpreten entwickeln sich nach ein paar gerne gehörten Alben allmählich wieder von mir weg. Bei Wishbone Ash habe ich es halt ein bisschen länger durchgehalten. ;-)

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