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Homestead & Wolfe – Our Times — The Gold Star Tapes (1973-75) (2004)
Wenn ein Album den Hörer ab der ersten Sekunde fesselt und nicht mehr loslässt; wenn es sich zudem um ein Werk handelt, von dem man ebenso wie von seinen Schöpfern noch nie gehört hat, ist das ein besonderes Glück, denn zum außergewöhnlichen Genuss an der Musik stellen sich Neugier und Faszination für das Unbekannte ein. Hier also haben wir ein solches Unikat: Our Times erschien zuerst 1975, aber es grenzt bereits an eine Übertreibung zu behaupten, es sei damals auch veröffentlicht worden. Denn Produzent Ernie Bringas, der in den Sechziger Jahren die Surf-Formation The Rip Chords (“Hey Little Cobra”) mitbegründet hatte, war im Zuge seiner christlichen Erweckung in den frühen Siebzigern kommerziellen Absichten gänzlich abhold; sein Projekt Homestead & Wolfe gründete er auf dem Fundament der United Methodist Good Samaritan Church in Cupertino, CA, deren Youth Minister er war, und das vorliegende Album wurde zunächst privat produziert und tauchte nie in den einschlägigen Diskographien auf. Erst 2004 wurde es beim kalifornischen Minilabel Anopheles Records dem allgemeinen Publikum zugänglich gemacht.
Schon die Entstehungsgeschichte lässt reiche Assoziationen zu der Zeit, in der die Platte eingespielt wurde, aufblühen, und tatsächlich klingt sie so, wie man sie sich mit entsprechender Vorstellungsgabe imaginieren mag. Es ist eine allerdings eher für die Endsechziger typische West-Coast-Mixtur aus Folk, Country und Psychedelic Rock, von sehr fähigen Studio- und Sessionmusikern um Schlagzeuger Hal Blaine eingespielt, die auch unter dem Namen The Wrecking Crew bekannt wurden, aber was sie so besonders macht, ist der ergreifende Ernst, der in dem mehrstimmigen, außergewöhnlich inspiriert wirkenden Gesang von Bringas‘ methodistischem Kirchenchor unter der Leitung von JoAnne Avery zum Ausdruck kommt, die auch die Soloparts singt sowie Klavier, Orgel und Celesta spielt. Zwischen dem zum Heulen und Niederknien schönen Folksong „Slow Down“ und dem hippieesk-musicalhaften „Beat of the Drum“ entspinnt sich so ein überaus anregendes, berührendes und abwechslungsreiches Album, von dem man am besten in der Sprache seiner Protagonisten sagt: it lifts your spirits!
Die originale Tracklist des Albums kann nicht mehr mit Sicherheit angegeben werden, es sollen 9 Titel gewesen sein, die für die CD-Ausgabe mit 6 Bonustracks angereichert wurden.
Tracklist:
1) Slow Down 3:35
2) Love Comes Through My Door 3:26
3) King of the Mountain 2:13
4) If I Never Show 2:32
5) See the Children Die 3:27
6) Do I Love You? 2:47
7) Your Freedom’s in Question 3:33
8) I Am Cain 2:22
9) Roll on, Tumbleweed 2:20
10) Beat of the Drum 3:42
11) Rhythm of the Wind 3:41
12) You’re All That I See 2:53
13) Mary Jane 3:10
14) See the Children Die [Alternate Mix] 3:21
15) Beat of the Drum [Instrumental] 3:54
****1/2
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=