Re: Wiederhören im Forum…

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kritikersliebling

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BAP – Zwesche Salzjebäck un Bier
1984

„So ein Album macht jede Band einmal“ sagte mir ein Freund anlässlich meiner Euphorie zu „Für usszeschnigge“. Da wusste ich in meiner Jugend noch nicht was der Freund meinte. Es war das dritte Album von BAP und es sollte noch ein viel besseres, weil ausgereifteres Album folgen.
Mit dem Erfolg kommen auch die Neider und so entwickelte sich langsam ein Mosaik aus Aussagen von Leuten, die in Wolfgang Niedecken einen penetranten Besserwisser sahen und zudem aus ihm noch eine Medien-Marionette machen wollten. Das konnte ich nicht nachvollziehen, denn es hat selten Texter gegeben, sofern man sie verstand, die derart bildhaft und punktgenau formulieren konnten. Anyway, der Blick zurück verschleiert oft aus Dankbarkeit vor der Abneigung. Wer BAP als Rock’n Roll-Kommune sah, musste zwangsläufig falsch liegen, doch welcher überzeugte Makrobiotiker beißt sich selbst in den Hintern? BAP war in den 80er Jahren die erste Adresse, wenn es um deutschen (ok, halbdeutschen) Dinosaurier-Rock ging.
Während ich bei einer Klassenfahrt in Hamburg weilte, erschien „Zwesche Salzjebäck un Bier“, dass ich mir sogleich kaufte. Mit Argusaugen bewachte ich meinen Schatz, blätterte schon mal im Textheft, fragte mich, wie die Songs klingen und freute mich über den abermals beigelegten Aufkleber. Wo gab es das schon? Eine freundliche Dreingabe.
Zuhause schmiss ich zunächst die Reisetasche meiner Mutter vor die Füße und dann den Plattenspieler an, um endlich – endlich die Platte zu hören, die ich schon fast auswendig kannte. „En Naach wie manche, ich lieje wach…“ begann es ruhig und spannend. Oha, kein Paukenschlag, kein „Tschakka-Tschakka“ des Majors, sondern eine ruhige Fläche, still wie ein nächtlicher See. Dann bricht der Song los und mein gelerntes Geschichtsleben gerät aus den Fugen und es fallen Namen, die ich zuvor noch nicht gehört habe und ich lese alles nach. Es folgt „Drei Wünsch frei“, ein Stampfer, ein Live-Killer, der Brontosaurus. Keine Leichtigkeit, keine Zeit zum Atmen, selbst wenn es ruhiger wird. Spätestens da wird eins deutlich. Die Müsli-Sounds der vier vorangegangenen Alben haben ein Ende. Jetzt ist die Produktion genauso stark wie die Songs. In „Diss Naach ess alles drin“ wird es auch noch hemdsärmelig. Niedecken betrachtet und ist gleichzeitig Mitmacher vom Andy. Ja, und Andy war auch bei uns in der Clique damals schwer angesagt. „Sendeschluss“ basiert auf einem Brief einer Fanin, die so gern im Troß mitreisen möchte und macht nochmals deutlich: BAP ist keine Pension mit Familienanschluss, sondern tatsächlich die viel zitierte Firma. Bitte bewerben Sie sich ordentlich, an Kinkerlitzchen haben wir kein Interesse. Der heimliche Hit „Alexandra, nit nur do“ eröffnet die zweite Seite und da ist er, der Paukenschlag. „Zofall un e janz klei bessje Glöck“ bringt uns den Dylan nahe, allerdings über Umwege. Vieles in dem Text ist aus „Simple Twist Of Fate“ entlehnt. Niedeckens Version davon heißt „Komisch“. Und es ist schon komisch, wie selbstverständlich dieser Zusammenhang nicht verheimlicht wird. Das finde ich sympathisch. In „Jojo“ gibt es dann die Prise Lokalkolorit, um danach den wirklichen Schwachpunkt des Albums zu präsentieren. „Deshalv spille mer he“. Der Song, der die damalige DDR-Tour versaut haben soll. Um es nicht allzu schwierig zu machen: Der Text kommt über Puhdy-Niveau nicht hinaus und vielleicht war ja das die Angst der Funktionäre. Wenn schon Wessis, dann bitte aber Qualität auf höchstem Niveau. So könnte es gewesen sein. Den Schlusspunkt setzt dann ein Song für den frisch geborenen Nachwuchs (mittlerweile schon 19 Jahre alt, meine Güte). Damals für mich langweilig, trifft er heute genau die Gedanken, die ich als Vater habe. Und nicht nur deshalb ist dieses Album wie der Schnee der taut und doch immer wieder kommt.

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Das fiel mir ein als ich ausstieg.