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herr-rossi
The Slits – Cut (1979) Wahrscheinlich einer der naheliegendsten Beiträge zum Thema. Das Album ist ein unverzichtbarer Postpunk-Moment voller Instant Hits der anderen Art. Viv Albertine erzählt in ihrer lesenswerten Autobiographie („Clothes, clothes, clothes. Music, music, music. Boys, boys, boys“, dt.: „A Typical Girl“) davon, wie sie bei dem Versuch, Songs wie Bacharach/David zu schreiben, aus kompositorischem Unvermögen etwas Neues schufen, wie sie für die Aufnahmen händeringend einen Drummer suchten, der Reggae und Soul verstand und ihn in Budgie fanden (der dann aber Siouxsie & The Banshees folgte) und wie Reggae-Produzent Dennis Bovell ihnen den bisherigen Dilettantismus nicht durchgehen ließ und sie zur Präzision zwang. The Slits waren eine sehr physische Band (wem bange ist vor Körperflüssigkeiten und medizinischen Erfahrungen aller Art, der sollte Albertines Buch meiden), die aber auf keinen Fall sexy wirken wollte. Die Idee zum Covermotiv kam spontan während der Session mit Fotografin Pennie Smith: „Ja, wir beschmieren uns mit Matsch und tragen alle einen Lendenschurz! … Wir wissen, dass wir eine Kriegerinnen-Pose brauchen und auf keinen Fall verführerisch wirken dürfen.“ Da keine perfekte Aufnahme von allen dreien gelang, wurde Albertine schließlich aus einem anderen Foto ins Coverbild reinmontiert.
Natürlich dachte ich in erster Linie an dieses Cover. Eines der besten aller Zeiten. Und damit auch eines der besten Feministen-Cover aller Zeiten. Stolze, lehmverschmierte Kriegerinnen vor weißer Wand mit Rosenranken. Ein perfektes Bild, selbstbewusst und kämpferisch zu wirken, ohne sich dafür an männliche Stereotypen anzubiedern. Budgie, der Drummer, war zu eingeschüchtert, um der Einladung der Schlitze zu folgen, mit in den Swimmingpool zu springen, wo sich die drei Frauen den Lehm abwuschen. Schnitt. Auch die Rückseite sollte nicht unerwähnt bleiben. Ist die Vorderseite in feministenlila gehalten, wird das Foto der im Unterholz getarnten Slits menstruationsblutrot umrahmt.