Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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Tonhalle Zürich, Grosser Saal – 17.05.17

Tonhalle-Orchester Zürich
Herbert Blomstedt
Leitung

LUDWIG VAN BEETHOVEN

Sinfonie Nr. 8 F-Dur op. 93

Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92

Keine vielen Worte dafür, es war schlichtweg umwerfend. Blomstedt scheint die Symphonien bis ins kleinste Detail zu kennen. Das Orchester kennt und schätzt ihn, folgt ihm und macht noch die feinsten Verästelungen nachvollziehbar. Der Aspekt des Zusammenspiel, das oftmals fast Kammermusikalische war enorm faszinierend, vor allem im Hinblick auf die grosse Wucht, die beiden Symphonien zugleich innewohnt. Die Streicher waren nach alter Façon aufgestellt, links die erste Violinen, rechts die zweiten, die Effekte, die Beethoven einbaute, wurden dadurch auch räumlich erfahrbar. Toll war auch zu sehen, wie das Orchester zusammenspielte, wie Blicke ausgetauscht wurden, lachende und frohe Gesichter immer wieder, weil auch wirklich fast alles perfekt gelang.

Die Reihenfolge machte Sinn, entsprach auch der Publikumsreaktion, die wohl seit den den jeweiligen Uraufführungen nicht gross geändert hat. Es war also konsequent, die viel beliebtere Siebente nach der Pause zu spielen – der Applaus zum Schluss war riesig, als der zweite Satz begann (nahtlos an den ersten gehängt) gab es gar etwas Getuschel („Das ist jetzt die Stelle, von der ich dir erzählte …“). Die Achte allerdings, die ich im Gegensatz zur Siebenten noch nie im Konzert gehört habe (meine erste Begegnung mit der Siebenten im Konzert war ebenfalls klasse – klick – damals sassen Celli und Bratschen andersrum, sonst hätte ich wohl die Pauke statt der Hörner vor der Nase gehabt), ist ein verdammter Höllenritt. Ich kann nicht behaupten, aus dem Werk als Ganzem schlau zu werden, es scheint mir oft etwas disparat, ruppig, aber gerade das macht es wiederum sehr reizvoll. Und natürlich ist die Umsetzung des – wie mir scheint teils sehr kargen, einfachen – melodiösen Materials höchst faszinierend. Die Siebente ist dagegen – Tanz hin oder her, der alte Blomstedt wippte tatsächlich herum, aber das tat er auch davor bei der Achten, wo er kaum je den Takt schlug, nur mit den Händen Einsätze und Dynamik kontrollierte und eine Richtung gab – ein gemütlicher Spaziergang. Aber der zweite Satz zählt für mich schon auch zu den unfassbar tollen Werken (wie z.B., um beim Orchestralen zu bleiben, Mozarts 40., auch da wieder der zweite Satz, aber auch die ganze Symphonie, oder der langsame Satz von KV 364). Aber gut, die Achte war das Hauptereignis des Konzertes, keine Frage!

Die NZZ hat auch berichtet:
https://www.nzz.ch/feuilleton/herbert-blomstedt-dirigiert-das-tonhalle-orchester-zuerich-blomi-komm-bald-wieder-ld.1294551

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