Welche Arten von Konzeptalben gibt es?

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  • #15577  | PERMALINK

    pelo_ponnes

    Registriert seit: 13.04.2004

    Beiträge: 2,811

    An anderer Stelle wird/wurde heftig darüber diskutiert, was ein Konzeptalbum ausmacht. Der Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage liegt meiner Ansicht nach in einer Differenzierung. Meiner Meinung nach kann man unterschiedliche Arten von Konzeptalben unterscheiden. Im folgenden werde ich einige Varianten nennen, und Ihr seid herzlichst aufgerufen, die Liste zu ergänzen.

    1. Musikalisches Konzept

    Textlich hängen die Stücke nicht zusammen, jedoch zieht sich musikalisch ein roter Faden durch das Album. Wenn man so will, ist jedes Album, bei dem sich der Künstler Gedanken um die Trackzusammenstellung gemacht hat, im weitesten Sinne ein Konzeptalbum.
    Im engeren Sinne meine ich aber damit, wenn sich ein Künstler bewusst überlegt

    a) dem Album durchgehend eine bestimmte musikalische Klangrichtung zu geben
    B) eine Ansammlung der verschiedensten Stile und Klangbilder zu erzielen, aber nach einem Konzept.

    Und dann gibt es da noch solche Sachen wie eine Seite Pophits, eine Seite experimentell etc (Bsp. Bowie in den 70ern, Mike Oldfield)

    2. Textliches Konzept

    a) Album mit (enger) Storyline (e.g. The Wall)

    Ein zentraler Charakter, eine Geschichte. Wobei die Story offener oder sehr konkret sein kann. Bsp. ELO's TIME ist ein Konzeptalbum um einen Charakter, der eine Zeitreise macht, jedoch ist viel mehr Platz zur Interpretation als bei THE WALL, wo die Geschichte doch sehr konkret vorgegeben ist. Sergeant Pepper von den Beatles ist wohl auch in diese Kategorie mit -in diesem Falle- sehr loser Story einzuordnen. Bei ELO's ELDORADO ist es so, dass es einen zentralen Charakter gibt. Das ist aber ein Träumer, so dass es viele verschiedene Träume/Stories gibt.

    B) Album mit zentralem Thema: explizit

    Darunter fallen dann z.B. Pink Floyds Dark Side of The Moon oder WISH YOU WERE HERE. Hier ist sicher keine Geschichte im Vordergrund, sondern ein Thema halt wie die grossen Ängste/Probleme der Menschheit bzw. Abwesenheit. Kraftwerks COMPUTERWELT passt wohl auch hierhin.

    c) Album mit zentralem Thema: implizit

    Das Album ist offiziell nicht als Konzeptalbum ausgewiesen, die Songs drehen sich aber leitmotivisch um ein bestimmtes Thema. Bsp: ELOs ZOOM oder Balance of Power/Pink Floyds Momentary Lapse… -entschuldigt, wenn ich immer Beispiele von Floyd und ELO gebe, aber da kenne ich mich halt am besten aus, Ihr könnt ja andere Beispiele dazufinden-würde mich interessieren-
    bei MLOR von PINK FLOYD haben wir ein Leitmotiv, den Fluss. Bei ELO's BOP geht es in mehrfacher Hinsicht um das Ende einer Beziehung und eines Traums: Liebe, Freundschaft, das Ende der Band ELO (damals 86). Bei Zoom geht es um das Auf und Ab des Lebens.

    d) Ich weiss nicht wie ich diese Kategorie benennen soll, aber als Beispiel ELO's SECRET MESSAGES. Auf der Oberfläche kein Thema, aber wie der Name sagt: Secret Messages. Über das ganze Album verteilt sind Rückwärtsbotschaften, Morsecodes oder textliche Anspielungen´(Four Little Diamonds-Beatles etc.)

    Schliesslich gibt es Alben, die lediglich 1 Konzeptseite aufweisen. Bsp: Die Geschichte um die Schöpfung, Leben und Tod auf Seite eins von ELO's ON THE THIRD DAY oder das CONCERTO FOR A RAINY DAY auf OUT OF THE BLUE, das ansonsten kein Konzeptalbum ist, obwohl mir gerade einfällt, dass es sowas wie ein Leitmotiv hat. Viele Lieder beziehen sich auf „My BLUE World“. Aber nein, nicht wirklich.

    Okay, soweit mein Konzept. Ist bestimmt nicht komplett. Deswegen: bitte ergänzen, diskutieren, korrigieren. Wenn Ihr denn Lust habt.

    --

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    #2138515  | PERMALINK

    pelo_ponnes

    Registriert seit: 13.04.2004

    Beiträge: 2,811

    Ich habe nachgedacht, und mir sind noch ein paar spezielle Formen des Konzeptalbums eingefallen, die man teilweise als Unterkategorie in die oben vorgeschlagenen Hauptkategorien einordnen könnte, teilweise aber auch nicht.

    1. Musikalisches Konzept – „Soundtrack“

    Bsp.: Kraftwerk, Tour de France

    Es gibt keinen nennenswerten Text, aber die Musik ist gedacht als imaginärer Soundtrack zum Thema Radfahren. Die verschiedenen Gefühle/Aspekte des Radfahrens werden sozusagen musikalisch imitiert.

    2. Soundtrackalbum

    Ein Soundtrackalbum zu einem Film oder imaginären Film -das gibt's auch, nur fällt mir jetzt kein gutes Beispiel ein. Gab's da nicht mal ein Seitenprojekt von Depeche Mode, Recoil, die sowas probiert haben?- ist im Prinzip auch ein Konzept. Natürlich gibt es die unterschiedlichsten Soundtrackalben. Manchmal sind es Lieder, manchmal Stimmungsbilder etc. Demnach kann eine Einordnung unter die oben vorgestellten Hauptkategorien wohl nur vom speziellen Einzelfall ausgehen.

    3. Musikalische Umsetzung einer Literaturvorlage

    Dafür sind APP bekannt. TALES OF MYSTERY AND IMAGINATION und ich glaube auch I ROBOT (Experten?) haben Literaturvorlagen. Oder auch das Parsons-Album TIME MACHINE. Das Problem der Einordnung ergibt sich wieder daraus, dass es im Prinzip ein Thema gibt (das typische APP-Konzeptalbum also), aber als zusätzliche Komponente kommt halt irgendwie die szenische Umsetzung von Literaturpassagen ins Spiel. Ein zusätzlicher Aspekt, denke ich, der vielleicht eine Extrakategorie rechtfertigt. In gewisser Weise bestehen aber auch Parallelen zu Soundtrackalben, die eine szenische Umsetzung von Filmpassagen anstreben.

    4. Eine weitere Sonderform ist das, was AIR mit CITY READING gemacht haben. Eine gesprochene Story wird musikalisch untermalt.

    Ausserdem denke ich, dass Alben mit Leitmotivtechnik eine eigene Kategorie darstellen und nicht wie bei meinem ersten Typologieversuch als Unterkategorie gelten sollten.

    Aber da sieht man mal, wie schwer es ist, eine einigermassen vernünftige Typologie von Konzeptalben aufzustellen. Es gibt doch sehr viele Spielarten…

    --

    #2138517  | PERMALINK

    flatted-fifth
    Moderator

    Registriert seit: 02.09.2003

    Beiträge: 6,027

    Ohne jetzt die Riesenahnung von Konzeptalben zu haben, gebe ich trotzdem meinen Senf dazu…

    Nach Deinen Ausführungen würde ich jetzt meinen, so gut wie jedes Album müsste ein Konzeptalbum sein. Schon alleine die Tatsache, dass ein Künstler (in der Regel) ein Album als zusammenhängendes Werk einspielt macht es dadurch zu einem Konzept.
    Meine Definition von Konzeptalbum war bisher mehr auf inhaltliche (also textliche) Komponenten beschränkt. Und selbst dort spricht man nicht immer von Konzeptalben. Bruce Springsteens „The Rising“ z.B. dreht sich bekanntermaßen um den 11. September, es ist also klar ein Konzept zu erkennen – doch ich habe das Wort „Konzeptalbum“ noch nie mit „The Rising“ in Verbindung gehört (vielleicht habe ich auch nur nicht zugehört… :ph34r: )

    Soundtracks (ich denke Du sprichst hier von den Scores) als Konzeptalben zu bezeichnen, macht meiner Meinung nach keinen Sinn, da sie einem anderen Zweck dienen: Der Untermalung eines Filmes. Das Konzept liegt also nicht in der Musik sondern in den Bildern des Films. Aber auch die andere Art der Soundtracks (nennen wir sie zur Abgrenzung OSTs) sind eigentlich „nur“ eine wohl durchdachte Compilation. Höchstens bei den imaginären Soundtracks bin ich bei Dir (Coralie Cléments „Salle Des Pas Perdus“ als aktuelles Beispiel fällt mir da ein). Dort entwirft der Musiker quasi die Bilder selbst und damit ist es auch sein Konzept.

    Soviel für's erste…

    --

    You can't fool the flat man!
    #2138519  | PERMALINK

    prodigal-son

    Registriert seit: 26.12.2002

    Beiträge: 10,771

    Schöner Thread! Da ist wieder viel Raum zum endlosen Theoretisieren, mit Beiträgen die sich über Kartoffelackerbreite ausdehnen. Gute Nacht!

    --

    If you try acting sad, you'll only make me glad.  
    #2138521  | PERMALINK

    cannaarkotic

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 2,230

    hier ist z.B. eine Stelle zum Thema, die @pelo_ponnes eingangs ansprach…,- als Ergänzung zum aktuellen thread.
    'pick up the potatoes'…!

    http://www.rollingstone.de/board/index.php…hl=konzeptalbum

    --

    Nun gründe nicht gleich ein Wrack-Museum, wenn Dir ein Hoffnungs-Schiffchen sinkt!
    #2138523  | PERMALINK

    flatted-fifth
    Moderator

    Registriert seit: 02.09.2003

    Beiträge: 6,027

    Originally posted by Cannaarkotic@5 Jun 2004, 12:11
    hier ist z.B. eine Stelle zum Thema, die @pelo_ponnes eingangs ansprach…,- als Ergänzung zum aktuellen thread.
    'pick up the potatoes'…!

    http://www.rollingstone.de/board/index.php…hl=konzeptalbum

    Na, dann sollten wir diesen Thread nicht unerwähnt lassen:

    “ Doofe Frage eventuell: Was ist ein Konzeptalbum?“

    --

    You can't fool the flat man!
    #2138525  | PERMALINK

    dj_rob_gordon

    Registriert seit: 05.11.2003

    Beiträge: 272

    Mhh, stimmt. THE RISING in Verbindung mit dem Wort Konzeptalbenist mir auch noch nicht untergekommen (und das obwohl ich eigentlich alle Bruce Springsteen Foren mehrfach gelesen hab…). Aber BORN TO RUN ist dann doch schon eher eins, oder?

    --

    Da so wahnsinnig viele Leute in diesem geeinten Deutschland ihn falsch zitieren, nun die EINZIG wahre Formulierung des, in Foren so gern genutzten, Zitats von Dieter Nuhr: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten"
    #2138527  | PERMALINK

    hank-williams

    Registriert seit: 07.04.2004

    Beiträge: 3,150

    Auch schön: Das Nonsens-Konzept (ließe sich vielleicht mit den Sprachspielen Lewis Carrolls oder so in die Richtung literarisches Konzept zurechtbiegen – aber nicht, daß mir jetzt noch einer mit den Dadaisten kommt oder so)…
    Als Beispiel hierfür: The Magnetic Fields mit ihrem neuen Album „I“, wo jeder Songtitel mit dem besagten Buchstaben beginnt – die Songs an sich sind dann noch mal alphabetisch geordnet… Was für ein Konzept! Das nenne ich doch mal clever! B)

    --

    „Kreuzberg ist so hart, dass sogar die Steine sagen: Wir sind zu weich für die Strasse. So hart ist Kreuzberg.“ (Catee)
    #2138529  | PERMALINK

    professorrock

    Registriert seit: 19.05.2004

    Beiträge: 51

    Ich bin auch dafür den Begriff Konzeptalbum enger auszulegen, eben am Begriff Konzept. Ein Thema, das textlich, musikalisch und gestalterisch (Plattenhülle) als Gesamtkunstwerk präsentiert wird.
    Als 1. Konzeptalbum gilt ja „Sgt. Pepper“, aber da sehe ich das Konzept nicht so deutlich. Eindeutiger ist da schon THE WHO mit „Tommy“ und das vielfach unterschätzte Werk der PRETTY THINGS „S.F. Sorrow“. In den Siebzigern schloß dann GENESIS mit „Lamb lies down on Broadway“ z.B. an, bei frühen PINK FLOYD kann man wahrscheinlich auch den Begriff Konzeptalbum auch anwenden, auf jeden Fall mit „The Wall“.
    Aus neuester Zeit fällt mir da recht wenig ein …

    --

    keep on rocking on www.rock-geschichte.de
    #2138531  | PERMALINK

    cleetus

    Registriert seit: 29.06.2006

    Beiträge: 17,574

    Von diesem Kartoffelthread mal abgesehen: Gibts nicht irgendwo „Die besten Konzeptalben und wieso“

    --

    Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the block
    #2138533  | PERMALINK

    sandhead

    Registriert seit: 25.04.2006

    Beiträge: 2,971

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