Umfrage: Die besten 20 Tracks von Randy Newman

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  • #10270587  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 80,842

    Natürlich. Warum nicht? Der Protagonist in dem Song ist derart egozentrisch, dass ihn seine Mitmenschen (sei es Band, Kollegen, Fans) egal sind. Der hat sich völlig in sich zurückgezogen und ist von seinem Erfolg mittlerweile gelangweilt, ermüdet.
    Da er sich selber für den Größten hält (gibt ja durchaus Personen, die sich selber ohne Ironie so einschätzen), fühlt er sich einsam, vermutlich, weil er mit Personen / Künstlern, die er für weniger großartig hält (und das sind aus seiner Sichtweise alle) nichts zutun haben will.

    zuletzt geändert von mozza

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    Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll
    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #10270607  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,644

    Na gut, aber es bringt jedenfalls eine zusätzliche Dimension ins Spiel, wenn der Song von einem Star gesungen wird: die Möglichkeit des Ernstnehmens, Wörtlichnehmens, der Nachvollziehbarkeit à la „Der Erfolg ist ihm zu Kopf gestiegen“.

    --

    To Hell with Poverty
    #10270609  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 80,842

    Ja, das sehe ich auch so. Und das macht diesen Song bzw. die Lyrics ja auch spannend, dass, je nachdem, wer ihn singt, neue Deutungsmöglichkeiten offengelegt werden.

    zuletzt geändert von mozza

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    Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll
    #10270615  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,644

    pipe-bowl

    waIn der Top 10 gibt es allerdings zwei Ausreisser, die bei mir nicht einmal in einer Top 30 wären: „Baltimore“ und „God’s Song“, musikalisch gesehen zwei sehr durchnittliche Songs, „God’s Song“ dazu noch mit einem für Newman’sche Maßstäbe sehr platten Text.

    Da hast Du zielsicher die beiden besten Newman-Tracks herausgepickt. Das schafft auch nicht jeder.

    Die Holzhammer-Ironie seines Beitrags ist auch untypisch für wa – normalerweise ist er da subtiler.

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    To Hell with Poverty
    #10270683  | PERMALINK

    penguincafeorchestra

    Registriert seit: 21.04.2003

    Beiträge: 2,468

    @go1
    Meine Aussage war nicht unbedingt als Kritik am Ergebnis gemeint. Ich habe mich nur gefragt, wieso gerade bei mir (und den 4 anderen Exzentrikern :-)) so ein Song wie „Sail away“ nicht so großartig zündet. Sicherlich, er hat gute Lyrics. Da wird irgendwelchen „wogs“ (könnte man mit Kanaken übersetzen) das Leben in Amerika angepriesen, wahrscheinlich von einer Art Sklavenhändler, der mit dem Boot nach Afrika geschippert ist. Schöne Klatsche in Richtung amerikanisches Selbstverständnis. „Louisiana 1927“ ist im Prinzip ein musikalische Abklatsch von „Sail away“ und das habe ich ja auf 1 gewählt. Die Musik kann also auch nicht so schlecht sein, obwohl „Louisiana 1927“ noch einiges ergänzt und den besseren Refrain hat. Wieso reicht es trotzdem nicht in meine Top20 (und auch Top40)?

    Ich habe jetzt wirklich lange nachgedacht, was mich (ganz persönlich!) stört, obwohl es definitiv ein guter Song ist. Er ist für mich nicht so gewichtig, weil die Thematik zwar gut ist, aber die Umsetzung etwas zahm ist. Randy schlüpft mal wieder in eine Rolle/Figur um deren verquere Weltsicht zu entlarven, singt ein bisschen mal so dahingesagt über Löwen, Tiger, Schlangen oder Affen und fordert die Leute auf mit ihm in die USA überzusetzen. Wo bleibt der Biss, der spöttische Humor, den man meinetwegen in „Rednecks“ oder „The Great Nations of Europe“ bekommt? Jene Lieder haben auch mehr Drive, während „Sail away“ etwas zu behäbig wirkt. Jetzt kann man natürlich sagen, dass muss so sein, damit der Hörer anfängt, an die Versprechungen dieses „Sklavenhändlers“ zu glauben, aber dann ist es mir zu viel moralischer Zeigefinger. Wo bleibt die Tiefe? „Sail away“ wäre mitunter auch nicht der Newman-Song über den ich ein Essay lesen wollte. Da würde mich ein Essay über „William Brown“ mehr reizen (ernsthaft).
    Mich würde mal die Meinung der anderen Exzentriker interessieren, wieso sie „Sail away“ für nicht so gewichtig in seinem Werk befinden.
    Am Ende könnte man sagen, der Song ist wirklich gut, aber andere Songs von Newman geben mir mehr, was Humor, Tiefe und auch Gefühl angehen. Und das heißt wiederum nur, dass Randy ein begnadeter Songwriter ist, wenn er „Sail away“ 40-zigfach überbieten kann.

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    I used to be darker, then I got lighter, then I got dark again
    #10270695  | PERMALINK

    wa
    The Horst of all Horsts

    Registriert seit: 18.06.2003

    Beiträge: 24,660

    Vorsicht. „Sail Away“ hat, im Gegensatz zu so eindimensionalen Songtexten wie „God’s Song“, einen doppelten Boden. Es ist ja nicht die Ansprache eines Sklavenhändels an Afrikaner mit dem Ziel, sie zur Übersiedelung in die Neue Welt zu überreden. Sklaven wurden ja nicht angeworben, sondern mit brutaler Gewalt verschleppt. Ich verstehe es eher als eine Rechtfertigung eines Sklavenhändlers, der vorgibt, er habe die Schwarzen mit den Lobpreisungen über „God’s Own Country“ dazu bewegt, mit ihm zu Richtung Westen zu segeln. Was dann mit den Afrikanern passiert sei, dafür könne er ja nichts.

     

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    What's a sweetheart like me doing in a dump like this?
    #10270719  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 80,842

    Was mich an der Liste von @wa immer noch am meisten irritiert, ist die Nennung von „Let It Shine“ (wenn auch nur knapp in die Top 20 gerutscht). Am Ende hat er wirklich noch ein Herz.

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    Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll
    #10270725  | PERMALINK

    wa
    The Horst of all Horsts

    Registriert seit: 18.06.2003

    Beiträge: 24,660

    Nein, habe ich nicht. Und wenn Du mir das noch einmal unterstellst, verklage ich Dich bis Dir Hören und Sehen vergeht.

    --

    What's a sweetheart like me doing in a dump like this?
    #10270729  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 80,842

    Ein Versuch war es wert. Hätte mich aber auch außerordentlich überrascht.

    --

    Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll
    #10270743  | PERMALINK

    pipe-bowl
    Moderator
    Cookie Pusher

    Registriert seit: 17.10.2003

    Beiträge: 71,717

    go1Die Holzhammer-Ironie seines Beitrags ist auch untypisch für wa – normalerweise ist er da subtiler.

    Die Ironie war dermaßen mit dem Holzhammer, dass es mir schon wieder zu subtil war. Aber am Ende zählt dann doch nur, dass er es nicht ernst meinte.

    --

    there's room at the top they are telling you still but first you must learn how to smile as you kill
    #10270747  | PERMALINK

    penguincafeorchestra

    Registriert seit: 21.04.2003

    Beiträge: 2,468

    @wa

    God’s song, wenn auch nicht in meinen Top20, erscheint mir deutlich bissiger. Gott lacht die Menschen mit ihrer Gläubigkeit aus und wundert sich, wieso sie es ihm nicht für krumm nehmen.

    Ok, der „Sklavenhändler“ drückt mehr die Überheblichkeit der Amerikaner gegenüber anderen Kulturen aus und wir alle wissen, dass Leute verschleppt wurden und Amerika nicht so ist, wie es beschrieben wird. Ändert aber nichts an meinem Eindruck.

    --

    I used to be darker, then I got lighter, then I got dark again
    #10270797  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,644

    @penguincafeorchestra:
    „Sail Away“ bezieht seine Kraft gerade aus dem Verhältnis von Text und Musik, aus der Art, wie das schreckliche, mit Schuld beladene Thema Sklaverei in eine verführerisch schöne Form gebracht wird. Das Ruhige und Friedliche dieser Aufnahme, das Dir als „zahm“ erscheint, das Majestätische, das Dir „behäbig“ vorkommt, die attraktive Melodie, die so viele Interpreten angezogen hat, den Song zu covern – das alles ist notwendig, weil es hier um eine amerikanische Verführung geht, einen amerikanischen Selbstbetrug. Nur scheinbar wird die Verführung der „kleinen Kaffern“ vorgeführt, die der Sklavenhändler auf sein Schiff lockt – wie schon gesagt wurde, mussten die gar nicht betrogen werden, weil sie mit Gewalt unterjocht wurden. Wer sich (und anderen) hier wirklich etwas vormacht, das sind der Sklavenhändler selbst und seine Leute daheim in den USA. Eine Ökonomie aufzubauen, die auf Sklaverei beruht, das braucht einen kollektiven Selbstbetrug, es muss gerechtfertigt und schöngeredet werden. Die Versuchung, dies zu tun, bringt uns Newman mit der Schönheit seiner Musik nahe, der man sich beim Hören einfach hingeben kann. Diese Schönheit (eines Songs über Sklaverei!) steht für den Schein einer Versöhnung, die in Wahrheit unmöglich ist, die Versöhnung des US-amerikanischen Selbstverständnisses mit der Realität der amerikanischen Geschichte. Um es mit den Worten von Greil Marcus (aus Mystery Train) zu sagen:

    Der Song geht über seine Ironie hinaus. Er beschreibt im Endeffekt das, was Amerika gerne von sich glauben würde (…): daß alles, was Amerika getan hat, dem Guten diente. Mehr noch als dem Guten: daß Gottes Werk in Wirklichkeit unser eigenes war und es auch sein sollte. Daß wir etwas Neues und Wertvolles in die Welt gebracht haben, ein Land nämlich, das selbst die elendesten Sklaven als Garten Eden ansehen würden. Denn wenn sie das nicht täten, wie sollten wir es dann glauben können? Während sie über den Ozean segeln, sind der Sklavenhändler und seine Sklaven ein Herz und eine Seele.

    --

    To Hell with Poverty
    #10270835  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Danke für die extrem ausführliche Auswertung, stefane.

    --

    #10270907  | PERMALINK

    penguincafeorchestra

    Registriert seit: 21.04.2003

    Beiträge: 2,468

    @go1
    Danke go1, sehr guter Text. Diese Dimensionen habe ich bisher gar nicht so wahrgenommen. Kann gut sein, dass dies die nächsten Monate in mein Unterbewusstsein sickern wird und ich den Song tatsächlich anders bewerten werde. Dein Text gibt mir zu denken (im positiven Sinne).
    Aber wenn ich meine Liste so ansehe, sehe ich da einen Trend hin zu Popmelodien und Songs, die kein so komplexes Anliegen in sich tragen. Politische Themen reizen mich nicht so, weshalb zum Beispiel auch „Political Science“, was eine treffende Voraussage der Bush-Junior-Regierung war (Trump kam später, aber setzt vielleicht noch einen drauf, in dem er die Bombe auf Nordkorea wirft), bei mir nicht so weit nach vorne kommt. Dafür habe ich dann halt eine romantische Nummer wie „Falling in love“ drin. Auch beim „Song for he dead“ interessiert mich die Kritik am Vietnamkrieg gar nicht so sehr, sondern diese Situation, dass da jemand allein vor Gräbern steht und eine Rede halten muss. Und auch „Rednecks“ ist nicht so abstrakt in seiner Kritik. Ich würde also sagen, ich bin ein Exzentriker, weil ich einfach einfach gestrickt bin. „Sail away“ ist mir im Prinzip zu komplex, zu unnahbar.

    Und, dass ich es nicht vergesse: Danke Stefane für diesen anregenden Thread, der zu einem regen Austausch über diesen hervorragenden Künstler und seine Songs geführt hat. Das hat richtig Spaß gemacht und ich wäre auch wieder dabei, wenn man einen anderen Künstler wählen würde, dessen Gesamtwerk mir einigermaßen bekannt ist. Meinetwegen Sting oder Paul Simon, sodass man auf viele Teilnehmer zählen könnte. Deine Auswertung hat wirklich Maßstäbe gesetzt.

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    I used to be darker, then I got lighter, then I got dark again
    #10271751  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    go1Na gut, aber es bringt jedenfalls eine zusätzliche Dimension ins Spiel, wenn der Song von einem Star gesungen wird: die Möglichkeit des Ernstnehmens, Wörtlichnehmens, der Nachvollziehbarkeit à la „Der Erfolg ist ihm zu Kopf gestiegen“.

    Gut möglich, wobei das auch leicht zur selbstironischen „Comedynummer“ verkommen kann.

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