-
AutorBeiträge
-
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
ferryOk, dann ist also nur der erste der beste. Der Preis für die „Erfindung“ des Punk geht also klar in die USA, und die Briten haben gelegentlich auch mal eine gelungene Kopie gemacht !
Nein, das ist ein völlig falsches Fazit. Die Briten haben die Zeichen der damaligen Zeit erkannt und das, was sie als „Punk“ für sich reklamierten sodann als Bewegung gefeiert und manifestiert. Dagegen ließe sich ja nun nichts einwenden. Mein Einwand war lediglich der, dass die meisten Acts des Jahres 1977, also dem Jahr, in dem diese „Bewegung“ ihre ersten Knospen nach außen trug, uninteressant und – bis auf ein paar Ausnahmen – mehr oder weniger vergessenswert sind. Der eigentliche Spirit of 77 erwachte erst später, nämlich als sich Bands und Künstler zu emanzipieren begannen. Die Zielansprache „Punk“ würde ich (also ich, nicht ihr, wir, alle, du, er, sie, es) eher mit einer saisonalen Couture vergleichen, die allerdings etliches wachkitzelte und anschließend nennenswerte Früchte trug, ohne dass dies allerdings 77 schon abzusehen war.
Somit gehe ich da auch mit Simon Reynolds konform, der zwar einerseits eine klare Trennlinie zieht (Punk/Post-Punk), andererseits aber auch „nur“ das fortschreiben will, was Legs McNeil in „Please Kill Me“ von den 60ern bis hin zu den späten 70ern umriss. Nämlich eine musikalische Revolution, die die Landkarte für immer veränderte, die aber nicht von Heute auf Morgen passierte.
Der Spirit von 1977 verlor sich allerdings immens schnell in den üblichen Bahnen, geriet zur Selbstparodie und verhielt sich eigentlich konträr zum eigentlichen Anspruch. Zwischen der ersten Sex Pistols Single und der Schließung des „Roxy“ passierte zwar einiges, aber auch vieles, was sich auf der Stelle bewegte.
Die Amerikaner haben den „Punk“ sicher nicht „erfunden“. „Punk“ erfinden wäre Rebellion auf Knopfdruck, oder Lachen auf Kommando. Sowas gibts zwar, aber das soll hier nicht der Punk(t) sein. Der Begriff ist eine Worthülse für eine bestimmte Geisteshaltung und einer bestimmten Auffassung von Kunst und radikalem Selbstverständnis. Dieser Begriff dient lediglich zur Genre-Einordnung, zu sonst nichts.Joshua TreePunk gab es bereits Ende der Sechziger, siehe die MC5, Stooges und später die New York Dolls. 1977 war nur der große Knall.
So ist es. Und nimmt man jetzt den Begriff „Punk“ noch weg (nur rein hypothetisch, man kann selbstverständlich weiterhin „Punk“ dazu sagen), dann kommt man dem ganzen auch ohne Begrifflichkeiten nahe und es entsteht ein weithin rundes Bild und kein plötzliches en Bloc Gebilde.
--
Highlights von Rolling-Stone.de11 coole Zitate aus „Und täglich grüßt das Murmeltier“
So klingen die größten Schlagzeuger ohne ihre Band
Welches Equipment verwenden eigentlich…Pink Floyd?
Musikalische Orgasmen: 6 Songs voller Höhepunkte
Dies ist (laut Fans und Kritikern) die beste Folge von „Friends“
Studio-Magier: Die 8 besten Musikproduzenten
Werbung
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
pinchSo ist es. Und nimmt man jetzt den Begriff „Punk“ noch weg (nur rein hypothetisch, man kann selbstverständlich weiterhin „Punk“ dazu sagen), dann kommt man dem ganzen auch ohne Begrifflichkeiten nahe und es entsteht ein weithin rundes Bild und kein plötzliches en Bloc Gebilde.
So langsam habe ich das Gefühl, es wäre weniger verwirrend, wenn man auf das Label „Punk“ verzichten würde. Letztendlich war der Zeitpunkt, an dem man sich mehr oder weniger auf dieses Label geeinigt hatte, der Todesstoß für eine Entwicklung, die über Jahre ziemlich unbekümmert und ohne ein überflüssiges Regelwerk sprießen konnte. Dass der Begriff „Punk“ (nicht nur) seiner stilgeschichtlichen Bedeutung inzwischen praktisch komplett beraubt wurde, hat ja zuletzt die Punk-Liste im Stone gezeigt.
--
Joshua TreePunk gab es bereits Ende der Sechziger, siehe die MC5, Stooges und später die New York Dolls. 1977 war nur der große Knall.
Das ist mir natürlich bewusst, aber zu der Zeit wurde die Musik noch nicht wirklich unter Punk zusammengefasst und vermarktet. War nicht 1972 die Nuggets-Compilation die erste breitere musikalische Zusammenstellung, die als Punk bezeichnet wurde?
--
Ich war grad auf einem Konzert eine Ska-Punk Band. So ein Zeug ist unterträglich. Aber war das nicht schon immer so? Gings nicht immer bloss um Haltung, nie um Musik?
--
Include me out!
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
RosebloodDas ist mir natürlich bewusst, aber zu der Zeit wurde die Musik noch nicht wirklich unter Punk zusammengefasst und vermarktet. War nicht 1972 die Nuggets-Compilation die erste breitere musikalische Zusammenstellung, die als Punk bezeichnet wurde?
Ich habe gerade die Besprechung von Greg Shaw aus dem US Rolling Stone vom 4. Januar 1973 herausgesucht und da ist tatsächlich bereits die Rede von Punk. Die Überschrift lautet „Punk Rock: the arrogant underbelly of Sixties Rock.“ Und weiter: „Punk-rock is a fascinating genre: Getting into it requires endless hours at flea markets and junk stores, but when the reward is some apex of vinyl mania like „Voices Green and Purple“ by the Bees (Liverpool 62225) you don’t complain. Punk-rock at its best is the closest we came in the Sixties to the original rockabilly spirit of rock & roll. Rockabilly itself is a shamefully overlooked genre, the best records of which are totally unknown.“
Der Begriff „Punk“ fällt in jener Besprechung zum ersten Mal überhaupt im US Rolling Stone. Die nächste Erwähnung findet sich dann erst wieder am 10. März 1977 in einem Artikel von Dave Marsh mit dem Titel „Hey Rocky, what’s a punk?“
„But punk no longer describes a style, much less music. It has become a marketing device, an excuse for decadence, often with a macho bent.“
--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Sehr schön. Die Herren Shaw und Marsh sprechen mir aus der Seele.
--
pinchNein, davon war auch nicht die Rede. Ich sehe keinen Grund, weshalb du das jetzt als Argument bringst.
Fehlende Authentizität ist doch genau das, was Du beklagst. Und daß Lydon kein ernstzunehmender Musiker sei.
Wie gesagt, ich finde es sehr verwunderlich, wie widersprüchlich hier teilweise argumentiert wird. Auf Authentizität wird auch gerne mal verzichtet, wenn es denn passt. Eine so vielfältige, schnelle und schillernde Szene, so unreflektiert abzutun, ja gar zu verurteilen (Poser, Vermarktung, McLaren, Kopie), kann ich absolut nicht nachvollziehen. Eine Arroganz, die ich von Zeitzeugen vielleicht noch akzeptieren könnte.
pinchSehr schön. Die Herren Shaw und Marsh sprechen mir aus der Seele.
Auch hier, klingt natürlich cool. Vor allem für einen Nachgeborenen. Aber wie vielen Bands hat das Label Punk eigentlich geholfen, überhaupt erst wahrgenommen zu werden? Dutzenden? Hunderten? Tausenden? Wie sehr hat es den von Dir favorisierten US Bands, die im UK mit offenen Armen (und Ohren) empfangen wurden, geholfen? Nicht zuletzt dabei, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Und hättest Du ohne dieses Label, diese Ära im Nachhinein überhaupt erst wahrgenommen oder auch nur annähernd verstanden? Etwas vermessen, sich per Literatur an etwas abzuarbeiten, zu verstehen und dann zu beschließen, „so, das Label Punk brauche ich jetzt nicht mehr, den Begriff überlasse ich den Anfängern“.
--
kramerIch habe gerade die Besprechung von Greg Shaw aus dem US Rolling Stone vom 4. Januar 1973 herausgesucht und da ist tatsächlich bereits die Rede von Punk.
Shaw hat bereits vorher in Bomp! den Begriff benutzt. Der erste Musik Kritiker war allerdings Dave Marsh in Creem 1971, als er über ? and the Mysterians schrieb.
--
Da es schon öfters angesprochen wurde und es irgendwie die erste Punkwelle war: Wie hört ihr denn den Sixties Garage im Vergleich zum 77er Punk? Damit mein ich nicht unbedingt den Garage der Stooges oder von MC5, vielmehr The Sonics, The Seeds, The Unrelated Segments, The Human Expression, The Remains, The Monks, The 13th Floor Elevators und viele weiteren Bands, deren großartige Singles man auf unzähligen Garage-Sampler wiederfinden kann.
--
RosebloodWie hört ihr denn den Sixties Garage im Vergleich zum 77er Punk?
Für mich ist das eine logische Fortführung, wobei ich die Stooges ausklammern möchte, die haben mir nie wirklich gefallen.
--
Joshua TreeFür mich ist das eine logische Fortführung, wobei ich die Stooges ausklammern möchte, die haben mir nie wirklich gefallen.
Selbst I Got A Right nicht? Für mich mit das tollste Stück, das die Punkmusik hervorgebracht hat. Vor Energie strotzende Musik und diese I-don’t-care-Attitüde in der minimalistischen Lyrik. Bringt alles auf den Punkt, was man unter Punk verstehen könnte.
--
Für mich verpufft der Song bereits nach der ersten Strophe. Das ist zwar ein ganz cooler Riff, aber kein wirklich guter Song wie zB „Kick Out The Jams“ oder „Rambiling Rose“.
--
Joshua TreeFür mich verpufft der Song bereits nach der ersten Strophe. Das ist zwar ein ganz cooler Riff, aber kein wirklich guter Song wie zB „Kick Out The Jams“ oder „Rambiling Rose“.
„Kick Out The Jams“ genießt natürlich fast soetwas wie eine Sonderstellung. Ich mag MC5 auch sehr, aber The Stooges sind mir dann doch noch etwas lieber. Sie haben soetwas Schnödes und Lakonisches, das ich mag. Kennst du von MC5 The Pledge Song? Ganz groß!
--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
weilsteinFehlende Authentizität ist doch genau das, was Du beklagst. Und daß Lydon kein ernstzunehmender Musiker sei.
Nein, ich habe nicht geschrieben, dass Lydon kein ernstzunehmender Musiker sei, ich habe geschrieben, dass Rotten als Musiker kaum wahrzunehmen wahr. Als schillernde Person ja, als Musiker, nein. Dass er seinen Bakunin gelesen hat, bestreite ich gar nicht.
weilsteinEine so vielfältige, schnelle und schillernde Szene, so unreflektiert abzutun, ja gar zu verurteilen (Poser, Vermarktung, McLaren, Kopie), kann ich absolut nicht nachvollziehen. Eine Arroganz, die ich von Zeitzeugen vielleicht noch akzeptieren könnte.
Bullshit! Wenn sich dein Gegreine wieder gelegt hat, dann lies doch bitte nochmal die entsprechenden Postings durch. Vielleicht habe ich mich ja auch unvorteilhaft ausgedrückt, ich wage aber dennoch zu behaupten, dass mein Standpunkt so unreflektiert nicht ist.
weilstein
Auch hier, klingt natürlich cool. Vor allem für einen Nachgeborenen. Aber wie vielen Bands hat das Label Punk eigentlich geholfen, überhaupt erst wahrgenommen zu werden? Dutzenden? Hunderten? Tausenden?Was klingt natürlich cool? Vor allem für einen Nachgeborenen? Du agierst hier völlig überzogen und greifst instinktiv nach irgendwelchen roten Autos, anstatt der Sache so zu begegnen, wie sie dasteht. Mir ist bewusst, dass die DIY-Philosophie vielen Bands es überhaupt erst ermöglich hat, einen Fuss in die Tür zu bekommen, dass sich Dank „Punk“ die musikalische Kreativität vieler Künstler überhaupt erst entfalten konnte. Nichts anderes schrieb ich doch! Das ändert doch aber nichts an der Tatsache, dass sich der eigentliche Impact im UK auf eine Modewelle gründete, die den eigentlichen Spirit nur sehr gering vertritt. Die Selbstverwirklichungen fanden doch erst nach der Hysterie statt, sowohl musikalisch und auch vom Standpunkt her. Findest du nicht? Und bitte jetzt nicht wieder das „du beklagst ja nur die fehlende Authentizität“-Argument hervorkramen. Das ist zu billig, um sich damit aus der Affäre ziehen zu wollen.
--
percy-thrillington "If you don't feel it, don't play it"Registriert seit: 04.02.2008
Beiträge: 2,050
1. Ja, auch ich würde Mid-Sixties-Bands wie „The Sonics“, „The Kingsmen“ oder „The Trashman“ (sic! „Surfin Bird!) zu den frühen Punkbands zählen … andererseits waren auch Leute in den Fifties wie Link Wray oder Bo Diddley irgendwie schon Punks
2. Punk lässt sich nicht rein auf die Musik begrenzen, sondern ist eine Haltung (und hat auch rein gar nix mit bunten Haaren oder Lederjacken zu tun – das ist das Malcolm-McLaren-Mode-Dings) …
--
*** Konsens-Heini der Umfrage "Die 20 besten Tracks der Talking Heads" *** -
Schlagwörter: Punk
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.