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Anonym
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ferryOk, dann ist also nur der erste der beste. Der Preis für die „Erfindung“ des Punk geht also klar in die USA, und die Briten haben gelegentlich auch mal eine gelungene Kopie gemacht !
Nein, das ist ein völlig falsches Fazit. Die Briten haben die Zeichen der damaligen Zeit erkannt und das, was sie als „Punk“ für sich reklamierten sodann als Bewegung gefeiert und manifestiert. Dagegen ließe sich ja nun nichts einwenden. Mein Einwand war lediglich der, dass die meisten Acts des Jahres 1977, also dem Jahr, in dem diese „Bewegung“ ihre ersten Knospen nach außen trug, uninteressant und – bis auf ein paar Ausnahmen – mehr oder weniger vergessenswert sind. Der eigentliche Spirit of 77 erwachte erst später, nämlich als sich Bands und Künstler zu emanzipieren begannen. Die Zielansprache „Punk“ würde ich (also ich, nicht ihr, wir, alle, du, er, sie, es) eher mit einer saisonalen Couture vergleichen, die allerdings etliches wachkitzelte und anschließend nennenswerte Früchte trug, ohne dass dies allerdings 77 schon abzusehen war.
Somit gehe ich da auch mit Simon Reynolds konform, der zwar einerseits eine klare Trennlinie zieht (Punk/Post-Punk), andererseits aber auch „nur“ das fortschreiben will, was Legs McNeil in „Please Kill Me“ von den 60ern bis hin zu den späten 70ern umriss. Nämlich eine musikalische Revolution, die die Landkarte für immer veränderte, die aber nicht von Heute auf Morgen passierte.
Der Spirit von 1977 verlor sich allerdings immens schnell in den üblichen Bahnen, geriet zur Selbstparodie und verhielt sich eigentlich konträr zum eigentlichen Anspruch. Zwischen der ersten Sex Pistols Single und der Schließung des „Roxy“ passierte zwar einiges, aber auch vieles, was sich auf der Stelle bewegte.
Die Amerikaner haben den „Punk“ sicher nicht „erfunden“. „Punk“ erfinden wäre Rebellion auf Knopfdruck, oder Lachen auf Kommando. Sowas gibts zwar, aber das soll hier nicht der Punk(t) sein. Der Begriff ist eine Worthülse für eine bestimmte Geisteshaltung und einer bestimmten Auffassung von Kunst und radikalem Selbstverständnis. Dieser Begriff dient lediglich zur Genre-Einordnung, zu sonst nichts.
Joshua TreePunk gab es bereits Ende der Sechziger, siehe die MC5, Stooges und später die New York Dolls. 1977 war nur der große Knall.
So ist es. Und nimmt man jetzt den Begriff „Punk“ noch weg (nur rein hypothetisch, man kann selbstverständlich weiterhin „Punk“ dazu sagen), dann kommt man dem ganzen auch ohne Begrifflichkeiten nahe und es entsteht ein weithin rundes Bild und kein plötzliches en Bloc Gebilde.
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