Konzertimpressionen und -rezensionen

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  • #12069535  | PERMALINK

    yaiza

    Registriert seit: 01.01.2019

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    :bye: na dann hoffe ich, dass es ein schöner Abend war

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    #12070517  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Luzern, KKL – 20./21.05.2023 – Klavierfest / Lucerne Festival

    Zwei Tage, vier Konzerte mit fünf Pianist*innen – ein neues Konzept von Igor Levit, das auch Begegnungen der Künstler*innen auf und neben der Bühne zulässt, wie sie sonst im schnell getakteten Betrieb kaum möglich sind. Levit war natürlich die ganzen vier Tage da, sass in anderen Konzerten und war auch sonst rund um’s KKL mal zu sehen. Soweit die Tage 3 und 4 (von 4) das Fazit erlauben, war das ein voller Erfolg.

    Eröffnet hatte Levit das Festival am Donnerstagabend zusammen mit Alexei Volodin – sie spielten kürzere Solo-Stücke und widmeten sich dann dem Repertoire für zwei Klavier (Mozarts KV 448, Debussys „En blanc et noir“, Rachmaninoffs Suite Nr. 1) – und das war auch schon das erste Konzert ohne Pause. Auch das ein Konzept, das sich da und dort zu etablieren scheint (beim Tonhalle-Orchester Zürich hiess es nach den Lockdowns mal, das sei der neue Weg, aber das änderte sich sehr schnell wieder). Am Freitag folgte Levits Solo-Rezital (Brahms Op. 117, die ersten sechs von Fred Herschs auf 18 Stücke angelegtem zweiten Zyklus von „Songs without Words“, Mahlers Adagio aus der 10. arr. Ronald Stevenson und Prokofievs siebte Sonate – mit Pause nach Hersch, nehme ich an) und dann das Trio von Fred Hersch (die Website schaltet sich in Luzern leider tagesaktuell ab und im Archiv ist noch nichts, aber einer der zwei üblichen Begleiter – Drew Gress am Bass und Joey Baron am Schlagzeug – wurde wohl von wem anderem ersetzt? Auch da waren 90 Minuten ohne Pause angesagt). Dieser zweite Abend hätte mich sehr gereizt, aber da hatte ich halt schon die Karte für Oper in Zürich, deren Besuch sich ja auch gelohnt hat.

    20.5., 18:30 – Fred Hersch Klavier

    Am Samstag um gab’s dann Fred Hersch solo – meine erste Gelegenheit, ihn live zu hören, und das war stellenweise fast schon magisch. Den Einstieg machten zwei Jobim-Stücke („Retrato em branco e preto“ zum Einstieg), die Atmosphäre im Saal war so konzentriert, dass ich den Eindruck hatte, alles verharre in Regungslosigkeit. Hersch spielte nach dem Einstieg mit Jobim auch Stücke von Benny Golson (eine Paraphrase/Annäherung an „Whisper Not“, das Thema erklang offen erst am Schluss – er nannte Golson einen „post bebop composer“ – was jetzt in Sachen Terminologie auch nicht gerade hilfreich war), von Joni Mitchell (das wunderbare „Both Sides Now“ und dann „My Old Man“ von „Blue“, „truly one of the great albums of all time“), seine eigenen „Duet“ (das vierte „Lied ohne Worte“ vom ersten Bündel/Band, CD 1 des gleichnamigen Dreifach-Albums von 2001) und die Schumann-Hommage „Pastorale“, danach eine grossartige Version von Ornette Colemans „Lonely Woman“, schliesslich den ältesten Standard, den er im Repertoire habe („After You’ve Gone“ mit Post-Stride-Ansätzen), Kurt Weills „Speak Low“, und dann zum Abschluss des offiziellen Teils wie immer (so sagte er) „a ballad and then something by Thelonious Monk“, wobei die Wahl des Monk-Stückes sich erst im Lauf der Ballade (es war „This Is Always“, ein weiteres Highlight) ergäbe – die Wahl fiel auf „Eronel“, und auch das war klasse.

    Als erste Zugabe spielte Hersch dann vierhändig mit Levit „Peace Piece“, Bill Evans‘ Bernstein-Meditation – Musik, die aus dem Nichts kommt und ins Nichts läuft – bei der kaum etwas passiert und doch alles – und am Ende fehlt: nichts. Wunderbar, und vielleicht irgendwie das Programm für die beiden Abende. Levit hatte zwar ein Tablet mit Noten vor sich und guckte da auch drauf, doch schien er in der zweiten Hälfte (als Hersch ihm den Platz rechts freigab – ein fliegender Wechsel mit langgestreckten Armen) auch noch ein wenig zu improvisieren. Darum ging es bei dem Stück allerdings nicht, sondern eher darum, eine Stimmung zu erzeugen und zu beschwören. Das tat Hersch auch davor immer wieder, doch er langte auch ordentlich in die Tasten, einmal gab es wie gesagt auch Stride-Anklänge, sonst eher Verdichtungen einer meist stilleren Art, die oft fast wie gezielte Entgleisungen wirkten, in denen Melodie, Harmonik und Rhythmus sich gleichzeitig aber nicht unbedingt in die gleiche Richtung zu verschieben schienen. Billy Joels „And So It Goes“ – ein Lieblingsstück von Levit und ein Dank für die Einladung – gab es als zweite Zugabe. Und weil das immer noch nicht reichte, gab es nach dem schon gehörten Abschluss-Schema – und als einziges Stück nicht angesagt – nach der Ballade nochmal Monk, „Blue Monk“. Aus den angekündigten 70 Minuten wurden fast 1:40 Stunden – ein wunderbarer, für meine Ohren sehr besonderer Einstieg, der Herschs Spiel für mich nochmal neu greifbar machte.

    Was auch bei diesem Konzert schon sehr greifbar wurde für mich war, wie intim der grosse Saal des KKL wirken kann – das habe ich auch bei früheren Solo-Piano-Rezitalen (mehrmals schon mit Igor Levit, aber auch mit Krystian Zimerman oder letzten Sommer auch mit Víkingur Ólafsson, wo ich auf demselben Platz wie heute bei Hersch und Vinnitskaya sass, also im Rücken, nah dran) nie so eindringlich erlebt. Ein Foto von Hersch habe ich nicht bzw. erst vom Schlusskonzert unten, da um mich herum viele Plätze leer blieben (ev. gar aus dem Verkauf genommen wurden, nachdem ich meine Karte schon gekauft hatte – man bemühte sich, die Zuschauer*innen im übergrossen Saal etwas zu bündeln) und er sie nie umdrehte.

    20.5., 22:00 – Johanna Summer Klavier

    Waren bei Hersch noch der erste Balkon und die erste Galerie (wo ich auf dem hintersten Platz sass, wie dann bei Vinnitskaya wieder) sowie die erste Reihe der Orgelempore in den Verkauf gelangt, so war bei Summer nur das Parkett freigegeben worden – das füllte sich gar nicht mal so schlecht für so ein spät angesetztes Konzert (Herschs Trio spielte am Vorabend auch um 22 Uhr). Johanna Summer stellte ihr Programm „Resonanzen“ vor: „Improvisation über Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Edvard Grieg, György Ligeti, Frederic Mompou, Maurice Ravel, Franz Schubert, Aleksandr Srkjabin und Pjotr Iljitsch Tschaikowsky“ steht im Programm. Summer erwähnte zur Begrüssung wohl in etwa dieselben Namen und erklärte, dass sie bei dem Programm nie genau wisse, in welcher Reihenfolge die Stücke auftauchen würden. Auch nähert sie sich den Stücken in einem kontinuierlichen Fluss an, spielt nicht etwa zuerst die Kompositionen und improvisiert dann darüber. In diesem Fluss habe ich so direkt überhaupt nichts erkannt, aber es gab immer wieder Momente, auch längere Passagen, die vertraut klangen oder zumindest auf einer vertrauten Grundlage. Auch Summer begann eher verhalten, auf der Suche nach Stimmungen, kleinen Motiven und Melodien, nicht nach dem Tastendonner. Doch ihr Set entwickelte einen unglaublichen Sog. Nur ganz kurze Unterbrüche gab es, hie und da, doch auch über diese hinweg blieb das Gespielte stringent. Und mittendrin hatte das alles einen so unfassbaren Sog entwickelt, war aus diesen so stillen, klaren Anfängen eine solche Flut aus Klängen entstanden, ein nicht enden wollender, immer weiter drehender Lauf aus Einfällen, Ideen, Rhythmen und Melodien, dass ich nur noch staunend da sass. Bei Summer waren 90 Minuten angekündigt, doch nach fünfviertelstunden, als sie zum Schluss kam, wirkte es, als hätte sie eine Nacht durchgespielt, so viel steckte drin in diesem wunderbaren Set.

    21.5., 11:00 – Anna Vinnitskaya Klavier

    Dann die Sonntagsmatinee – das einzige richtig klassische Rezital, das ich zu hören kriegte, doch auch das hatte es in sich, bewegte sich vom Programm her grossteils abseits der bekannten Werke. Los ging es mit César Francks „Prélude, fugue et variation“ Op. 18 in der einer Bearbeitung für Klavier von Theo Wegmann – und das war so bezwingende Musik, dass das Konzert danach auch gleich wieder hätte enden können und ich überglücklich gegangen wäre. Mich fasziniert bei Franck – besonders der Klaviermusik, die das ja war, auch wenn das eigentlich für Orgel komponiert wurde – die Unbedingtheit in ihrem Aufbau, was natürlich viel mit der Form der Fuge zu tun hat (Francks berühmteste, „Prélude, chorale et fugue“, wird im Film „Vaghe stelle dell’orsa“ von Visconti äusserst effektiv eingesetzt). Das war schlicht bezwingend.

    Dann folgte ein langer Skrjabin-Block bis zur Pause: der Walzer f-Moll Op. 1 ist ein Frühwerk, eine geschickt programmierte, noch recht chopineske Atempause nach Franck, doch mit der folgenden Fantaisie h-Moll Op. 28 ging es mitten in die Klangwelten des irren Komponisten aus dem Zarenreich. Die zwei Poèmes Op. 32 folgten, und die fünfte Klaviersonate Fis-Dur Op. 53 setzte den krönenden Abschluss des Konzertes – unterbrochen wurde der Block nur durch Applaus nach der Fantaisie – die war einfach zu irr und Vinnitskayas Schluss-Geste eine Spur zu gross, als dass das Publikum da hätte still bleiben können.

    Nach der Pause gab es die vier Impromptus von Chopin, in der üblichen Nummerierung (die ja irreführend ist, denn das „Fantaisie-Impromptu“ cis-Moll mit der posthumen Opus-Zahl 66 ist das früheste der vier vermeintlich spontanen Stücke. Mich faszinierte durchaus, wie Vinnitskaya sich an diese Stücke machte, aber am Ende war ich davon nicht vollends überzeugt, die Mischung aus irgendwie recht gelassen wirkendem Spiel, auch bei höchster Virtuosität, wollte nicht so ganz funktionieren, ein etwas schlankerer Zugriff gefällt mir da wohl einfach besser (irgendwann ging mir die Frage nach den aktuell richtig guten Chopin-Interpret*innen durch den Kopf … ich erinnerte mich an einen ebenfalls etwas irritierenden Abend mit Fazil Say, kam dann aber zum Glück noch auf eine kürzliche Entdeckung, die ich dank des Forums machte, Janina Fialkowska; viele scheinen es jedenfalls nicht zu sein?).

    Der vierte Block stammte dann von Maurice Ravel: erst gab’s die sich lose an Schubert orientierenden Valses nobles et sentimentales von 1911, danach die Solo-Klavier-Version von „La Valse. Poème chorégraphique“. Und das war ein völlig irrer, grandioser Abschluss. chon in den Valses geht es bald drunter und drüber, Ravel parodiert, überzeichnet, dreht am Rad, bis kaum mehr etwas auf sicherem Fundament zu stehen scheint. Und dann atemlos Schluss – Applaus, kurzes Sammeln und weiter mit diesem noch irreren Stück, das eine in eine Persiflage mündet, die dennoch nie dem heiteren Unerst anheimfällt, eine todernste Übung in Ironie, die abgründig und eben doch irgendwie freundlich ist. Ein im besten Sinn beklopptes Stück des rotzfrechen Franzosen, das mich auch in der Orchesterfassung ziemlich aus dem Häuschen bringt, wie man hier sagt.

    Es folgten zwei Zugaben, aber da kam ich nicht weiter – und ganz ehrlich: ich hätte keine mehr gebraucht, weil der Abschluss mit Ravel eigentlich nicht mehr zu toppen war.

    21.5., 17:00 – Finale for Four: Igor Levit, Johanna Summer, Mert Yalniz, Fred Hersch Klavier

    Wie ich heute Morgen schon schrieb, bin ich zwischen den Konzerten am Sonntag – es gab ca. vier Stunden Pause – ins Kunstmuseum Luzern in die Ausstellung von Betye Saar. Und war einmal mehr begeistert davon, wie es diesem recht kleinen Museum immer mal wieder gelingt, sehr besondere Schauen zu präsentieren, die auch wirklich für den Ort eingerichtet wurden, für die grosse Installationen aufgebaut, besondere Beleuchtungen zum Einsatz kommen usw. Auch das hätte für sich schon die Fahrt nach Luzern gelohnt, doch das war noch nicht alles: um 17 Uhr ging es weiter im Saal, ausverkauft hiess es, und neben dem ersten Balkon und der zugehörigen seitlichen Galerie (wo ich dieses mal ganz hinten sass) war auch der zweite Stock geöffnet wurden (es gibt noch einen dritten und vierten, wobei der vierte – mit dem weitaus grössten Balkon – auch bei grossen Konzerten oft nicht in den Verkauf gelangt; die vier Level sind auf dem Foto ganz oben schön zu sehen, das Parkett befindet sich im UG, also unterhalb des Wasserspiegels des Sees, der nach Jean Nouvels Konzept eigentlich frei ins Gebäude fliessen durfte – aber weil da wohl bald mal jemand mit dem Sektgla in der Hand reingefallen ist, wurde das brav abgesperrt und das Spiel von Innen und Aussen etwas abgemildert).

    Die erste Konzerthälfte bestand – das war keine so grosse Überraschung, aus Schumann und Summer. Wer was spielen würde, war nicht angekündigt, nur die „Waldszenen“ Op. 82 von Schumann und die Appassionata von Beethoven (bzw. im Faltblatt, das auslag fälschlich Op. 110) waren aufgeführt, ohne Zuordnung der Namen zu den Werken. Igor Levit kam auf die Bühne, bedankte sich für die Gelegenheit, das Festival programmieren zu dürfen und meinte – wie ich angetönt habe meines Erachtens völlig zu recht – dass er eine solche Atmosphäre in Luzern bei all seinen Auftritten dort noch nie erlebt habe und dass er nun die Tage zählen werde bis zur nächsten Ausgabe. Es scheint vereinbart, dass er dieses 2019 eigentlich gestoppte Klavierfest, das jetzt in dieser neuen Form wiederauferstanden ist, bis zum Ende von Michael Haefligers Intendanz gestalten wird, also wohl noch 2024 und 2025.

    Dann kam Levit mit Johanna Summer wieder – und es gab Schumann. Levit spielte (am rechten Flügel) die Stücke aus den Waldszenen, und Summer fügte jedem davon eine spontane Ergänzung bei, weniger Motive als Stimmungen aufgreifend, diese aber auch fortspinnend und meist zurückführend in eine Richtung, dass der Übergang zum nächsten komponierten Segment perfekt passte. Das war eine symbiotische Erfahrung, in der die beiden sich in Sachen Anschlagkultur, Ausschöpfen der Dynamik bis zu den zartesten Pianissimo-Tönen, aber auch in Sachen Farbenreichtum wenig schenkten. Gebannt lauschte bald das Publikum, das anfangs noch ruppig dreingehustet hatte. Nach diesem Auftakt hatte ich gewisse Befürchtungen, was den zweiten Teil anging. Das setzte sich fort, denn was will man der titanischen Musik Beethovens, in der doch wirklich alles schon gedreht, gewendet, transponiert, und das Gegenteil auch gleich noch mit dazu gesagt ist – was will man da noch hinzufügen? Den ersten Satz brachen Yalniz (*2003 ein offensichtlich begabter Schüler von Levit – er sass am linken Flügel und wenn ich mich streckte, konnte ich die Fingerakrobatik aus der Ferne beobachten) und Hersch mehrmals auf. Hersch stieg etwas zögerlich ein, blieb zunächst recht nah an Motiven aus Beethovens Stück – doch bei seiner zweiten Einlage wurde klar, dass er Wege fand, sich freizuspielen – und im Gegensatz zu Summer und Levit, die stets warteten, bis der letzten Klang vom anderen Flügel verklungen oder abgedämpft war, wurde der Austausch von Yalniz und Hersch noch enger, ja ein paar Male direkt fliessend, so raffiniert bereitete Hersch auch den Wiedereinstieg von Yalniz vor. Wenn mir das Gedächtnis keinen Streich spielt, gab es vier Hersch-Segmente, zwei im ersten, zwei noch tollere im zweiten, langsamen Mittelsatz. Danach übernahm Yalniz und spielte den letzten Satz – und als er am Ende fragend zu Hersch hinüberblickte, tat der das einzige vernünftige: er stand auf, streckte seine Arme in Yalniz Richtung – und zusammen nahmen sie den grossen Applaus entgegen (die zweite Standing Ovation am Sonntag – nach „La Valse“ waren bei Vinnitskaya auch schon alle aufgestanden).

    Eine kleine Zugabe zu viert musste natürlich noch folgen – weil die Klassiker nicht wirklich improvisieren mögen (vermute ich, war am Vorabend bei „Piece Peace“ schon recht deutlich, ist auch kein Vorwurf oder so, ich liebe ja bekanntlich beides) musste das eine Petitesse sein, ein kleines Kinderlied, das vom linken Flügen (mit Levit und Summer) zum rechten (mit Yalniz und Hersch) überging, Levit legte vor, Summer begann zu begleiten und übernahm, Levit pausierte, Hersch legte – Gelächter – ein paar im Kontext schräg klingende Jazzakkorde, sanft synkopisch darunter … ein Miniatur-Jam, nur zwei Minuten oder so, sehr zart und auch humorvoll. Ein kleiner Ausklang der zwei wunderbaren Tage. Und obwohl ich gestern erst gegen neun daheim war: als ich heute Morgen zu arbeiten anfing, fühlte ich mich wie nach einer Woche Ferien – so reichhaltig waren diese zwei Tage. Wirklich wunderbar! Zum Abschluss noch ein Foto aus der Ausstellung von Betye Saar, „Gliding Into Midnight“ von 2019 – mehr dazu hier:

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12070845  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    @ „gypsy“ : Dank für den umfangreichen und detaillierten Bericht ….

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    #12070911  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Hier gibt es einen anderen Blick – den eines Klassikkritikers, der wohl ausser Summer solo alles hörte, was ich auch gehört habe, und der zwar Hersch solo goutieren, aber den Improvisationen (oder Variationen, Extemporationen) von Summer und Hersch beim letzten Konzert wenig abgewinnen konnte:
    https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/luzern-festival-2023-klavier-festival-igor-levit-fred-hersch-100.html

    Und hier (derzeit noch) der ganze Einführungstext von Levit:
    https://www.lucernefestival.ch/en/magazine/igor-levit-on-the-new-piano-fest/253
    Die deutsche Version ist leider gekürzt (im gedruckten Leporello mit dem Gesamtprogramm waren sie glaub ich identisch):
    https://www.lucernefestival.ch/de/klavier-fest

    Mir gefällt, wie er über Vinnitskaya und ihr Programm schreibt – und sich selbst da quasi aus dem Rennen nimmt:

    … her richly imaginative approach to such pianistic visionaries as Chopin, Scriabin, and Ravel – composers who have decisively shaped the idea of a genuinely virtuoso piano style, but whose signature has till now remained less intuitively apparent to me personally.

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    #12070949  | PERMALINK

    soulpope
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    Da capo des Dankes 😁 ….

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    #12071027  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Coda:  ;-)

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    #12073425  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Heute wurde die Nachfolge von Michael Häfliger, dem erfolgreichen Intendanten des Lucerne Festival, der Ende 2025 aufhört, bekannt gegeben. @yaiza dürfte der Name bestens bekannt sein, es ist Sebastian Nordmann vom Konzerthaus Berlin:
    https://www.lucernefestival.ch/de/magazin/grussworte-von-sebastian-nordmann/278

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    #12074223  | PERMALINK

    yaiza

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    gypsy-tail-windHeute wurde die Nachfolge von Michael Häfliger, dem erfolgreichen Intendanten des Lucerne Festival, der Ende 2025 aufhört, bekannt gegeben. @ yaiza dürfte der Name bestens bekannt sein, es ist Sebastian Nordmann vom Konzerthaus Berlin:
    https://www.lucernefestival.ch/de/magazin/grussworte-von-sebastian-nordmann/278

    … ja das rauschte gestern durch den online-Blätterwald.
    Im Tagesspiegel eher eine Meldung, gab es überregional dann doch längere Artikel, viel Würdigung für seine Arbeit in Berlin :good: Kann da vieles aus der Konzertbesucher-Perspektive bestätigen, besonders was Bindung des Publikums, neue Formate, Öffnung für neues Publikum etc. betrifft.

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    #12074233  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    yaiza

    gypsy-tail-windHeute wurde die Nachfolge von Michael Häfliger, dem erfolgreichen Intendanten des Lucerne Festival, der Ende 2025 aufhört, bekannt gegeben. @ yaiza dürfte der Name bestens bekannt sein, es ist Sebastian Nordmann vom Konzerthaus Berlin:
    https://www.lucernefestival.ch/de/magazin/grussworte-von-sebastian-nordmann/278

    … ja das rauschte gestern durch den online-Blätterwald.
    Im Tagesspiegel eher eine Meldung, gab es überregional dann doch längere Artikel, viel Würdigung für seine Arbeit in Berlin Kann da vieles aus der Konzertbesucher-Perspektive bestätigen, besonders was Bindung des Publikums, neue Formate, Öffnung für neues Publikum etc. betrifft.

    Heisst das dann, dass er beim Konzerthaus geht? Stelle mir die Intendanz in Luzern schon als Vollzeitstelle vor, aber ich weiss es nicht. Scheint mir jedenfalls – allein aufgrund Deiner Berichte übers Konzerthaus – eine gute Wahl zu sein!

    Ich war die Tage wegen des Klavierfests und vor lauter Vorfreude auf die Tage im August/September, die ich wieder in Luzern verbringen werde, öfter auf der Festival-Website – und dabei ging mir durch den Kopf, dass der Diversity-Schwerpunkt 2022 halt trotz aller (meist aus der rechtskonservativen Ecke kommenden, klar) Kritik schon dazu geführt hat, dass es sehr viele spannende Dinge zu hören gab. Das ist 2023 anders – und ja, für meine Ohren weniger spannend. Und einen Erlebnistag wie ich ihn 2018 zuletzt besuchte (da ging’s um 11 mit Aimard/Stockhausen los) scheint auch nicht wieder ins Programm gefunden zu haben … vielleicht ein Opfer der Pandemie. Nunja, schauen wir, wie es weitergeht, Haefliger hat hervorragende Arbeit geleistet und viele interessante Konzerte veranstaltet (was Künstler*innen wie das Repertoire angeht) und ich tu mich ja stets schwer damit, wenn bei so einer Ablösung plötzlich alle nur noch die neuen Gesichter abfeiern ;-)

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    #12074259  | PERMALINK

    yaiza

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    Hier die Meldung im Tagesspiegel von gestern (25.05.23): direkt mit „Intendant Sebastian Nordmann verlässt das Berliner Konzerthaus…“

    Zu Michael Haefligers Arbeit habe ich auch Würdigungen gelesen. Fand die Artikel ausgewogen, bei der NZZ wohl eher vorsichtig, was ja ok ist… da kommt erstmal nur ein „Name“. Kann mir aber vorstellen, dass es interessante Programme in Luzern geben wird. Die besuchten Schwerpunkte hier werden mir auch gut im Gedächtnis bleiben. Es bleiben ja zwei Spielzeiten, vielleicht festigt sich noch das ein  oder andere am Konzerthaus.

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    #12074275  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Danke, ich hab gestern nur Meldungen mitgekriegt, denke hierzulande wird Haefliger eher zu sehr gewürdigt werden – und der NZZ’sche Pessimismus gegenüber allem Neuen wird da auch entsprechend durchdrücken … dass der BR-Rezensent neulich vor Johanna Summer zu Bett ging, sprach ja auch Bände. Da überfordern die Formate gerne mal die professionellen, aber beim Publikum habe ich eher den gegenteiligen Eindruck. Und dass dieses sich wandeln muss, ist ja allein aufgrund der Altersstruktur mehr als klar. Wenn also ein paar Alteingesessene wegbleiben, dafür neue Leute kommen (was ich bei Summers Solokonzert so wahrgenommen habe), tut das gut.

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    #12074943  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Zürich, Kleine Tonhalle – 25.05.2023 – Kammermusik-Lunchkonzert

    Ilios Quartett
    Thomas García
    Violine
    Seiko Périsset-Morishita Violine
    Paul Westermayer Viola
    Anita Federli-Rutz Violoncello

    ALEXANDER BORODIN «Russisches Scherzo» D-Dur für Streichquartett
    TOSHIO HOSOKAWA «Blossoming» für Streichquartett
    BEDRICH SMETANA Streichquartett Nr. 1 e-Moll «Aus meinem Leben»

    Das donnerstägliche Lunchkonzert – mein zweites und letztes in dieser Saison, kein Format, das ich sonderlich schätze, aber ich bin zu den zwei Streichquartett-Konzerten, bei denen jeweils ein Stück von Hosokawa auf dem Programm stand, und das hat sich dieses Mal sehr viel mehr gelohnt als beim ersten Besuch, als es danach das Forellenquintett zu hören gab. Einerseits, weil das Ilios Quartett seit 1997 besteht. Gegründet hat es die Cellistin Anita Federli-Rutz, wie ihre Kolleg*innen Mitglied des Tonhalle-Orchesters, García übernahm nach 24 Jahren 2021 (sein Vorgänger wurde pensioniert und hörte auch im Quartett auf), Périsset-Morshita ist seit 1998 dabei, Westermayer ist seit 2020 dabei, und es scheint auch auf dem Bratschen-Posten nur wenige Wechsel gegeben zu haben (der erste Bratschist blieb 15 Jahre, zwischen 2012 und 2020 steht im Programmheft nichts). Andererseits war auch das Repertoire heuer sehr viel ansprechender: Borodins Scherzo zum Einstieg war schon der Hammer! Komponiert hat er es für eine der freitäglichen Soiréen, die der Amateurbratschist und Mäzen Mitrofan Belaieff in St. Petersburg veranstaltete. 1899 erschienen zwei Sammlungen mit Stücken aus diesen Soiréen unter dem Titel „Les Vendredis“. Dabei ging es neben oder vor der Musik auch um „das Abendessen, das immer überreichlich und von ausgiebigem Pokulieren begleitet war“ – ein Neuzugang in meinem Wortschatz (bechern, zechen, von „poculum“, lat. Becher). Borodins Stück aus dem Jahr 1882 stützt sich auf ohrwurmartige Volksweisen, ausser dem langsamen Mittelteil ist es trotz oder wegen seines 5/4-Takts überaus mitreissend.

    Hosokawas Meditation über eine sich öffnende Lotusblüte entstand 2007 und ist wohl an der Oberfläche eins seiner für unsere Hörgewohnheiten zugänglicheren Stücke. Mit flirrenden Tremoli, sich verdichtenden Glissandi und einer für meine Ohren leicht nachvollziehbaren melodischen Entwicklung schildert Hosokawa, wie die Pflanze sich einen Weg an die Wasseroberfläche bahnt und sich dann an der Sonne labt. „Die Blume und ich, wir sind wie eins; das Erblühen steht auch für meine innere Entwicklung“ (Hosokawa, zit. nach Programmheft).

    Programmmusik ist dann auch das längste Werk des Konzerts, vor dem die vier sich etwas länger hinter die Bühne zurückziehen (und während dem sie ihre Instrumente nachstimmen), das erste Streichquartett von Bedrich Smetana, in dem er 1876 einen Versuch unternahm, seinen (natürlich noch nicht abgeschlossenen) Lebenskreis darzustellen. In den Noten gibt es gemäss dem Programmheft-Text (Heidi Rogge) Erläuterungen wie folgende (alle zum Kopfsatz): „Hang zur Kunst in meiner Jugend, Vorherrschaft der Romantik, unaussprechliche Sehnsucht nach etwas, aber zugleich wie eine Warnung vor dem Unheil, das mir bevorstand“. Smetana verlor sein Gehör, konnte nicht mehr dirigieren, komponierte aber weiter: „Es folgten Jahre der finanziellen Not, Krankheit und Vereinsamung“ (Rogge). Im Scherzo (mit Trio) geht es tänzerisch zu und her, im Largo erinnert er sich an die schwärmerische Liebe für seine spätere Frau – und im letzten Satz wird dann der Tinnitus, die sich andeutende Ertaubung, musikalisch dargestellt. Doch düster oder traurig wirkt das nicht, dafür sehr expressiv und reich an Melodien, Harmonien und Rhythmen. Gefiel mir sehr gut, dieses Programm, auch wenn ich das Ilios Quartett jetzt nicht direkt perfekt fand (ohne dass ich das genauer formulieren könnte, dazu bin ich in Sachen Streichquartette nicht tief genug in der Materie – aber diese unglaubliche Faszination, die sich bei den allerbesten Formationen gerade im Konzert einstellt, fehlte mir).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12074965  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    @ „gypsy“ : thnx for sharing ….

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    #12075773  | PERMALINK

    yaiza

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    Vielen Dank für die Berichte vom Klavierfestival und zum Lunchkonzert.

    … Da ich in letzter Zeit immer mal das Szymanowski Quartet hörte, fiel mir auf, dass es auch eine CD zum Repertoire der „Les Vendredis“- Soirées gibt (discogs)

     

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    #12075779  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

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    Oh, danke für den Hinweis, das sieht interessant aus! Das Szymanowski Quartet kenne ich bisher nicht gut, die Hyperion-CD mit dem Pianisten Jonathan Plowright (Klavierquartette/-quintette von Zarębski und Żeleński) ist da, sonst glaub ich nichts. Das ist so üppige spätromantische Musik (der Ukrainer ist der erste, der sich den Namen mit dem heutigen ukr. Präsidenten teilt war Pole).

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