Ich höre gerade … klassische Musik!

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  • #8420159  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ich kenne Brendel noch nicht – aber bisher zieht mich auch nichts in seine Richtung (seine Glossen in der NZZ schon gar nicht). Vielleicht sollte ich das mal ausprobieren, danke für den Hinweis!

    Schnabels grosse Klarheit überzeugt mich allerdings gerade sehr!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #8420161  | PERMALINK

    Anonym
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    katharsisDa würde ich zu Alfred Brendel raten, der hat den Schmäh.
    Ein Geheimtipp wäre Michel Dalberto auf Denon. Geradeheraus, schnörkellos und mit der nötigen Hemdsärmeligkeit, die es für Schubert braucht.

    Entschuldige, katharsis – aber hier verstehe ich Einiges überhaupt nicht. Was sollte Schubert denn mit Schmäh zu tun haben, zumindest in den späten Klaviersonaten, gerade den haben Leute wie Schnabel und Erdmann ja endlich herausgenommen aus dem Mythos um’s Dreimädel-Haus und auch, wenn ich selbst Brendel so gut wie nie gerne höre, glaube ich nicht, dass er in seinen Schubert Schmäh geben wollte. Aber, wenn Du das erläutern könntest, dass ich es besser verstehe?

    Dann verstehe ich nicht, warum Du Brendel nennst und zugleich Dalberto. Die sind doch weit auseinander. Nicht, dass ich nicht gerade das wichtig fände bei verschiedenen Einspielungen, dass sie so verschieden wie möglich seien. Meintest Du das? Von Hemdsärmeligkeit zu sprechen, finde ich allerdings wieder seltsam.Warum braucht man die bei Schubert, was soll das überhaupt sein? Gerade Schnabel spielt ja so, dass das letzte Hemd noch abgeworfen wird und das kann ich zumindest für Schuberts letzte Werke gut verstehen.

    Anders gefragt: was hältst Du von Richters Einspielung der B-dur-Sonate, kennst Du sie? Würdest Du sagen, das sei zu verborgen, eben nicht „geradeheraus“?

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    #8420163  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Zwischen Schnabels Sonaten gab’s noch seine Aufnahmen von Schuberts „Impromptus“ (D 935 und D 899) und jetzt zu später Stunde noch die „Kreutzer“, erst von Taschner/Gieseking und jetzt von Fancescatti/Casadeus.

    Den Tag enden werde ich anschliessend mit Beethovens zehnter Violinensonate (Heifetz/Bay), die mich heute morgen komplett in ihren Bann gezogen, ja verzaubert hat.

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    #8420165  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Brahm’s 1. Klavierkonzert in d-moll op. 15

    Alexis Weissenberg mit dem London Symphony Orchestra unter Carlo Maria Giulini 1972 – und heute ist der Tag dafür. Sehr toll, wie Weissenberg spielt, auf die Essenz reduziert und doch sehr vielschichtig. Das Orchester zieht mit, das Klavier verzahnt sich mit ihm, verschmilzt, schwingt sich im nächten Augenblick ohne grosse Geste wieder über das Orchester hinaus.

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    #8420167  | PERMALINK

    katharsis

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    clasjazEntschuldige, katharsis – aber hier verstehe ich Einiges überhaupt nicht. Was sollte Schubert denn mit Schmäh zu tun haben, zumindest in den späten Klaviersonaten, gerade den haben Leute wie Schnabel und Erdmann ja endlich herausgenommen aus dem Mythos um’s Dreimädel-Haus und auch, wenn ich selbst Brendel so gut wie nie gerne höre, glaube ich nicht, dass er in seinen Schubert Schmäh geben wollte. Aber, wenn Du das erläutern könntest, dass ich es besser verstehe?

    Das will ich gerne tun. Schmäh ist ja nicht nur – woran Du vielleicht gedacht hast – eine Art leichten wienerischen Humors. Ich verstehe darunter einen durchaus lasziven, auch morbiden Humor, der insbesondere den späten Sonaten gut ansteht. (Wohlgemerkt galt meine obigen Empfehlung den Moments Musicaux, nicht Schubert im Allgemeinen!)
    Ich finde, dass Brendel Schubert mit dem nötigen Ernst nimmt und sehr an der immanenten Dynamik feilt und doch hinterlistig und sehr bildreich intoniert. Letztlich entsteht gerade bei den Sonaten eine Mischung aus weltvergessenem, brüchigem und doch frischem, entschlacktem Schubert.
    Die Moments Musicaux nimmt er aus meiner Sicht dagegen fast luftig leicht und sehr humorvoll.

    Mit Schubert insgesamt konnte ich mich allerdings noch nicht gänzlich anfreunden, das sind mir teilweise zuviel Noten, zuviel Länge; dann wieder absolut läppische Stücke und daneben tiefgründig-schwarze Werke. Dementsprechend kenne ich viel zu wenig Aufnahmen. Maurizio Pollini, Murray Perahia bspw. sollen alle sehr gut sein. Und Rudolf Serkin natürlich.

    clasjazDann verstehe ich nicht, warum Du Brendel nennst und zugleich Dalberto. Die sind doch weit auseinander. Nicht, dass ich nicht gerade das wichtig fände bei verschiedenen Einspielungen, dass sie so verschieden wie möglich seien. Meintest Du das? Von Hemdsärmeligkeit zu sprechen, finde ich allerdings wieder seltsam.Warum braucht man die bei Schubert, was soll das überhaupt sein? Gerade Schnabel spielt ja so, dass das letzte Hemd noch abgeworfen wird und das kann ich zumindest für Schuberts letzte Werke gut verstehen.

    Genau aus dem Grund, den Du genannt hast – als Gegensätze. Hemdsärmelig bedeutet für mich, die Ärmel hochzukrempeln und direkt, unverstellt loszulegen. Ohne Wert auf große Gesten zu legen, ohne überall die Bedeutung zu suchen, sondern locker aufzuspielen. Viele Pianisten versuchen, die letzten Sonaten geradezu orchestral aufzublähen. Das ist natürlich legitim, ist aber doch oft reichlich künstlich und verstellt den Blick auf die kleinen Intimitäten der Musik.
    Ich finde, Dalberto trifft genau diesen Nerv (ohne die Musik freilich zu salopp zu nehmen) und vereinfacht Schubert. Das fand ich sehr interessant.

    Deinen Verweis auf Schnabels Herangehensweise musst Du mir bitte noch etwas erklären. Ich kenne seine Deutung nicht.

    clasjazAnders gefragt: was hältst Du von Richters Einspielung der B-dur-Sonate, kennst Du sie? Würdest Du sagen, das sei zu verborgen, eben nicht „geradeheraus“?

    Wie oben beschrieben, Schuberts Klavierwerk interessiert mich nicht so stark, als dass ich sehr viele Aufnehmen kenne. Richter schätze ich insgesamt sehr, aber mit Schubert kenne ich ihn (glaube ich?) nicht.

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8420169  | PERMALINK

    katharsis

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    gypsy tail windAlexis Weissenberg mit dem London Symphony Orchestra unter Carlo Maria Giulini 1972 – und heute ist der Tag dafür. Sehr toll, wie Weissenberg spielt, auf die Essenz reduziert und doch sehr vielschichtig. Das Orchester zieht mit, das Klavier verzahnt sich mit ihm, verschmilzt, schwingt sich im nächten Augenblick ohne grosse Geste wieder über das Orchester hinaus.

    Wenn Dir Weissenberg gefällt (seine Brahms-Aufnahmen kenne ich nicht), dann solltest Du ihn mal mit Rachmaninow versuchen, der war quasi sein Hausgott. Insbesondere im Vergleich zu Ashkenazy, wobei ich gerade nicht weiß, wer derjenige mit den teilweise verschleppten Tempi war.

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8420171  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    katharsisWenn Dir Weissenberg gefällt (seine Brahms-Aufnahmen kenne ich nicht), dann solltest Du ihn mal mit Rachmaninow versuchen, der war quasi sein Hausgott. Insbesondere im Vergleich zu Ashkenazy, wobei ich gerade nicht weiß, wer derjenige mit den teilweise verschleppten Tempi war.

    Den Pfad hatte clasjaz mir auch schon gewiesen – und da bin ich gerade, nachdem ich mir Weissenstein mit Tschaikowskis erstem Konzert (Orchestre de Paris unter Karajan, 1970) angehört habe, jetzt Rachmaninoffs zweites (Berliner unter Karajan, 1972). Sehr toll!

    Hast Du diese Dinge eigentlich auch auf Vinyl? Bei mir ist’s diese Box, durch die ich meinen Pfad suche:

    Ich muss Weissenbergs Konzerte (das dritte gibt’s mit Bernstein und dem Orchestre National de France von 1979) mal mit Ashkenazy (Concergebouw/Prévin) gegenhören.

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    #8420173  | PERMALINK

    katharsis

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    Klassische Musik habe ich vereinzelt auf Vinyl, das Gros allerdings auf CD. Wie bereits gesagt, hier bin ich seltsamerweise wesentlich klangaffiner.

    Mit den Weissenberg / Karajan-Aufnahmen habe ich so meine Probleme. Teilweise mutet mir es in etwa so an, als dass Weissenberg und Karajan gegeneinander antreten und jeder den anderen zu übertrumpfen versucht. Weissenberg ist dabei voll in seinem Element, kraftvoll, zupackend und doch mit der gewissen Flinkheit, die man für Rachmaninow braucht. Karajan dagegen nimmt mir Rachmaninow an vielen Stellen zu plump, mit viel zu viel Fahrt, ohne die feinen Nuancen zur Gänze herauszuarbeiten. Das ist vielleicht auch ein Problem der Berliner, die einen gewaltigen Orchesterappart haben und damit die symphonische Dimension, die vor allem das zweite Konzert hat, stark herausspielen, ihnen dabei etwas der Witz fehlt. Das Adagio ist dann von berührender Klarheit und Herzlichkeit, das gefällt mir wieder sehr gut.

    Das Dritte gibt es auch in einer Einspielung mit dem exzellenten Chicago Symphony Orchestra und George Prétre. Gerade hier wird allerdings immer Martha Argerich empfohlen, habe ich aber noch nicht gehört.

    Meine Lieblingsaufnahmen stammen von Earl Wild zusammen mit Jasha Horenstein und dem RPO. Gerade Horenstein holt unglaublich viel aus der Partitur heraus. Durchaus etwas getragen, dabei aber sehr nuancenreich und an den richtigen Stellen zieht er gehörig an, ohne die Tempi zu verschleppen. Der Streicherklang ist butterweich und die Bläsersätze sind nicht so verwischt, wie das gerne mal passiert. Horenstein weidet sich sichtlich im Schönklang, ohne dass dieser glatt oder pauschal gerät (immerhin ist es das Royal Philharmonic Orchestra ;)) und Wild schwelgt in den Tönen, zeigt dann aber wieder absolut klare, messerscharfe Linien. Diese Dynamik gefällt mir jedesmal wieder ausnehmend gut.

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8420175  | PERMALINK

    yellowsubmarine

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    gypsy tail windBrahm’s 1. Klavierkonzert in d-moll op. 15

    Alexis Weissenberg mit dem London Symphony Orchestra unter Carlo Maria Giulini 1972 – und heute ist der Tag dafür. Sehr toll, wie Weissenberg spielt, auf die Essenz reduziert und doch sehr vielschichtig. Das Orchester zieht mit, das Klavier verzahnt sich mit ihm, verschmilzt, schwingt sich im nächten Augenblick ohne grosse Geste wieder über das Orchester hinaus.

    eines meiner absoluten Lieblingswerke!

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    "Don ́t sit down cause i ́ve moved your chair" (Artic Monkeys)
    #8420177  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Danke für Deine Ausführungen zu Rachmaninoff, katharsis! Das liest sich sehr interessant, ist weil ich mir ja erst langsam einen Weg bahne natürlich erst recht spannend.
    Für den Moment bin ich jedoch versorgt, mit folgenden Aufnahmen:

    – Ashkenazy/Concertgebouw/Prévin: 1.-4. Konzert
    – Gilels/Orch. de la Société des Concerts du Conservatoire/Cluytens: 3. Konzert
    – Horowitz/NY Philharmonic/Ormandy: 3. Konzert
    – Vásáry/London Symphony/Ahronovich: 2. & 3. Konzert
    – Weissenberg/Berliner/Karajan: 2. Konzert
    – Weissenberg/Orch. National de France/Bernstein: 3. Konzert

    An Gilels habe ich mich noch gar nicht gemacht bisher (auch eine ICON-Box, zur Hälfte mit Beethoven-Konzerten gefüllt, alle in zwei Versionen, integral mit Szell und dem Cleveland Orchestra) und die Ashkenazy-Einspielungen kenne ich auch noch nicht (bzw. hab sie vor 20 Jahren zuletzt gehört).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8420179  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Weiter geht’s mit Prokofievs drittem Klavierkonzert (Orchestre de Paris, Seiji Ozawa, 1970) – eindrücklich! Dann Gershwins liebe „Rhapsody in Blue“ (Ozawa und die Berliner, 1983 – passt! Hab das Ding seit vielen Jahren nicht mehr gehört, und egal was für ein Zwitter es sein mag, es gefällt mir halt doch), und gerade Ravels Klavierkonzert in G – auch das sehr schön.
    Prokofiev wohl neben Brahms‘ 1. um Rachmaninovs 2. das grosse Hörerlebnis von heute.

    Und jetzt der Wechsel zu Weissenberg solo, die zweite Hälfte von CD6 enthält Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ – Weissenberg spielt con brio.

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    katharsisDas will ich gerne tun. Schmäh ist ja nicht nur – woran Du vielleicht gedacht hast – eine Art leichten wienerischen Humors. Ich verstehe darunter einen durchaus lasziven, auch morbiden Humor, der insbesondere den späten Sonaten gut ansteht. (Wohlgemerkt galt meine obigen Empfehlung den Moments Musicaux, nicht Schubert im Allgemeinen!)

    Danke, katharsis! Tatsächlich hatte ich eher an die erste Facette des Schmähs gedacht, wohl auch, weil selbst die andere mir bei Schubert nicht weit genug geht. Der morbide Humor – gerade in den späteren Werken von Schubert finde ich ihn nicht oder suche vielmehr Aufnahmen, in denen er nicht zu finden ist. Das ist mir für diese Musik eine nicht ganz passende Auflösung, eine Dualität, zwei Seiten, die bei Schubert zuletzt nicht mehr einander gegenüberstehen. Oder so: Gerade auch die Geste des morbiden Humors höre ich in der Musik nicht. Aber das liegt eindeutig bei mir an Schnabel und, wenn wir schon beim Tod sind, an der „Winterreise“. Nicht, dass ich da Entscheidungen zum Morbiden wollte, die wieder nur Gesten wären. Ich glaube, ich störe mich gerade nur an der Beistellung des Humors. Das ist kein Humor, jedenfalls keiner aus Wien.

    Meinen Faux-pas mit der Rede von den Klaviersonaten, obwohl Du von den „Moments Musicaux“ gesprochen hast, hatte ich dann noch gemerkt, aber es war mir zu spät, das noch zu ändern. Es ist ja wirklich so, dass man nicht einen Interpreten für jedes Werk oder jeden Komponisten wie mit der Rasiermaschine loben oder verdammen kann, da kommt es immer auf die Einzelheiten an und man muss immer wieder nachhören.

    katharsisIch finde, dass Brendel Schubert mit dem nötigen Ernst nimmt und sehr an der immanenten Dynamik feilt und doch hinterlistig und sehr bildreich intoniert.

    Von Brendel habe ich überhaupt nichts hier, obwohl oft gehört, da musste ich mir jetzt mal mit youtube aushelfen. Wir hören den völlig anders, ich möchte Nerven im Finger, das konnte ich bei den Schubert-Sachen da im Tollhaus leider wieder nicht hören. Das Einzige, was mir von Brendel wirklich nah ging, waren die Mozart-Konzerte mit Colin Davis, aber gerade in diesen Sachen, Schubert, Beethoven, Liszt, zu schweigen von Bach, staune ich nur über die Bewunderung seines Spiels. Das kann aber auch darin liegen, dass ich diesen Eindruck, er hätte ständig zwei Finger auf einer Taste, nicht loswerde. Das ist mir zu dick aufgetragen, mit nicht begründeten Linien. Aber die „Moments Musicaux“ von ihm kenne ich nicht, da mag es also anders sein.

    katharsisMit Schubert insgesamt konnte ich mich allerdings noch nicht gänzlich anfreunden, das sind mir teilweise zuviel Noten, zuviel Länge; dann wieder absolut läppische Stücke und daneben tiefgründig-schwarze Werke. Dementsprechend kenne ich viel zu wenig Aufnahmen. Maurizio Pollini, Murray Perahia bspw. sollen alle sehr gut sein. Und Rudolf Serkin natürlich.

    Das sind nicht viele Noten, nur viele Akkorde, zumindest in der Klaviermusik. Rachmaninow dürfte da etwas ausführlicher sein. Pollini wird ja immer gefeiert, mir hat er zumindest in den erhältlichen Aufnahmen noch kein Werk „erschlossen“, nicht einmal bei Schönberg, nicht bei Schubert, nicht bei Chopin, nicht bei Beethoven. Perahias Schubert kenne ich nicht. Serkin hingegen – den ich nur mit Busch bei Schubert kenne – sollte ins Haus, hat er tatsächlich das Klavierwerk eingespielt?

    katharsisViele Pianisten versuchen, die letzten Sonaten geradezu orchestral aufzublähen. Das ist natürlich legitim, ist aber doch oft reichlich künstlich und verstellt den Blick auf die kleinen Intimitäten der Musik.
    Ich finde, Dalberto trifft genau diesen Nerv (ohne die Musik freilich zu salopp zu nehmen) und vereinfacht Schubert. Das fand ich sehr interessant.

    Deinen Verweis auf Schnabels Herangehensweise musst Du mir bitte noch etwas erklären. Ich kenne seine Deutung nicht.

    Zu den Orchester-Interpreten gehört wahrscheinlich gerade Richter, ich habe das heute noch einmal gehört und konnte nicht viel mit ihm anfangen – wie so oft. Er spielt den ersten Satz der B-dur-Sonate unglaublich langsam und das hat er auch noch live nach zwanzig Jahren gemacht. Was ich daran verstehen kann, ist, den Tremor zu katapultieren (die Triller aufzulösen); um das zu tun, wie er es macht, muss das Tempo insgesamt langsam werden, aber das passt mir heute auch nicht mehr. Hier. (Aber halte, wenn Du Lust hast, bis Minute 7 durch.)

    Schnabel ist der Andere – er hat nicht einmal die Geste des Abwerfens der Gesten, das meinte ich – und es scheint, dass Dalberto eine Art Schüler sei. Auch seine Schubert-Aufnahmen konnte ich nicht nachhören, weil ich sie nicht hier habe, aber ich glaube, Du solltest einfach den Schnabel besorgen, wirklich. Der spielt das, von dem Du schreibst.

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    #8420183  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ich verfolge Eure Schubert-Diskussion mit Interesse – wollte ich schon längst sagen! Aber mitreden kann ich nicht, dazu kenne ich mich noch viel zu wenig gut aus.

    Es läuft grad wieder Weissenbergs Bach, die siebente CD aus der ICON-Box, ich hab sie schon am Nachmittag gehört, war aber abgelenkt. Da sind nur kleinere Dinge zu hören, darunter eine grandiose Einspielung von Busonis Transkription von „Nun komm, der Helden Heiland“, Liszts Transkription von Präludium und Fuge in a moll BWV 543, die Toccata und Fuge in d moll BWV 565 … und am Ende noch die Chromatische Fantasie und Fuge BWV 903 sowie das Italienische Konzert in F BWV 971. Sehr tolle CD – macht auf jeden Fall Lust auf mehr Bach von Weissenberg!

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    gypsy-tail-wind
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    Beethovens zehnte Violinensonate, zuerst Heifetz mit Brooks Smith, dann Stern mit Istomin, zuletzt noch Francescatti mit Casadesus.

    Und jetzt noch Menuhin mit der „Chaconne“ aus Bachs zweiter Partita.

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    Weissenberg mit Mozarts 9. und 21. Klavierkonzert (mit den Wienern unter Giulini) – sehr, sehr schön!
    Da ist wieder Weissenbergs unglaubliche Präzision, der feine Ton, da wird mit Nadelstichen gearbeitet, meinetwegen mit dem Florett gefochten, niemals mit dem Hammer oder dem Zweihänder – und doch hat das einen grossen Drive, ist von enormer Klarheit.

    Mozart wird dann auch mal eine Riesenbaustelle, aber das muss noch etwas warten.

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