Horace Tapscott – The Dark Tree (Sommer/Herbst 2009)

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  • #63947  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

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    Das Schweizer Label HatHut veröffentlicht seit 1975 Free Jazz und Neue Musik. Gründer Werner X. Uehlinger wollte ursprünglich vor allem die Musik von Joe McPhee einem breiteren Publikum zugänglich machen. Inzwischen sind 34 Jahre vergangen und HatHut hat sich zu einem der maßgeblichen Label für modernen Jazz gemausert, das zahlreiche Alben von Anthony Braxton, Steve Lacy und Cecil Taylor (um nur einige zu nennen) veröffentlicht hat und zwar in der Regel in einer Auflage von 3000 Stück!

    Eine der bekanntesten und gesuchtesten Veröffentlichungen des Labels ist allerdings „The Dark Tree“, ein 2-CD Set, das 1990 zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Seitdem gab es ein Reissue, das ebenfalls ausverkauft ist. Die CDs erzielen – wenn sie mal bei Ebay auftauchen, was selten vorkommt – enorme Preise, in den USA in der Regel über 100$. Jetzt hat HatHut angekündigt, dass im Sommer bzw. Herbst dieses Jahres weitere Exemplare veröffentlicht werden. Meine Freude darüber ist immens.

    Horace Tapscott, 1934 in Houston geboren und 1999 in LA gestorben, war ein vornehmlich in LA residierender Jazz-Pianist und Komponist. Bereits 1961 gründete er das Pan-African Peoples Orchestra, das bis in die 1990er Jahre bestand. Tapscott war ebenso sehr Aktivist für die Sache der Afro-Amerikaner wie Musiker. Das hat dazu geführt, dass die Zahl seiner (häufig schwer erhältlichen) Veröffentlichungen begrenzt und sein Bekanntheitgrad gering ist. Glücklicherweise war er den Machern des Penguin Guide To Jazz nicht entgangen, wo „The Dark Tree“ mit einer verdienten „Crown“ ausgezeichnet wurde.

    „The Dark Tree“ wurde im Dezember 1989 im „Catalina Bar & Grill, Hollywood“ aufgenommen, wie das Booklet verrät. Außer Tapscott (Klavier) waren John Carter (Klarinette), Cecil McBee (Bass) und Andrew Cyrille (Drums) beteiligt. Allein diese Namen sollten genügen, um die Aufmerksamkeit eines jeden Freejazzliebhabers zu gewinnen.

    Das Album ist ein absolutes Meisterwerk, meiner Ansicht nach eines der besten Jazzalben überhaupt. Neben der fantastischen Rhythmussektion und Tapscott selbst begeistert mich vor allem der Klarinettist John Carter. Ich bin generell ein großer Fan von Holzbläsern und Carter übertrifft auf diesem Album alle anderen mir bekannten Klarinettisten einschließlich Eric Dolphy. In gewisser Hinsicht ist ebenso sehr Carters wie Tapscotts Album.

    Die Musik ist selbstverständlich frei, aber sie ist so weit von „Lärm“ entfernt, wie Freejazz nur sein kann. Carter und Tapscott sind keine setzten Dissonanzen auf eine fast elegante und keineswegs brachiale Weise ein. Tapscott ist kein melodischer oder gar, sondern ein stark rhythmischer Klavierspieler, der Carter die Melodieführung auf „The Dark Tree“ weitgehend überlässt. Im Hintergrund gestalten Tapscott, McBee und Cyrille die komplexe, aber stets logische, ja sogar eingängige Rhythmik der Musik. Letztens fragte Declan McManus nach einem Einstiegsalbum für den Free Jazz und kramer verwies zu Recht auf die hohe Emotionalität und Individualität des Free Jazz, die eine solche Auswahl erschwert. Aber dennoch, wer ein solches Einstiegsalbum sucht, der ist mit „The Dark Tree“ vielleicht gar nicht schlecht beraten.

    Kein Vinyl – weder damals noch heute (soweit ich weiß).

    http://www.hathut.com/home.html

    PS: Eine aktuelle Auktion, die Bieter dürften nicht wissen, dass es bald ein Reissue gibt:
    http://cgi.ebay.com/Horace-Tapscott-The-Dark-Tree-1-2-CD-2-Discs_W0QQitemZ200366612611QQcmdZViewItemQQptZMusic_CDs?hash=item2ea6c7e083&_trksid=p3286.c0.m14
    Andere Tapscott-Alben sind nicht billiger:
    http://cgi.ebay.com/Horace-Tapscott-Giant-is-Awakened-VG-Flying-Dutchman_W0QQitemZ130319917426QQcmdZViewItemQQptZMusic_on_Vinyl?hash=item1e57ac2172&_trksid=p3286.c0.m14

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
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    #7215591  | PERMALINK

    flatted-fifth
    Moderator

    Registriert seit: 02.09.2003

    Beiträge: 6,027

    nail75Meine Freude darüber ist immens.

    Meine ebenfalls, danke für den Hinweis! Der ausführliche und gut geschriebene Artikel über Horace Tapscott in der Wax Poetics (Ausgabe #34, „The Jazz Issue“) hatte vor Monaten mein Interesse an ihm geweckt. Ich hatte mich zwar bisher nur auf die Suche nach Aufnahmen des Pan African People’s Arkestra begeben (bisher erfolglos), aber dieses Reissue kommt wie gerufen. Kennst Du Einspielungen vom Arkestra?

    --

    You can't fool the flat man!
    #7215593  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,710

    Nein, leider gar nichts.

    Danke für den Hinweis auf den Artikel, den habe ich wiederum nicht mitbekommen! :-)

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7215595  | PERMALINK

    enter-k

    Registriert seit: 29.03.2007

    Beiträge: 99

    auf der suche nach the dark tree bin ich auf einen schweizer mailorder gestoßen, welcher tatsächlich sämtliche hatology releases zwischen 60-90% (!) reduziert feilbietet. u.a. paul bleys 12 (+6) in a row für derzeit 4,14 euro, diverse braxton und ellery eskelin sachen fast ganz geschenkt.

    http://discplus.ch/index.asp?c=eur&main=http%3A//discplus.ch/search.asp%3Fsmod_skat1%3D4%26type%3Dsales%26inital%3D1%26nav%3D40

    selbst für cd-verächter ein erlebnis.

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    grether's pastilles.
    #7215597  | PERMALINK

    tarkus

    Registriert seit: 14.01.2003

    Beiträge: 1,931

    DARK TREE ist übrigen auch über http://www.jpc.de/jpcng/jazz/detail/-/art/Horace-Tapscott-The-Dark-Tree/hnum/4090095 lieferbar. Preis derzeit 29.95 EUR, aber dafür an diesem WE versandkostenfrei und ohne Zollproblematik.

    BTW, kennt jemand überhaupt DISCPLUS und hat Erfahrungswerte ?

    --

    #7215599  | PERMALINK

    tarkus

    Registriert seit: 14.01.2003

    Beiträge: 1,931

    enter k… sämtliche hatology releases zwischen 60-90% (!) reduziert feilbietet. u.a. paul bleys 12 (+6) in a row für derzeit 4,14 euro, diverse braxton und ellery eskelin sachen fast ganz geschenkt …

    Angesichts dieser Preise … kannst Du noch weiteres aus den Angeboten spezifiziert empfehlen ?

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    #7215601  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,710

    Danke für den Hinweis, enter k. Discplus war mir bis eben unbekannt. :-)

    @tarkus: Das ist alles FreeJazz, das weißt Du oder? Für diesen Preis ist Cecil Taylors – One Too Many Salty Swift unschlagbar. Weitere Empfehlungen:

    Mat Maneri – So What
    Jon Lloyd – Four And Five
    Mike Westbrook – On Duke’s Birthday
    Joe McPhee – Survival Unit II with Clifford Thornton
    Joe McPhee – Oleo
    Theo Jörgensmann – Pagina Gialle

    Die Alben von David Liebman und Richard Grossman sind auch sehr gut.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7215603  | PERMALINK

    tarkus

    Registriert seit: 14.01.2003

    Beiträge: 1,931

    @ nail75: danke, auch für die „Warnung“ ;-)

    Kollege hat zugeschlagen – der wollte die Preise nicht glauben – u.a. vom HATALOGY Label:

    GREGORIO Guillermo – Background Music
    COPLAND Marc – Time Within Time
    ZORN John – Cobra : Studio Version, Live Version
    ERIKM – Complementary Contrasts Donaueschinen 2003
    EFZEG – Krom

    Da sind sage und schreibe 14.01 EUR für p&p auch noch zu verkraften …

    --

    #7215605  | PERMALINK

    enter-k

    Registriert seit: 29.03.2007

    Beiträge: 99

    TARKUSAngesichts dieser Preise … kannst Du noch weiteres aus den Angeboten spezifiziert empfehlen ?

    die von nail75 erwähnten cecil taylor und joe mcphee veröffentlichungen sind allesamt wunderbar.

    zudem:
    polwechsel – archives of the north (u.a. mit john butcher)
    ellery eskelin / andrea parkins kollaborationen
    steve lantner – what you can throw

    das paul bley teil ist zwischenzeitlich unter 3 euro erhältlich :-)

    ‚originale neuware‘ wird das schon sein, nicht?

    --

    grether's pastilles.
    #7215607  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,710

    Das scheint mir der augenblicklich günstigste Anbieter der CDs zu sein:
    http://www.amazon.co.uk/Dark-Tree-Horace-Tapscott/dp/B002HNA9H2/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=music&qid=1252164804&sr=8-1

    Ich habe mein Exemplar bereits und bin glücklich, dass ich nun endlich diese wunderbare Musik komplett in offizieller Form besitze. :sonne:

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7215609  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,468

    danke! sollte sie mir echt bald kaufen, weiß nicht wann ich dsa letzte mal so auf ein reissue hingefiebert hab… bis jetzt war alles was ich von carter und tapscott gehört hab super…

    einiges mehr von tapscott (nämlich die sachen aus nimbus west…) kann man übrigens direkt beim label bestellen
    http://www.nimbuswest.com/
    und bei lastfm anhören…

    --

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    #7215611  | PERMALINK

    sandhead

    Registriert seit: 25.04.2006

    Beiträge: 2,971

    nail75Ich bin sehr gespannt, wie Dir dieses Album gefällt. Schreib doch mal etwas dazu bei Gelegenheit. :-)

    So, ich konnte nicht sofort antworten, weil ich beim ersten Hören eine herbe Ernüchterung erlebte, die auch das am gleichen Tag gehörte William-Parker-Album betraf. Die Musik erschien mir langweilig und nichtssagend. Nach dem letzten Ausflug in Pop-Gefilde habe ich tatsächlich einige Zeit gebraucht, mich wieder auf Jazz einzustimmen; jetzt geht es wieder :muede:

    „The Dark Tree“ gefällt mir sehr gut. Ich stimme Dir auch zu, daß es (neben vielen anderen) ein geeignetes Einstiegsalbum in den Free Jazz ist, da selbst ein befangener Hörer hier keinen Krach heraushören dürfte, sondern nur Musik. Die Klarinette ist ja Schönklang pur, allerdings liegt hier vielleicht auch der Grund, warum das Album für mich nicht ganz an die besten Jazz-Alben heranreicht. Sie wirkt auf mich eher verspielt anstatt expressiv. Ich habe allerdings kaum Vergleichsmöglichkeiten und weiß daher nicht, wie das Klarinettenspiel auf diesem Album im Vergleich zu anderen Beiträgen John Carters oder im Jazz überhaupt einzuordnen, und was hier möglich ist. (Welche Platten von/mit John Carter kannst Du empfehlen? Welches sind Deine liebsten Jazz-Alben mit Klarinette?)

    Trotz dieser kleinen, eher vagen, vielleicht auch nur eingebildeten Einschränkung ist es aber ein sehr schönes Album, welches, obwohl mir die Bläser immer am wichtigsten sind, auch durch die Rhythmus-Sektion begeistern kann, wenn sie für sich spielt.

    Danke also für den Tip, ich nehme diesen als weiteren Wegweiser in den Free Jazz erfreut auf.

    (EDIT: Nix gegen Schönklang!)

    --

    #7215613  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,468

    mein senf…

    leider ist vieles von john carter schwer zu kriegen… eine cd, die ich dir aber definitiv empfehlen würde ist seeking des john carter/bobby bradford quartets, auch auf hatology… erstens weil das überhaupt ein super album ist, zweitens weil es als wegweiser in den freejazz durchaus geeignet ist (free jazz mit einer soliden bebop basis würd ich sagen), drittens weil carter dort neben klarinette auch altsaxophon, tenorsaxophon und flöte spielt (immer eins pro stück, wenn ich mich richtig erinnere)… und nachdem ich das album gehört hab, fand ich es eigentlich ziemlich schlüssig, dass klarinette für carter das richtige instrument…

    ich mag klarinette sehr gerne, wirklich, hab aber im jazz nur selten etwas gehört, was mich restlos überzeugt hätte (bassklarinette ist ein anderes thema); ein album, das gleichzeitig wegweiser in den free jazz ist, mich vom konzept überzeugt hat und sehr klarinettenlastig ist „the call“ von henry grimes (trio mit klarinette (perry robinson), bass und schlagzeug)… bezeichnenderweise ist kommt das nicht soo stark aus einer jazzklarinettentradition heraus, folk und klassik einflüsse kann man auch hören, wenn man mag (kann man hier antesten)

    wie gesagt, mir gefällt klarinette im jazz dann am meisten, wenn sie sich nur lose an der jazz tradition orientiert… claudio puntin ist super, zum beispiel ylir auf ecm (duett klarinette/bratsche), frei improvisiert, denk ich, aber hat wenig mit free jazz zu tun, mehr mit kammermusik und folkore… (amazon hat sound clips, aber die sind zu kurz…)

    mein liebstes einzelnes stück mit klarinette ist das eine stück auf the quest von mal waldron, auf dem eric dolphy klarinette spielt… schade, dass er das nicht mehr gemacht hat… (mit dem album kann man auch sonst nicht viel falsch machen…)

    ach, noch wer, der super ist: louis sclavis, zB im trio mit henri texier und aldo romano „carnet des routes“

    --

    .
    #7215615  | PERMALINK

    sandhead

    Registriert seit: 25.04.2006

    Beiträge: 2,971

    Danke für die Empfehlungen, redbeansandrice.

    --

    #7215617  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,468

    SandheadDanke für die Empfehlungen, redbeansandrice.

    ich hör jetzt auf deinen anstoss hin napoli’s walls von sclavis… da kann man schöne klarinette hören, und ohne free jazz wär die musik kaum denkbar… aber berührungsängste zu klassik/soundtracks/elektronik/was-auch-immer darf man nicht haben… auch nicht rundum gelungen, vielleicht, aber definitiv interessant
    ______________
    hier sind noch samples von carnet des routes… viel bassklarinette, aber ich find auch auf 30 sekunden kommt schon was rüber… (allerdings, wem dark tree zu seicht ist… schwierig… ich würd sagen im vergleich zu carter ist die klarinette vielleicht weniger seicht, die grooves sind dafür um so seichter :-) )
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    ein letztes beispiel für überzeugend eingesetzte klarinette: hal willner’s mingus projekt „weird nightmare“… don byron’s eigene sachen haben mich nie restlos überzeugt (konzeptalben mit blöden konzepten, kurz gesagt) aber hier passt er echt toll (und es gibt dutzende von mehr oder weniger interessanten gästen, charlie watts, elvis costello, bill frisell, henry threadgill… byron ist teil der „hausband“)

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