Bob Dylan & Mark Knopfler – Tour Herbst 2011

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  • #8178949  | PERMALINK

    werner
    Gesperrt

    Registriert seit: 05.05.2008

    Beiträge: 4,694

    j.w.4 x nö.
    @ nail:
    Die Budokan-Platte finde ich auch das schwächste Livealbum von Dylan. Dagegen ist Paris ’78 ein viel besserer Mitschnitt dieser Tour.
    .

    Ich finde die Budokan absolut toll – auch wenn ich da gegen die herrschende Meinung verstoße. Ich halte seine damalige Band für musikalisch herausragend (die spätere Alpha-Band, die ich auch sehr mag/mochte) und auch die Arrangements gefallen mir.
    Das hat, zugegebenermaßen, sicher auch damit zu tun, dass ich die Band in der Besetzung in Nürnberg sah (einschl. einem kleinen support durch Eric Clapton). Aber wer Forever Young damals gehört hat und dazu das Feuerwerk in den Himmel steigen sah – der KANN die Platte nur lieben.

    --

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    #8178951  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    wernerIch finde die Budokan absolut toll – auch wenn ich da gegen die herrschende Meinung verstoße.

    Gegen eine Meinung kann man nicht verstoßen.

    Budokan hat auch unter den Anhängern der 1978er-Tour einen miesen Ruf, weil es zu Beginn der Tour aufgenommen wurde und vieles schlichtweg noch nicht funktioniere. Die Aufnahmen aus Charlotte gelten gemeinhin als toll, ich halte die allesamt für gleichermaßen misslungen.

    Street Legal als Platte mag ich hingegen sehr gerne, auch wenn es leider keine befriedigende Version des Albums gibt.

    Bei den Gospel-Alben ist es genau umgekehrt. Die Studioplatten sind okay bis grauenhaft – die Liveaufnahmen sensationell.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #8178953  | PERMALINK

    j-w
    Moderator
    maximum rhythm & blues

    Registriert seit: 09.07.2002

    Beiträge: 40,481

    nail75Bei den Gospel-Alben ist es genau umgekehrt. Die Studioplatten sind okay bis grauenhaft – die Liveaufnahmen sensationell.

    Sehe ich auch so.

    @ werner:
    Kann ich gut nachvollziehen – habe auch schon von vielen gehört, dass das Konzert in Nürnberg damals toll war. Ich finde Budokan auch nicht grottenschlecht, aber halt gemessen an anderen Dylan-Livedokumenten schwach. Wobei natürlich Dylan and the Dead das schwächste Livealbum ist und auch Real Live nicht so groß ist. Wobei es mir mit Real Live so geht, dass das meine erste Dylantour war und die Platte deshalb bei mir einen kleinen Bonus hat. Was ich auf Budokan wirklich mag ist Shelter from the storm, Like a rolling stone, The times are a-changing und auch All I really want to do finde ich ganz gelungen so.

    --

    Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue
    #8178955  | PERMALINK

    peterjoshua

    Registriert seit: 16.07.2002

    Beiträge: 864

    ClauNö, für die 2. Klasse reicht das noch lange nicht, das ist Äonen davon entfernt.

    clau — ich bewundere dich für deinen klamottengeschmack, aber dein geschmackstotalitarismus ist mitunter zum, pardon, kotzen.

    --

    rock 'n' roll..., deal with it!
    #8178957  | PERMALINK

    skydog

    Registriert seit: 22.08.2008

    Beiträge: 2,788

    wernerIch finde die Budokan absolut toll …

    Hey, unbelievable … wir haben mal was gemeinsam! :wave:

    Mein Lieblingstrack auf der Budokan ist „Love Minus Zero / No Limit“

    --

    ***Is it me for a moment, the stars are falling The heat is rising, the past is calling***
    #8178959  | PERMALINK

    werner
    Gesperrt

    Registriert seit: 05.05.2008

    Beiträge: 4,694

    SkydogHey, unbelievable … wir haben mal was gemeinsam! :wave:

    Mein Lieblingstrack auf der Budokan ist „Love Minus Zero / No Limit“

    Gefällt mir auch gut. Und gleich danach ein wunderbares Gitarren-Intro zu „Thin Man.“

    --

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    #8178961  | PERMALINK

    speed-turtle

    Registriert seit: 23.03.2011

    Beiträge: 190

    Um mal irgendwie zum Thema zurück zu kommen:
    Richtig grimmig hat es ja ein Kritiker nach dem Berlin-Konzert auf den Punkt gebracht, der schon an Knopflers Spielweise kein gutes Haar lässt und von „weichlichem Herumgedaddel auf sehr teuren Gitarren mit viel zu viel Hall und viel zu wenig musikalischen Ideen“ spricht:

    http://www.berliner-zeitung.de/musik/bob-dylan-und-mark-knopfler-in-berlin-desolation-wuff,10809182,11079578,item,0.html

    Wenn man die garstige Polemik mal rausfiltert, bleibt als halbwegs sachlicher Kern der Kritik doch immerhin das hier:

    „Unentwegt zitieren seine [Knopflers] Songs historische Stile, vom amerikanischen Blues bis zum britischen Folk – aber sie haben keine Geschichte; es gibt kein Risiko, keinen Wagemut, keine Leidenschaft, kein Begehren. […] Das ist bei Bob Dylan natürlich nicht der Fall: Bei ihm ist alles historisch – aber eben nicht historistisch. Im direkten Kontrast zu Knopflers vollversiegelten Soundoberflächen wirkte seine Musik im Konzert noch offener und rauher, noch wandlungsfähiger und am stetigen Wandel interessierter. […]
    Wie ein Haufen junger Wilder stürmten Dylan und die Band immer weiter voran, bis sie im Finale – „Like A Rolling Stone“ – endgültig dort ankamen, wo jemand wie Mark Knopfler noch niemals gewesen ist: im Offenen, in der Unabgeschlossenheit der Geschichte. No direction home.“

    Das ist natürlich eine Gegend, wo sich nicht jeder gleichermaßen wohlfühlt, besonders, wenn er viel Geld ausgegeben hat, und einfach mal einen „schönen Abend“ zu erleben. Hier fiel irgendwo das Stichwort „Unterhaltung“ als Aufgabe der Popmusik. Aber das ist wie in jeder anderen Kunst: Der Eine fühlt sich gut unterhalten, wenn er einfach mal „abschalten“ und sich bedienen lassen kann, der Andere langweilt sich, wenn er nicht auch ein bisschen selbst gefordert ist und erst dadurch den gewissen Kick bekommt.
    Dem echten Künstler muss das egal sein, der muss kompromisslos seinen Weg gehen, und im besten Fall wird er dann auch Kundschaft finden, die ihm dabei folgt. Wenn diese Kundschaft daraus dann irgendwelche Ansprüche ableitet, darf das nicht sein Problem sein, wenn er nicht zum bloß noch reproduzierenden Dienstleister werden will.
    Weil aber auch Künstler ökonomischen Zwängen unterliegen, weil es ein „Business“ gibt, in dem sie bestehen müssen, um zu überleben, ist Kunst zum Gewerbe verkommen, in dem der zahlende Kunde auf einer Lieferung besteht, die seinen Erwartungen gerecht wird. Und dann trifft er auf einen wie Dylan, den personifizierten Gegenentwurf dazu. Jemanden, der seine Songs jeden Abend vor Publikum am offenen Herzen operiert – auf einem Seil tanzend! Eine variable Sterblichkeitsrate bei den „Patienten“ ist dabei nie ganz auszuschließen, aber die, die dafür dann um so kraftvoller und strahlender denn je vom Tisch springen, in den vielbeschworenen „Sternstunden“, sind für einen geringeren Preis einfach nicht zu haben.
    Das unterscheidet den reproduzierenden Künstler vom „Performing Artist“, dahinter steht ein ganz anderes Rollenverständnis, das natürlich – um den Punkt aus der bisherigen Debatte auch noch aufzugreifen – viel mit Interaktion zu tun hat, und zwar nicht nur auf der Bühne, sondern vor allem zwischen Bühne und Publikum, das wird jeder, der sich mit Improvisation beschäftigt, ob Jazzer oder Theatersportler, sofort bestätigen. Das passiert nicht unbedingt bewusst und bedarf schon gar keines verbalen Austauschs, ist aber für das Ge- oder Misslingen eines Abends von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
    Diese Art von nicht nur als „live“ behaupteter, sonder echter Lebendigkeit in einer Zeit, wo Drummer inzwischen fast schon standardmäßig „Click-tracks“ auf die „In-ears“ gespielt bekommen, damit jeder Titel an jedem Abend das exakt gleiche Tempo hat, ist ein ganz entscheidender Grund, warum es außer Bob Dylan niemanden gibt, von dem ich seit jetzt bald einem Vierteljahrhundert noch kein einziges seiner zahlreichen Konzerte in meiner Stadt versäumt habe.

    --

    Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)
    #8178963  | PERMALINK

    werner
    Gesperrt

    Registriert seit: 05.05.2008

    Beiträge: 4,694

    Wie sich alle an Dylan verkünsteln. Der kritiker kommt vom historischen zum historistischen, nur um Knopfler vom „performing artist“ Dylan abzugrenzen.
    Mal ganz nebenbei: Ich nehme Knopfler voll ab, dass er das, was er macht, mit Herzblut macht. Sonst hätte er ja mit Dire Straits damals noch ein paar Trilliarden mehr verdienen können. Man m,uss das ja nicht mögen, bzw man darf dabei ja auch einschlafen.
    Und Speed Turtle sollte nicht so tun, als bekämen die Dylan-Fans nicht ebenso genau das, was sie erwarten (analog zu denen, denen er Kunstgewerbe vorwirft): Nämlich die Zerschlagung von Stücken und Neuinterpretation (oder wie man das auch nennen will).
    Aber auf Begriffe wie „Operation am offenen Herzen“ kann ich gerne verzichten, wenn wir uns hier über Popmusik unterhalten, auch wenn sie von Dylan kommt.
    Noch zu Interaktion: So gesehen ist alles Interaktion, auch die Verweigerung derselben ist, dialektisch gesprochen, ja Interaktion. Folglioch nbringt es wenmig, dies zur Erklärung bei Dylan heranzuziehen.

    --

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    #8178965  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Das hast Du exzellent beschrieben, SpeedTurtle (und der Kritiker der Berliner Zeitung auch). Bei Dylan passiert stets etwas aufregendes, man spürt das Risiko, den Wagemut, die Lebendigkeit. Wer Unterhaltung sucht, ist schlichtweg falsch, mit solchen Banalitäten hält Dylan sich nicht auf.

    Daher war ich auch von Knopfler sehr enttäuscht, nicht weil ich ihn nicht mag, im Gegenteil, ich mag die Dire Straits, aber er hat sich so sehr in der Hausfrauen/Mucker-Ecke eingerichtet, dass es wirklich nicht mehr schön ist. Alles wird zugekleistert mit Gimmicks. Von mir aus kann der Künstler auf der Bühne machen, was er will, aber ich will, dass er mir mehr gibt als Routine und Effekthascherei.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #8178967  | PERMALINK

    speed-turtle

    Registriert seit: 23.03.2011

    Beiträge: 190

    werner
    Und Speed Turtle sollte nicht so tun, als bekämen die Dylan-Fans nicht ebenso genau das, was sie erwarten (analog zu denen, denen er Kunstgewerbe vorwirft): Nämlich die Zerschlagung von Stücken und Neuinterpretation (oder wie man das auch nennen will).

    Tu ich doch gar nicht. Übrigens nenne ich das, wie schon geschrieben, „echte Lebendigkeit“, und habe auch darauf hingewiesen, dass ich(!) genau in „Erwartung“ derselben seit fast 25 Jahren regelmäßig in Dylan-Konzert gehe – und in der Regel nicht enttäuscht wurde. Die Anmaßung, für oder über DIE Dylan-Fans zu sprechen, überlasse ich gerne Anderen.

    Über bestimmte Begrifflichkeiten aus der Medizin lässt sich natürlich streiten, mir ist halt gerade kein besseres Bild eingefallen. Falls ich damit Gefühle verletzt habe, tut es mir leid.

    Zur Interaktion: Wenn der Vorwurf der Verweigerung erhoben wird, muss auch Widerspruch erlaubt sein. Wieviel das jeweils bringt, sei mal dahin gestellt.

    --

    Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)
    #8178969  | PERMALINK

    speed-turtle

    Registriert seit: 23.03.2011

    Beiträge: 190

    nail75
    Daher war ich auch von Knopfler sehr enttäuscht, nicht weil ich ihn nicht mag, im Gegenteil, ich mag die Dire Straits, aber er hat sich so sehr in der Hausfrauen/Mucker-Ecke eingerichtet, dass es wirklich nicht mehr schön ist. Alles wird zugekleistert mit Gimmicks. Von mir aus kann der Künstler auf der Bühne machen, was er will, aber ich will, dass er mir mehr gibt als Routine und Effekthascherei.

    Fand den verbalen Gewaltexzess gegen MK in dem Artikel jetzt auch ein bisschen unsportlich, der ist mir immer noch grundsätzlich sympathisch und hat eigentlich erst mit „Shangri-La“ angefangen, mich wirklich zu langweilen. Und dass er zum Gelingen einer überragenden Version von Dylans „Mississippi“ in Berlin nicht unwesentlich beigetragen hat, hätte man ruhig auch mal erwähnen können. Aber da musste er halt auch spontan sein, großartig geprobt dürften sie den Auftritt nicht haben, und prompt schlüpft ihm die Inspiration in die Finger, die zuvor so schmerzlich vermisst wurde.
    Q.e.d., würde ich sagen.

    --

    Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)
    #8178971  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    @otis

    zu Nürnberg: In der Bucht gehen momentan ganz brauchbare Karten (Mittelränge links der Bühne; also etwa die Höhe und der Winkel der Aufnahmen des Broadcasters von Hamburg..) für zum Teil unter 50 € weg.
    Ich selbst habe noch 1.Reihe-Karten, also direkt vor der Bühne, für den Originalpreis bekommen. :-)

    @all
    In Herning, Dänemark, gab es (bisher) mal wieder Mississippi und Things have changed mit Knopfler.
    Finde ich sehr schön. Knopflers Gitarre tut, zumindest diesen beiden Songs, sehr gut.

    --

    #8178973  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    Vielleicht doch noch zwei, drei Sätze zur „Gesangsdiskussion“:

    Für mich klingt Dylans Stimme auch 2011 (gar anarchisch) rauh und brüchig wie immer schon. (Die fast gejodelten Ausflüge unter Nashvilles Skyline, die ich sehr mag, mal weggelassen).
    Die Reservemunition in der Stimme, die Etappe, ist es, die mich gefangen nimmt beim zuhören: Das melancholische (ja, sentimentale) Schluchzen oft, ein weiches Subtimbre, der wütende Vortrag lieblicher Melodien und andersherum… Das macht für mich Dylans unverkennbare Stimme, seinen Gesangsvortrag, aus. Oft natürlich tagesformabhängig, wie bei jedem Künstler, aber grundsätzlich seine Art zu singen.
    Ich bin also nicht der Meinung, dass sich da in den letzten Jahren (stimmlich) so viel zum schlechteren geändert hat. Das „bellen“ und „jammern“ (wenn man es so nennen will) – schon immer Stilmittel Dylans.
    Ich liebe diese Art des Vortrages. Er ist ein Grund warum ich den Künstler so schätze (Neben den Lyrics und Melodien u.v.m.).

    Die ausserordentliche Spiellaune ist es, die Dylans 2011er Tour, in my opinion, so bemerkenswert macht. Seine Bühnenpräsenz, die Band, etc.
    Generell meine ich seit 2009 eine gesteigerte Power und Spiellust Dylans bei Konzerten festzustellen.

    Ach ja: Natürlich muss auch nicht jeder „Schrott“ von Bob Dylan kritiklos abgefeiert werden. Aber die Definition von „Schrott“ ist, vor allem in der Kunst, dann doch eine schwierige Angelegenheit.
    (Die Dylan Veröffentlichungen die ich nicht mag, dann mal bei Gelegenheit in einem passenden Thread).

    Allen „Nürnbergern“ viel Spaß am Montag. Let there be rock!

    --

    #8178975  | PERMALINK

    notdarkyet

    Registriert seit: 15.04.2011

    Beiträge: 701

    Auf die Gefahr hin zu nerven, doch noch eine musikalische Fussnote zum vorherigen Post:
    (Und weil die youtube-Aufpasser momentan in Urlaub sind…)

    Forever young – Last Waltz – 1976
    http://www.youtube.com/watch?v=CXe-OD58o9o&feature=related

    Forever young – Letterman – 1993
    http://www.youtube.com/watch?v=OaFV9FvrL0A&feature=related

    Forever young – Shanghai – 2011
    http://www.youtube.com/watch?v=cRVVfU40ZWE&feature=related

    Da sind jeweils so ca. 17 Jahre dazwischen.
    Interessant, zumindest für mich, diese drei Versionen mal zusammen, also hintereinander, zu hören. Natürlich singt er, der Dylan ;-)

    --

    #8178977  | PERMALINK

    speed-turtle

    Registriert seit: 23.03.2011

    Beiträge: 190

    notdarkyetVielleicht doch noch zwei, drei Sätze zur „Gesangsdiskussion“:

    Für mich klingt Dylans Stimme auch 2011 (gar anarchisch) rauh und brüchig wie immer schon. (Die fast gejodelten Ausflüge unter Nashvilles Skyline, die ich sehr mag, mal weggelassen).

    Da könnte man jetzt einwenden, dass gerade durch die „Nashville-Stimme“ seinerzeit ja erst offenkundig wurde, wie bewusst er sich seiner unterschiedlichen Register bediente, dass er jeweils genau so sang, wie er eben klingen wollte. Durch die überwiegende Festlegung auf das, was wir heute als DIE „Dylan-Stimme“ kennen, sind die untrainierten Bereiche außerhalb des ständig bedienten Spektrums allerdings mit der Zeit verkümmert, so dass der einst als Stilmittel gezielt kultivierte „rauhe und brüchige“ Klang irgendwann seiner tatsächlichen, „natürlichen“ Stimmverfassung entsprach. Dass die Risse und Klüfte sich mit den Jahren in zunehmender Geschwindigkeit vertiefen, gerade bei dermaßen intensiver Dauerbeanspruchung, ist dabei so folgerichtig wie unvermeidbar, darüber kann man doch gar nicht diskutieren, ohne Dylan zum anatomischen Wunder zu erklären. Für die Beurteilung seiner Performance ist das aber völlig irrelevant, und deshalb staune ich über den Raum, den das Thema in der Debatte einnimmt. Ein Streichquartett ist doch auch nicht zwangsläufig „schlechter“ als eine Sinfonie, nur weil weniger Instrumente dabei zum Einsatz kommen. Das glatte Gegenteil kann der Fall sein, wie auch der Autor folgender Zeilen erkannt hat:

    „How your head feels under somethin’ like that, under your brand new leopard-skin pill-box hat“, knurrt Bob schnodderig und schotterig. Seine Stimme, die inzwischen nur noch einen Tonumfang von einer halben Oktave haben dürfte, klingt gefühlvoller denn je, besser noch als vor ein paar Monaten bei einem umwerfenden Sommerkonzert im Hamburger Stadtpark.
    „It’s All Over Now, Baby Blue“, singt Bob überwältigend, mit tollem Phrasing, fast ohne Stimme, und drückt so viel Tiefe aus damit, so viel Seele, dass man heulen könnte.

    Exactly, und die Rezension, aus der das stammt, geht übrigens auch mit MK viel netter um als die letzte hier verlinkte:

    http://www.tagesspiegel.de/kultur/pop/bob-dylan-und-mark-knopfler-/5802108.html

    --

    Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)
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