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AutorBeiträge
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pinch
Mir gehts aber um die Etablierung von Ästhetik bzw. dem entsprechenden Finanzierungswillen von Inlandproduktionen und deren Standhaftigkeit, um Wagnisse jenseits seichten Terrains. Wenn da immer nur so ein Rummskino gefüttert werden soll, weil man nur davon zehrt, dann fehlt es am Ende ja immer an Risikobereitschaft, da nützen dann auch lukrative Deals mit Medienboards etc. nichts mehr. Am besten wäre hierzulande wohl so ein neues Oberhausener Manifest oder so ein Verbund wie „coop99“ in Österreich, der staatlich saniert und gefördert wird, aber da träum‘ ich mal weiter.Wir sind uns da wohl wenigstens einig, dass der Impuls für das Kino, das wir uns wünschen, von den Kreativen kommen muss. Und ich bin ziemlich zuversichtlich, dass das Rummskino dem nichts wegnimmt, das gab es immer schon in der einen oder anderen Form und das hat auch seine eigene Berechtigung. Und ich denke auch, dass man mit guten Ideen und plausiblen Konzepten auch jetzt schon die Finanzierung hinbekommt, das Geld ist da und alle Förderer wären froh, wenn sie mal wieder neben der Alltagsware etwas in den Wettbewerb von Cannes, Venedig oder Locarno schicken könnten. Es wird ja laufend genug wichtigtuerischer Quatsch mit viel Aufwand und für winziges Publikum gedreht, wo man nicht den Eindruck hat, dass da die Förderer sich groß zum Guten oder Schlechten eingemischt haben.
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WerbungWitek DlugoszOffenkundig bescheuert, aber unterhaltsam: Michael Moores „Where to Invade Next“
Gestern den Trailer gesehen. Ich hätte mal wieder Lust auf Michael Moore. Sein erster Film Roger & Me ist übrigens seine ernsthafteste und traurigste Dokumentation über seine Heimatstadt Flint, Michigan.
Richtig ärgerlich ist nur das Ende von „Where to Invade Next“. Da nämlich wird er dann doch noch ganz unironisch patriotisch. Denn ihm geht auf, dass die meisten der guten Ideen, die er nun mit nach Hause nimmt, ja eigentlich amerikanische Ideen sind, die nur dort nicht konsequent umgesetzt wurden. Jetzt müssen sie nur noch aus dem „amerikanischen Lost & Found“ abgeholt werden.
Das mag man als Deutscher bescheuert finden, aber in den USA sind die meisten Linken genauso Patrioten wie die Rechten. Sie glauben genauso an die Berufung Amerikas, seine Werte und seine Mission – und beklagen, dass diese in der Praxis nicht ausreichend zur Geltung kommen. In etwa wie: „Critics say that America is a lie because its reality falls so far short of its ideals. They are wrong. America is not a lie; it is a disappointment. But it can be a disappointment only because it is also a hope.“ Und diese Überzeugung ist bei Michael Moore in allen Filmen ganz stark.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Sonic JuiceWir sind uns da wohl wenigstens einig, dass der Impuls für das Kino, das wir uns wünschen, von den Kreativen kommen muss.
Gut, einigen wir uns darauf.
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,509
Napoleon DynamiteDer gestrige Höhepunkt war auch wie am Montag eine sehr intime Annäherung:
Rudolf Thome sitzt an der Restaurierung eines sehr alten, sehr schönen Filmes. Marquard Bohm und Iris Berben in einem Hotelzimmer. Bohm sagt: „Was ich dir mal zeigen muss, das ist der Starnberger See bei Nacht“. Schnitt: Die beiden stehen am Wasser, die Sonne leuchtet. „Das ist er, der Starnberger See bei Nacht.“ Humor und Melancholie, das ging bei Thome stets so leicht zusammen wie bei keinem anderen deutschen Filmemacher (und wenn man mich fragt: Es gab auch nie einen besseren). 29 wunderbare Filme entstanden so, größtenteils mit geringen bis nicht vorhandenen finanziellen Mitteln. Ein Dreißigster sollte nicht mehr folgen: 2014 wurde ein von Rudolf bei der Filmförderung eingereichtes Drehbuch abgelehnt. Gemeinsam mit seiner Tochter plante er daraufhin eine Crowdfunding-Kampagne, schrieb ein neues Drehbuch und stellte sich zuletzt doch dem Unvermeidlichen: Als er in einem Auto durch Berlin fährt, merkt er, dass ihm die Kraft fehlt, noch einmal einen solchen Neuanfang zu wagen, wie er ihn damals Mitte der 70er mit dem Umzug nach Berlin und den beiden No-Budget-Produktionen „Made in Germany und USA“ und „Tagebuch“ begann.
Während dieser Monate begleitete ihn die Schauspielerin und Regisseurin Serpil Turhan (deren toller „Meine Zuge dreht sich nicht“ vor zwei Jahren bei Achtung-Berlin-Festival zu sehen war) ohne ein Produktionsteam mit der geschulterten Kamera. Entstanden ist dabei „Rudolf Thome: Überall Blumen“, kein Dokumentar- oder Porträtfilm im eigentlichen Sinne, sondern ein hochpoetischer Film aus eigenem Recht, der von der intimen Dynamik zweier Künstler steht, die eine Generation auseinander liegen und sich doch auf einer Wellenlänge befinden. Die beiden rupfen gemeinsam die verwelkten Rhododendronblüten im Garten, beobachten Sonnenuntergänge und Serpil Turhan geht immer wieder auf Schatzsuche durch Rudolf Thomes Bauernhof: In einem Raum stapeln sich verstaubte und angerostete Filmrollen aus mehreren Jahrzehnten unter Verlängerungskabeln und Pappschildern. Thomes gesammeltes Werk. Als dieser große, mittlerweile auch alte und doch immer noch sehr jugendlich gewitzte Mann nach dem Screening samt Family auf die Bühne gebeten wurde, da kullerten mir Tränen die Backen runter. Ich glaube, es ging nicht nur mir so.
Sicherlich einer der besten deutschen Filme der letzten Jahre (wenn dieses Lob nur nicht so wenig wert wäre).
Hört sich sehr interessant an, wobei Deine feine Beschreibung schon das ihre dazu beiträgt ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Auf einmal (Aslı Özge)
Die Regisseurin zeigt uns deutsches Kleinstadtleben, bevölkert von glatten, konstruierten Katalog-Figuren aus der Mittelschicht ohne Humor, Stil, Geist, Individualität und interessante Gedanken, mit denen man keine fünf Minuten zusammen auf einer Party stehen möchte, nun aber knapp 2 Stunden Filmzeit verbringt. Nichts gegen Milieustudien, meinetwegen auch unoriginelle, wenn sie lediglich Ausgangspunkt oder Folie einer interessanten Entwicklung sind. Wie so oft bei deutschen Filmen habe ich aber eher das Gefühl, dass hier die Erzählung und Figurenwelt nur dazu dient, exemplarisch irgendwelche Thesen, Haltungen, gesellschaftlichen oder historischen Vorgänge zu illustrieren. Handwerklich anständig, aber unaufregend gefilmt, geht es zunächst wie ein Fernsehkrimi los mit ungeklärtem Todesfall und seinen gesellschaftlichen Folgen für den Verdächtigen, im letzten Viertel wird dann aber noch schnell auf unangenehm gehetzte und schematische Weise ein Perspektivwechsel vorgenommen, der wohl für einen Überraschungsmoment sorgen soll. Was bis dahin ein lahmer, freudloser, steriler – wie im deutschen Kino üblich – überaus unspektakulärer, aber passabler Krimiversuch war, wird dann richtig ärgerlich. Der Berlinale-Text meint, „Fragen um Schuld und Moral, Gerechtigkeit und Scheinheiligkeit werden verhandelt“ – und wenn ich höre, dass im Kino etwas „verhandelt wird“, kriege ich schon das Grausen. Suchsland meint gar, der „facettenreiche Psycho-Thriller“ hätte im Wettbewerb laufen müssen. Er schuldet mir jetzt 2 Stunden Lebenszeit. Ach ja, und wer als Regisseur glaubt, durch den Einsatz eines alten Rammstein-Songs (Keyboard, Rotorengeräusch, Rrrrrrummms!) noch irgendwelche originellen musikalischen Akzente setzen zu können, hat offenbar sehr viel verpennt in den letzten 20 Jahren.--
I like to move it, move it Ya like to (move it)Sonic Juice Suchsland meint gar, der „facettenreiche Psycho-Thriller“ hätte im Wettbewerb laufen müssen.
Huch, wie kommt er denn bitte darauf? Ich sehe „Auf einmal“ im Grunde wie du, fand nur das erste Drittel nicht ganz so steril und freudlos. Schade, dass es dann später so grausig wird.
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Ist der Filmausschnitt auf der Berlinale-Seite noch aus dem ersten Drittel? Voltaire-Geschwätz, überlange Gesprächspausen, bleierne Mienen: I’m out!
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A Kiss in the DreamhouseSchaue mir gerade die Preisveleihung auf 3sat an.
Die Anke Engelke ist mir zu hektisch, als ob sie es schnell hinter sich bringen müsste.
Na ja…Die Mikros am Pult sind sehr niedrig, jeder glaubt sich zu den Mikros beugen zu müssen. Sieht irgendwie… komisch aus.
Goldener Bär > Fuocoamare (Italien/Frankreich)
Schlechte Entscheidung. Ich will Filmkunst, nicht das immergleiche „Wir sind ein politisches Festival“-Gerede. 2015 ging das auf, weil Panahis „Taxi“ eben auch ein toller Film war, da ließ sich die politische Entscheidung verschmerzen. Aber dieses Jahr? Nope.
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Ach, Anke Engelke hat das schon ganz ordentlich gemacht. Auch sehr sympathisch das sie sehr oft in den Pressevorführungen der Wettbewerbsfilme zu sehen war.
Das der Goldene Bär an Fuocoamare geht, war vorher schon sehr offensichtlich. Ansonsten hatte mich der Wettbewerb dieses Jahr ziemlich enttäuscht, zumindest von den Beiträgen die ich zu Gesicht bekommen hatte. Oft kam es mir allerdings auch so vor, als wäre ich zur falschen Zeit im falschen Kino gewesen.
Mein Ranking (aus zeitlichen Gründen gekürzt):
01. „Der Nachtmahr“ (Achim „Akiz“ Bornhak, 2015; LOLA at Berlinale) * * * * 1/2
02. „Hele Sa Hiwagang Hapis“ (Lav Diaz, 2016; Wettbewerb) * * * *
03. „Chi-Raq“ (Spike Lee, 2015; Wettbewerb) * * * *
04. „Mãe Só Há Uma“ (Anna Muylaert, 2016; Panorama) * * * *
05. „El Abrazo de la Serpiente“ (Ciro Guerra, 2015; Native) * * * *
06. „Kate Plays Christine“ (Robert Greene, 2016; Forum) * * * 1/2
07. „L’Avenir“ (Mia Hansen-Løve, 2016; Wettbewerb) * * * 1/2
08. „Indignation“ (James Schamus, 2016; Panorama) * * * 1/2
09. „The End“ (Guillaume Nicloux, 2016; Forum) * * * 1/2….
34. „24 Wochen“ (Anne Zohra Berrached, 2016; Wettbewerb) * *
35. „Cartas da Guerra“ (Ivo Ferreira, 2016; Wettbewerb) * *
36. „Soy Nero“ (Rafi Pitts, 2016; Wettbewerb) * *
37. „Alone in Berlin“ (Vincent Perez, 2016; Wettbewerb) * 1/2
38. „Auf Einmal“ (Asli Özge, 2016; Panorama) *--
Darf man fragen,in welcher Funktion du auf der Berlinale warst? Antwort gern auch per PN.
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TeBe
(…)
Mein Ranking (aus zeitlichen Gründen gekürzt):01. „Der Nachtmahr“ (Achim „Akiz“ Bornhak, 2015; LOLA at Berlinale) * * * * 1/2
(…)Yeah!
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Flow like a harpoon daily and nightlyWitek DlugoszSchlechte Entscheidung. Ich will Filmkunst, nicht das immergleiche „Wir sind ein politisches Festival“-Gerede. 2015 ging das auf, weil Panahis „Taxi“ eben auch ein toller Film war, da ließ sich die politische Entscheidung verschmerzen. Aber dieses Jahr? Nope.
Ich kann mir das auch nur wegen des Themas erklären. „Fuocoamare“ hat aus meiner Sicht einige gravierende Mängel, etwa dass er die Flüchtlinge in weiten Teilen nur aus der Distanz als Opfer und notleidende, gesichtslose (wenn auch gerne in Nahaufnahme dramatisch-gefühlig eingefangene) Masse zeigt, während er dem Fischerjungen viel zu viel Zeit widmet. Das mag ein paar nette Szenen abwerfen, aber über die Länge ist es einfach nicht besonders aufschlussreich oder interessant, ihm beim Optikerbesuch, Spaghettischlürfen und Kriegsspielen zuzuschauen. Zudem sind diese ganzen Familienszenen erkennbar arrangiert und geplant, was im merkwürdigen Kontrast zu den im engeren Sinne dokumentarischen Rettungsszenen steht. Auch kann sich der Film ästhetisch nicht so recht entscheiden, da stehen diese ungeschönten Szenen von Not und Elend gegenüber den Lausbubengeschichten des italienischen Jungen gegenüber den auf visuellen Effekt zielenden Aufnahmen auf dem Marineschiff (Schleusen öffnen sich dramatisch im Morgenlicht, ein Hubschrauber erscheint…). Im Grunde erfährt man auch erstaunlich wenig jenseits dessen, was man sich so an Zeitungswissen und allgemeinen Vermutungen über die Lage auf der Insel zusammenreimt. Auch wie die normalen Inselbewohner mit dem Dauerausnahmezustand vor und an ihren Küsten umgeht, bleibt offen. Gibt es da wirklich so wenig Berührungspunkte und Konflikte, wie der Film einen glauben macht?
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I like to move it, move it Ya like to (move it)Danke an alle Rezensenten hier für die Anregungen. Werde mir den einen oder anderen Film schon anschauen, so er in die (kommunalen) Kinos kommt. Schon ein wenig Wüste hier….
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Bis eine(r) heult.............. Contre la guerre -
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