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Witek DlugoszSchlechte Entscheidung. Ich will Filmkunst, nicht das immergleiche „Wir sind ein politisches Festival“-Gerede. 2015 ging das auf, weil Panahis „Taxi“ eben auch ein toller Film war, da ließ sich die politische Entscheidung verschmerzen. Aber dieses Jahr? Nope.
Ich kann mir das auch nur wegen des Themas erklären. „Fuocoamare“ hat aus meiner Sicht einige gravierende Mängel, etwa dass er die Flüchtlinge in weiten Teilen nur aus der Distanz als Opfer und notleidende, gesichtslose (wenn auch gerne in Nahaufnahme dramatisch-gefühlig eingefangene) Masse zeigt, während er dem Fischerjungen viel zu viel Zeit widmet. Das mag ein paar nette Szenen abwerfen, aber über die Länge ist es einfach nicht besonders aufschlussreich oder interessant, ihm beim Optikerbesuch, Spaghettischlürfen und Kriegsspielen zuzuschauen. Zudem sind diese ganzen Familienszenen erkennbar arrangiert und geplant, was im merkwürdigen Kontrast zu den im engeren Sinne dokumentarischen Rettungsszenen steht. Auch kann sich der Film ästhetisch nicht so recht entscheiden, da stehen diese ungeschönten Szenen von Not und Elend gegenüber den Lausbubengeschichten des italienischen Jungen gegenüber den auf visuellen Effekt zielenden Aufnahmen auf dem Marineschiff (Schleusen öffnen sich dramatisch im Morgenlicht, ein Hubschrauber erscheint…). Im Grunde erfährt man auch erstaunlich wenig jenseits dessen, was man sich so an Zeitungswissen und allgemeinen Vermutungen über die Lage auf der Insel zusammenreimt. Auch wie die normalen Inselbewohner mit dem Dauerausnahmezustand vor und an ihren Küsten umgeht, bleibt offen. Gibt es da wirklich so wenig Berührungspunkte und Konflikte, wie der Film einen glauben macht?
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