Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Alles Geschmacksache?
-
AutorBeiträge
-
Ah UmVirtuosität (im Sinne von überlegener Spieltechnik auf einem Instrument) ist ein probates Mittel um zu signalisieren: „Seht her was ich kann! Nehmt mich bitte ernst!“ Daher auch die Beliebtheit im 70er-Jahre Prog. Pop ieS hält sich mit so etwas eher nicht auf.
Obwohl verschiedene Genres unterschiedlichen Wert auf Spieltechnik legen, ist sie weniger genre- als vielmehr instrumenten-spezifisch. Um beurteilen zu können, was wirklich schwierig ist, hilft die Kenntnis des jeweiligen Instruments.
Abgesehen davon halte ich Virtuosität für eine der offensichtlicheren, geradezu demonstrativen Qualitäten von Musik. Schwieriger ist zu beurteilen, wann die Technik noch dem künstlerischen Ausdrck dient und wann das Ganze eher den Charakter eines sportlichen Wettbewerbs annimmt (wobei auch Sport seine Reize hat).
Virtuosität muss aber nicht notwendig sowas wie „möglichst viele Noten in möglichst kurzer Zeit“ á la Joe Satriani etc. bedeuten, sondern kann sich auch umgekehrt in Sparsamkeit und Zurückhaltung ausdrücken („jede Note bewusst gespielt“) und dann bedeuten, dass jemand einen unverwechselbaren Stil, Sound oder Ausdruck hat.
--
„Weniger, aber besser.“ D. RamsHighlights von Rolling-Stone.deWerbungKai BargmannVirtuosität muss aber nicht notwendig sowas wie „möglichst viele Noten in möglichst kurzer Zeit“ á la Joe Satriani etc. bedeuten, sondern kann sich auch umgekehrt in Sparsamkeit und Zurückhaltung ausdrücken („jede Note bewusst gespielt“) und dann bedeuten, dass jemand einen unverwechselbaren Stil, Sound oder Ausdruck hat.
Ich denke, du vermischst da zwei Dinge:
Virtuosität bedeutet bei mir schlicht die außergewöhnliche technische Beherrschung des Instruments (inklusive der Fähigkeit, Schwieriges einfach erscheinen zu lassen). Typischerweise, aber nicht unbedingt, steigt die technische Schwierigkeit mit dem Tempo, weshalb sich Virtuosen meist bei hohen Tempi erweisen.
Mit „Stil, Sound oder Ausdruck“ hat das alles zunächst gar nichts zu tun. Zu diesen kann selbstverständlich auch Zurückhaltung gehören, inklusive des Verzichts auf Zurschaustellung von technischen Fertigkeiten. Und mancher Virtuose scheitert daran. Aber deshalb ist er nicht weniger Virtuose.
--
There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)Ah UmIch denke, du vermischst da zwei Dinge:
Virtuosität bedeutet bei mir schlicht die außergewöhnliche technische Beherrschung des Instruments (inklusive der Fähigkeit, Schwieriges einfach erscheinen zu lassen). Typischerweise, aber nicht unbedingt, steigt die technische Schwierigkeit mit dem Tempo, weshalb sich Virtuosen meist bei hohen Tempi erweisen.
Mit „Stil, Sound oder Ausdruck“ hat das alles zunächst gar nichts zu tun. Zu diesen kann selbstverständlich auch Zurückhaltung gehören, inklusive des Verzichts auf Zurschaustellung von technischen Fertigkeiten. Und mancher Virtuose scheitert daran. Aber deshalb ist er nicht weniger Virtuose.
Technische Beherrschung durchaus, soweit Zustimmung. Ich plädiere aber für eine Begriffserweiterung, in dem Sinne, dass jeder Virtuose ist, der – allgemein gesagt – eine Souveränität in der Handhabung seiner Gestaltungsmittel zeigt.
Vielleicht mal ein Beispiel: Keith Jarrett ist nicht direkt ein Möglichst-schnell-Spieler, aber ohne Zweifel ein Virtuose auf dem Klavier. Oder Talk Talk: Auf den späten Alben erklingt ungefähr eine Note pro Minute (etwas übertrieben), aber das ganze ist absolut virtuos, verursacht durch die Reduktion der Mittel.
--
„Weniger, aber besser.“ D. RamsAlles bla bla… gegessen wird was auf den Tisch kommt. Manche Köche bezeichnen sich auch als Virtuosen… und sind doch alles Mimosen…
Geschmack kann man nur selbst fest machen. Ich liebe es gern auch spartanisch und einfach und habe den höchsten Genuss dabei.
--
Di. & Do. ab 20.00 Uhr, Sa. von 20.30 Uhr Infos unter: [/COLOR][/SIZE]http://www.radiostonefm.deDen Begriff kann man natürlich auch so definieren.
Ich bevorzuge weiterhin die enge Definition, weil sie mir klarer erscheint.
--
There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)Ah UmDen Begriff kann man natürlich auch so definieren.
Ich bevorzuge weiterhin die enge Definition, weil sie mir klarer erscheint.
Die enge Fassung ist zwar zunächst klarer, schließt aber etliches aus – vgl. meine Beispiele.
Logisch gedacht würde ich versuchen, unter eine umfassende und gültige Definition von Virtuosität auch tatsächlich alle in der Realität vorkommenden Fälle zusammenzufassen!
Wie würdest du die Virtuosität eines Keith Jarrett (oder auch Miles Davis, um einen anderen Fall zu nennen) fassen wollen?
--
„Weniger, aber besser.“ D. RamsKai BargmannDie enge Fassung ist zwar zunächst klarer, schließt aber etliches aus – vgl. meine Beispiele.
Logisch gedacht würde ich versuchen, unter eine umfassende und gültige Definition von Virtuosität auch tatsächlich alle in der Realität vorkommenden Fälle zusammenzufassen!
Wie würdest du die Virtuosität eines Keith Jarrett (oder auch Miles Davis, um einen anderen Fall zu nennen) fassen wollen?
Schöne Beispiele.
(lese hier sehr engagiert mit)
--
Kai BargmannDie enge Fassung ist zwar zunächst klarer, schließt aber etliches aus – vgl. meine Beispiele.
Natürlich schließt sie einiges aus – das ist ja der Sinn einer Definition. Für das Ausgeschlossene habe ich andere Begriffe: Ausdruck, Musikalität, Stil usw.
Bei deiner Definition wird das alles vom Begriff der Virtuosität aufgesogen.Wie würdest du die Virtuosität eines Keith Jarrett (oder auch Miles Davis, um einen anderen Fall zu nennen) fassen wollen?
Jarrett ist auch nach meiner Definition ein Virtuose – einer, der über ganz hervorragende spieltechnische Fähigkeiten am Klavier verfügt.
Darüberhinaus ist Jarrett ein Spieler, der sich fast nie von seiner eigenen Technik forttragen lässt, sondern den Ausdruck stets in den Mittelpunkt stellt (anders als biszuweilen zB Oscar Peterson).Miles Davis war rein technisch kein Könner wie Dizzy Gillespie oder gar Wynton Marsalis. Aber er hatte einen der markantesten Töne im Jazz überhaupt, fantastisches Timing und war zweifellos ein überragender Stilist (nicht zuletzt durch Reduktion). Gerade das Beispiel Miles Davis zeigt, dass Virtuosität (ieS) nicht mit künstlerischer Qualität gleichzusetzen ist.
--
There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)Der Duden definiert Virtuosität als die meisterhafte Beherrschung der technischen Schwierigkeiten.
--
„Weniger, aber besser.“ D. RamsAh UmMiles Davis war rein technisch kein Könner wie Dizzy Gillespie oder gar Wynton Marsalis.
Doch, das war er auch. Einfach seine Sachen mit Parker mal anhören.
--
A Kiss in the DreamhouseKai BargmannDer Duden definiert Virtuosität als die meisterhafte Beherrschung der technischen Schwierigkeiten.
Da bin ich ja voll auf der Linie des Duden.:-)
--
There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)Ah UmDa bin ich ja voll auf der Linie des Duden.:-)
So isses. :bier:
Es ist wohl doch sinnvoll, Reduktion unter Musikalität oder Ausdruck zu klassifizieren.
--
„Weniger, aber besser.“ D. RamsNapoleon DynamiteDoch, das war er auch. Einfach seine Sachen mit Parker mal anhören.
Wenn ich die Aufnahmen der Parker-Band mit Miles Davis und mit Gillespie vergleiche würde ich sagen: Gillespies Ton hat mehr Volumen und Glanz bei weniger Ansatzproblemen. Miles Davis ist gewiss kein technisch schlechter Trompeter, aber seine wirkliche Stärke liegt sicher nicht im knalligen Höher-schneller-weiter.
Trotzdem sind die Dial-Sessions von Parker/Davis natürlich absolute Meisterwerke.--
There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)Interessant für diese Diskussion und besonders in Sachen „Virtuosität“ ist doch auch, dass viele Studio- oder Berufsmusiker erstklassig spielen können und sogar problemlos improvisieren, aber sehr häufig (Ausnahmen bestätigen die Regel) keine eigenen Treffer in Sachen Bühnenkarriere landen.
Hierzulande gibt es ja eine Unzahl von Bands, die durch die Turn- und Stadthallen aller Orte ziehen und Unterhaltungskonzerte geben (auch Coverbands oder bei uns „Beatabendbands“ genannt). Ich kenne zufällig einige Musiker aus solchen Bands. Teilweise unglaublich, wie gut die spielen und professionell auftreten. Und verdienen tun sie recht gut, sogar mehr als die meisten mittelbekannten Bands auf „normaler“ Albumtour. Nur – sobald sie versuchen ein Album auf den Markt zu bringen (was immer wieder geschieht), stirbt man beim Anhören fast vor Langeweile. Da scheint doch der Hund begraben – es gehört eben mehr dazu als Professionalität und Handwerk
…und das dürfte ein Großteil von dem sein, was hier gesucht wird.
Ach, fuck auf Virtuosität! Es spielt es keine Rolle, wie gut die Instrumentalisten oder wie intelligent die Arrangements oder die Texte sind. Musik ist für mich in dem Moment gut, wo sie mich mitten ins Herz trifft. Das, und nur das, zählt!
--
How does it feel to be one of the beautiful people? -
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.