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Kai BargmannDie enge Fassung ist zwar zunächst klarer, schließt aber etliches aus – vgl. meine Beispiele.
Natürlich schließt sie einiges aus – das ist ja der Sinn einer Definition. Für das Ausgeschlossene habe ich andere Begriffe: Ausdruck, Musikalität, Stil usw.
Bei deiner Definition wird das alles vom Begriff der Virtuosität aufgesogen.
Wie würdest du die Virtuosität eines Keith Jarrett (oder auch Miles Davis, um einen anderen Fall zu nennen) fassen wollen?
Jarrett ist auch nach meiner Definition ein Virtuose – einer, der über ganz hervorragende spieltechnische Fähigkeiten am Klavier verfügt.
Darüberhinaus ist Jarrett ein Spieler, der sich fast nie von seiner eigenen Technik forttragen lässt, sondern den Ausdruck stets in den Mittelpunkt stellt (anders als biszuweilen zB Oscar Peterson).
Miles Davis war rein technisch kein Könner wie Dizzy Gillespie oder gar Wynton Marsalis. Aber er hatte einen der markantesten Töne im Jazz überhaupt, fantastisches Timing und war zweifellos ein überragender Stilist (nicht zuletzt durch Reduktion). Gerade das Beispiel Miles Davis zeigt, dass Virtuosität (ieS) nicht mit künstlerischer Qualität gleichzusetzen ist.
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There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)