Syd Barrett – Diskographie

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    imbecilia-dementiae

    Registriert seit: 12.06.2003

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    Der Name Syd Barrett ist sicherlich vielen Musikkennern ein Begriff, doch seine Solo-Platten kennen wohl nur die wenigsten – obwohl Bands wie R.E.M. oder Placebo und nicht zuletzt auch David Gilmour immer wieder Songs aus seinem Solo-Schaffen interpretieren.
    In der Rockhistorie hat sich Barrett durch das Pink Floyd-Debut „The Piper At The Gates Of Dawn“ (1967) und den ersten drei Singles des Quartetts für immer einen Ehrenplatz gesichert. Seine sonstigen Aufnahmen mit Floyd zeigen schon ernste Anzeichen seines Verfalles: „Vegetable Man“ und „Scream Thy Last Scream“ wurden nie offiziell veröffentlicht und der erschütternde „Jugband Blues“ schaffte es wohl nur aus Mangel an Alternativen auf die zweite Floyd-LP „A Saucerful Of Secrets“ (1968). Da war Barrett schon längst durch seinen Kumpel David Gilmour ersetzt worden. Eine kurzzeitige fünfköpfige Inkarnation der Floyds erwies sich leider als nicht praktikabel.

    Doch die Bande zwischen Pink Floyd und Syd Barrett waren noch nicht ganz zerschnitten…

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    1969 meldete sich Syd bei seiner Plattenfirma und äußerte den Wunsch, wieder ein Album zu veröffentlichen. Da sich seine Ex-Kollegen nach einigen Single-Flops auf Film-Soundtracks und Konzept-Alben verlagerten und Barrett für die früheren Hits „Arnold Layne“ und „See Emily Play“ verantwortlich war, kam das EMI natürlich sehr gelegen. Peter Jenner, erster Manager der Floyds, versuchte sich als erster Produzent dieser Platte, brach allerdings schon nach wenigen Sessions ab. Malcolm Jones, Gründer des Sublabels Harvest, hatte ein etwas glücklicheres Händchen, verzweifelte aber auch sehr bald an dem zu experimentierfreudigen Künstler. (Barrett hatte sich in den Kopf gesetzt, Motorradsounds mit Percussion-Rhythmen zu mixen, der Track „Rhamadan“ wurde aber nie fertig und existiert nur auf Bootlegs. Ein ähnlicher Track namens „Lanky“ findet sich auf „Opel“.)
    David Gilmour, der sich immer wieder nach dem Fortschritt des Albums erkundigte, bot an, zusammen mit Roger Waters die Rolle des Produzenten zu übernehmen, was Jones gerne annahm. So kam ein produktionstechnisch zusammengewürfeltes Album heraus, das trotzdem wunderbare Songs enthielt – allerdings konnten und wollten es Roger und Dave nicht vermeiden, den tatsächlichen Zustand von Syd auf Vinyl zu verewigen: Das fertige Produkt klingt wie ein Demo, zu mehr war das drogengeschädigte Genie nicht mehr in der Lage. „The Madcap Laughs“ hat nichts mehr mit „Piper“ gemein, die Songs sind erdiger und meist nur von Barrett solo vorgetragen – falsche Anfänge, Abbrüche und Studiogemurmel inbegriffen. Bei einigen Tracks spielten Soft Machine als Backing-Band, durften aber auf dem Album aus Vertragsgründen nicht genannt werden.
    Anspieltipps: „No Man`s Land“, „Golden Hair“ „Terrapin“ und „Dark Globe“.

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    Die Verkaufszahlen von „Madcap“ konnten sich sehen lassen und so machte man sich wenig später an ein zweites Album, das 1970 erschien. David Gilmour übernahm erneut die Produktion und wurde dabei von Rick Wright unterstützt; Roger Waters wollte sich das nicht noch einmal antun…
    „Barrett“ ist in einiger Hinsicht stimmiger geraten als sein Vorläufer: Es gibt eine einheitliche Band mit Gilmour am Bass, Wright an den Keyboards und Jerry Shirley an den Drums. Syd scheint außerdem wieder in besserer Verfassung zu sein und so wurde das Album trotz einer recht kargen Produktion sehr hörenswert.
    Anspieltipps: „Baby Lemonade“, „Gigolo Aunt“, „Maisie“ und „Dominoes“.

    Das Trio Barrett/Gilmour/Shirley gab sogar einige Auftritte, die durch die EP „The Peel Sessions“ trefflich dokumentiert sind. Bei einem dieser Auftritte ging Barrett jedoch (ohne ersichtlichen Grund) frühzeitig von der Bühne, was diese Episode schnell beendete. Einige weitere Band-Projekte folgten, doch verliefen im Sande. Syd zog sich mehr und mehr zurück und machte eine schlimme Zeit durch. 1974/75 war Syd letztmalig in einem Studio, nahm allerdings nur einige Gitarrenspuren auf. Damals waren Floyd ebenfalls im Studio und arbeiteten gerade an „Shine On“. Syd überraschte sie mit einem Besuch, verschwand aber bald wieder. Danach hat keiner der Band ihn jemals wieder gesehen.

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    1988 gab EMI dem Drängen der Fans nach und veröffentlichte mit „Opel“ eine Sammlung aus unveröffentlichten Aufnahmen. Das Album enttäuschte zwar die über viele Jahre gehegten Träume der Fans, hatte aber mit dem Titeltrack auch Barretts besten Solo-Song an Bord. Fast alle Songs sind Syd pur, also nur Gitarre/Gesang, was dieses Album zu einem für die Allgemeinheit noch schwerer verdaulichen Brocken macht als die beiden regulären Alben. Der Fan findet hier aber durchaus schöne Songs, genial einfach oder herrlich verspielt, wie alles aus Barretts Feder.
    Anspieltipps: „Opel“, „Wined And Dined“, „Rats“ und „Let`s Split“.

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    Neueinsteiger haben mit „Crazy Diamond“ die Möglichkeit, alle drei Alben auf einmal zu erwerben. Alle CDs enthalten zusätzliches Bonusmaterial aus bislang unveröffentlichten Alternativ-Versionen. Ein informatives Büchlein komplettiert diese liebevoll gestaltete Box.

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    Wem drei CDs zu viel sind, der kann sich die 22 wichtigsten Soloaufnahmen auch auf einer „Best Of“-CD holen, die ebenfalls sehr schön geworden ist. Endlich ist hier der legendäre, lange als verschollen geglaubte „Bob Dylan Blues“ vertreten, ein einfaches Stereo-Demo, das David Gilmour 1970 anfertigte und über all die Jahre unter Verschluss gehalten hatte. Der Song selbst ist ein sehr früher Barrett (ca. 1965).

    Roger Keith Barrett, so sein bürgerlicher Name, lebt zurückgezogen in Cambridge, malt und schreibt zu seinem eigenen Vergnügen, macht aber keine Musik mehr. Er hört fast nur noch Klassik und manchmal Jazz.

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    „Shine On You Crazy Diamond“

    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #1011339  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 36,536

    Schöne Arbeit. Kenne nur die ‚Madcap‘. Sind ein paar schöne Songs drauf, aber gegen Ende fällt mir das Album zu sehr auseinander. Müßte ich vielleicht mal wieder hören.

    --

    If you stay too long, you'll finally go insane.
    #1011341  | PERMALINK

    j-w
    Moderator
    maximum rhythm & blues

    Registriert seit: 09.07.2002

    Beiträge: 40,370

    Toller Beitrag, vielen Dank!
    Weitermachen! :twisted:

    --

    Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue
    #1011343  | PERMALINK

    whole-lotta-pete

    Registriert seit: 19.05.2003

    Beiträge: 17,435

    Hi Dr. Demento (*g*)

    Schön dargestellt, hab viel interessantes in deinen Zeilen gelesen. Anscheinend haben die Floyd-Jungs ja immer noch sehr an Syd gehangen, weil sie sich so viel mit seinem Schicksal auseinandergesetzt haben. Viele hätten das wahrscheinlich einfach abgehakt.

    Irgendne Idee, wieso diese eine Scheibe ausgerechnet OPEL heißt? Vielleicht fuhr Barrett ja nen Kadett? :lol:

    --

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    #1011345  | PERMALINK

    imbecilia-dementiae

    Registriert seit: 12.06.2003

    Beiträge: 173

    Kannst ja selbst mal analysieren:

    OPEL
    On a distant shore, miles from land
    stands the ebony totem in ebony sand
    a dream in a mist of gray…
    on a far distant shore…

    The pebble that stood alone
    and driftwood lies half buried
    warm shallow waters sweep shells
    so the cockles shine…

    A bare winding carcass, stark
    shimmers as flies scoop up meat, an empty way…
    dry tears…
    crisp flax squeaks tall reeds
    make a circle of gray in a summer way, around man
    stood on ground…

    I’m trying
    I’m trying to find you!
    To find you
    I’m living, I’m giving,
    To find you, To find you,
    I’m living, I’m living,
    I’m trying, I’m giving

    Viel Spaß! :lol:

    ps:
    Das Cambridge-Trio Waters/Gilmour/Barrett war in den 60ern schon recht gut befreundet. Gilmour und Barrett haben schon lange vor Floyd zusammen musiziert, bis dann Barrett zu Floyd ging und Gilmour Jokers Wild gründete. Nicht zuletzt deswegen wurde Gilmour auch zu Floyd geholt, man wollte Barrett ja wie Brian Wilson bei den Beach Boys auch weiterhin als Songwriter haben und probierte Anfang ’68 auch mal ne fünfköpfige Formation aus (es gab 4-6 gemeinsame Konzerte). Aber es funzte halt nicht mehr mit Syd.
    Diese Leidensgeschichte floss dann später bekanntlich in „Meddle“, „Dark Side“, „Wish“ und „The Wall“. Letzte Wehen sind sogar noch in „Division Bell“ zu erkennen, die sowohl Syd als auch Roger anspricht (-> „Poles Apart“ und „High Hopes“).

    #1011347  | PERMALINK

    whole-lotta-pete

    Registriert seit: 19.05.2003

    Beiträge: 17,435

    ääähh….jja, ich hab mich auch gefreut, als ich meinen ersten Opel gekauft hab :lol:

    --

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