Ryuichi Sakamoto 08.11.11 Hamburg Kampnagel und George Duke 06.11.11 Hamburg, Fabrik

Startseite Foren Das Konzert-Forum: Wann, wer und wie Und so war es dann Ryuichi Sakamoto 08.11.11 Hamburg Kampnagel und George Duke 06.11.11 Hamburg, Fabrik

Ansicht von 1 Beitrag (von insgesamt 1)
  • Autor
    Beiträge
  • #78413  | PERMALINK

    malcolm-xx

    Registriert seit: 29.11.2011

    Beiträge: 1

    Die Selbstgeißelung des Künstlers trifft auf den Duke Of Winni Puuh

    Ryuichi Sakamoto auf Kampnagel 08.11.11 & George Duke in der Hamburger Fabrik 06.11.11

    Flagellaten nennt man kleine einzellige Urzeitwesen, die sich mit peitschenartigen Zellfortsätzen selber geißeln. Flageolettten hingegen sind Obertöne die die Violinistin mit ihrem Geigenbogen auf den Saiten der Geige erzeugt. Was passiert also wenn Flagellaten auf Flageoletten treffen ?

    Diese Frage konnte beim Ryuichi Sakamoto Konzert auf dem Hamburger Kampnagel Kulturgelände hinreichend beantwortet werden. Die Violinistin Judy Kang erzeugte diese Flageoletten mit scheinbarer Leichtigkeit, während Jacques Morelenbaum dazu dem Cello quälend langsame Akkordkombinationen entlockte. Irgendwie schien die Zeit erstarrt bei diesem Konzert: zuerst verlangsamte ein isländisches Duo mit Klavier und Violine die Töne auf Protonenschlafgeschwindigkeit, während ein Laptop dazu manchmal blubbernde Lava Schubtöne erbrach, dann schienen die beiden Musiker dem Raum so weit entrückt zu sein, wie ein Raumschiff kurz vor dem Quantensprung. Nach einer halben Stunde war dann zum Glück Schluss mit dem isländischen Geisterspuk und man konnte sich wieder dem Wein und der wahren Kunst zuwenden.

    Ryuichi Sakamoto startete dann genauso: wieder wurden die Töne teigig gedehnt, minimalisiert und flageolesiert, wie bei einer Selbstgeißelung der Muse. Kunst auf höchsten Niveau oder Selbstreduktion aus Schlafmangel ? Das ist hier die Frage. Minimalismus ist ja schön, aber manchmal können einen diese ewigen Akkordwiederholungen schon in den Wahnsinn treiben. So richtig Leben kam in dieses Trio nur, als sie einige Astor Piazolla Reminiszenzen in rhythmische Songstrukturen verpackten, ansonsten wirkte dieses Trio irgendwie eingeschrumpft und leer auf mich.

    Ganz anders hingegen wirkte George Duke zwei Tage vorher bei seinem Konzert in der Hamburger Fabrik: der 65 jährige bärtige Winnie Puuh aus Kalifornien sprang frisch genährt vom Asiaten auf die Holzbohlenbühne der Fabrik und startete mit der Ballade ‚Homeland’ vom Duke Album ein abwechslungsreiches Konzert.

    Sein stämmiger Steinbeißer Bassist Mike Manson ließ dazu die Saiten funkig krachen. Der Schlagzeuger wirbelte wie ein ungestümer Tigger-Tiger über die Membranophone. Den Gitarristen hatte man schon vorsorglich auf die Seitenbühne geschoben, wo er nur scheinbar gelangweilt, wie der Esel I-Ah seiner Gitarre manchmal schräge Fusionattacken, manchmal harmonisierte Wohlfühlklänge entlockte. George Duke sprintete frisch onduliert über die Bühne wie ein jung gebliebener Baptistenprediger bei einer Baptistenhochzeit und öffnete munter die Trickkiste der Mitsing-Party Freizeitgeneration: James Brown, Sly & The Family Stone und eigene Funkbrecher wurden zu einem sprühenden Medley verquirlt, bei dem sogar die leicht ergraute Herrengemeinde des Publikums zu tanzen anfing. So schön kann Altherrenfunk sein, wenn er nur richtig gewürzt ist. Bitte George lass uns nicht wieder 30 Jahre auf dein nächstes Konzert warten, sonst können wir dort Rollatoren Rallys veranstalten.

    --

    Highlights von Rolling-Stone.de
    Werbung
Ansicht von 1 Beitrag (von insgesamt 1)

Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.