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AutorBeiträge
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@Rossi
Zu Automatic schreib ich vielleicht auch noch mal was, meine REM Phase liegt schon länger hinter mir, auch wenn ich Automatic noch unregelmäßig höre. Und Everybody Hurts ist natürlich ein Herzstücks des Pathos, da kommt die restlichen Songs kaum noch mit
Jetzt gehts aber erstmal mit einem anderen Album, zu dem ich schon lange was schreiben wollte und ich mich immer gedrückt habe, weiter. Aber ich befürchte mal, du wirst es nicht kennen…--
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WerbungTalk Talk – „Spirit Of Eden“
(EMI – 1988)Kürzlich kam ich spät abends nach einem miserablen Tag nach Hause, müde, genervt, gestresst. Ohne jegliche Lust auf irgendwen oder irgendetwas zog ich mich in mein Schlafzimmer zurück, als mich plötzlich eine innere Stimme, ein Bauchgefühl dazu verleitete Talk Talk aufzulegen. “Spirit Of Eden” liegt in meinem Regal immer griffbereit. Keine andere Musik wird so intuitiv aufgelegt wie die letzten Alben der Ex-Synthie Popper, die zuvor mit Such A Shame, It’s My Life etc. schon kleine Meisterwerke eben dieser Kategorie abgeliefert haben. Ich weiß nicht, ob es Momente wie diese sind, für die die Mannen rund um Mark Hollis diese Stimmungsgemälde geschaffen haben. Ich zumindest instrumentalisiere „Spirit Of Eden“ genau für solche Tage, um wie aus dem Nichts aus einem verschenkten Tag einen etwas erträglicheren zu machen.
Klar klingt das pathetisch, aber ich spreche immerhin von Talk Talk und „Spirit Of Eden“, die selbst durch diese Namenswahl die Latte recht hoch gehangen hatten. Nach 14 Monaten und 350 000 Pfund Produktionskosten war es geschafft. „Spirit Of Eden“ war der Wandel zu einem organischen Sound, der Reduzierung, der Verkomplexizierung, der Stilvielfalt, des Minimalismus und Avantgardismus, zu einem Gebräu aus Jazz, Folk und Blues, zur Mystifizierung, Ästhetik, Abstraktion und improvisierten Strukturen, zu Intimität, Expressivität und Ungleichartigkeit, zu emotionaler Katharsis, Stille und Resonanz, kurz: zu Hymnen eines fernen Paradieses. Hymnen über Visionen voller Erlösung, Gnade, Hoffnung, Verlust, Reflexionen spiritueller Aufruhr, Leiden und Liebe.
Der Reigen wird eröffnet durch die dreiteilige Suite “Rainbow“/“Eden“/“Desire“, eine Trompete begleitet von Streichern, ein leise Orgel, Endzeitstimmung oder der Beginn einer neuen Zeit? Irgendwann setzen Drums und Piano ein, Rainbow scheint eine Struktur anzunehmen und die Stimme von Mark Hollis nimmt uns gefangen, ein Flehen, Anbeten, ein Beschwören… “Well how can that be fair at all? / Repented
changed / Aware where I have wronged” . Mark Hollis Stimme scheint wie in Trance, Stille vermischt sich mit E-Gitarren Feedback und für einem Moment glaubt man, Hollis befinde sich genau an den Stellen, wo sich das Tiergestrüpp auf dem Cover sonst befindet. Ein (natürlich) fließender Übergang von „Rainbow“ zu „Eden“, Hollis schwimmt weiterhin durch diesen Fluss der Erkenntnis “Summer bled of Eden / Easter’s heir uncrowns / Another destiny / lies leeched upon the ground” und schlussfolgert “Everybody needs someone to live by
Everybody needs someone” . Nach einer kurzen Stille setzen Streicher und Orgel wieder ein, irgendwann bricht ein Gewitter ein, Chaos und Anarchie und Hollis bekennt wie einst Dylan was wir doch schon längst wussten: “That ain’t me babe / That ain’t me babe / I’m just content to relax /Than drown within myself” . Nach eigenen Aussagen wollte Hollis die erste Seite der LP als Kampf enden lassen und so duellieren sich Percussions mit Streichern, eine Mundharmonika mit Gitarren und immer mittendrin diese flehende Stimme… it ain’t me you’re looking for.Auf der zweiten LP Seite hält „Inheritance“ stilvoll mit Klavier und minimalistischen Drums Einzug. Es schwirrt und bläst “Nature’s son
don’t you know where life has gone / burying progress in the clouds” Klarinetten säuseln ein und Hollis scheint wie Mozart sein eigenes Requiem zu schreiben “Heaven bless you in your calm / my gentle friend / heaven bless you”. Hilflos versuchte EMI das folgende “I Believe In You” als Single auszukoppeln, doch Hollis unheilsvolle, bedrohliche Lyrics ließen sich nicht verkaufen. Hear it in my spirit”I’ve seen heroin for myself
On the street so young laying wasted
Enough ain’t it enough
Crippled world
I just can’t bring myself to see it startingTell me how I fear it
I buy prejudice for my health
Is it worth so much when you taste it?
Enough there ain’t enough hidden hurt
A time to sell yourself
A time for passing”In Wahrheit gibt es nichts magnetischeres als das Ende von „I Believe In You“, wenn Hollis, begleitend von engelsgleichen, unter Wasser versetzten Chören, immer und immer wieder den „Spirit“ beschwört. Ganz am Ende dann noch „Wealth“, diese anbetungswürdige Ode an ein höheres Wesen. ”Create upon my breath / Create reflection on my flesh / The wealth of love / … Take my freedom for giving me a sacred love”.
Es folgten noch „Laughing Stock“ und sein enigmatisches Solodebüt, auf denen sich Hollis weiter von allem weltlichen entfernte. Seit fast einem Jahrzehnt gibt es kein Lebenszeichen von Mark Hollis, der wohl irgendwo in London wohnt und weiter nach dem ultimativen sound of silence sucht. happiness is easy
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and now we rise and we are everywherenikodemusSeit fast einem Jahrzehnt gibt es kein Lebenszeichen von Mark Hollis, der wohl irgendwo in London wohnt und weiter nach dem ultimativen sound of silence sucht. happiness is easy
Genial! Allein dafür sollte es Zeilengeld geben (und nicht zu knapp) …
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Es gibt 2 Arten von Menschen: Die einen haben geladene Revolver, die anderen buddeln.@niko: Die Existenz dieses Albums und sein Kultstatus sind mir durchaus bekannt ;-). Eines der Alben, um das ich immer mal wieder herumschleiche, weil ich Talk Talk natürlich prinzipiell gut finde. Deine Besprechung ist wiederum großartig geschrieben und macht mich doch jetzt sehr neugierig. Wo wird das alles noch enden …
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Gute Frage! In der Regel werden im Internet solche Rubriken irgendwann kostenpflichtig, ich nehm dann das ermäßigte Abo
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Es gibt 2 Arten von Menschen: Die einen haben geladene Revolver, die anderen buddeln.@niko:
Verfolge deine schönen Texte jetzt schon von Anfang an, aber entweder ich kannte die Alben nicht oder ich mochte sie nicht so sehr. Diesmal hast du aber bei mir einen Volltreffer gelandet.
Rossi, nicht nur neugierig werden. Hol dir das Album und warte auf einen solchen Moment, wie niko ihn eingangs beschreibt und lass dich fallen. Klar, klingt das pathetisch, aber ich spreche immerhin von Talk Talk und „Spirit Of Eden“.--
Nikos Texte sind das Beste, was es zur Zeit hier im Forum gibt. Er schafft es jedesmal, auch einem „alten Hasen“ wie mir neue Aspekte des jeweiligen Albums nahe zu bringen. Dass auch Texte mit einbezogen werden, macht das Ganze sehr stimmig und wird den Interpreten und ihrem Werk gerecht. Gefällt mir sehr gut, vielen Dank, Niko!
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When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)nikodemus
“The Good Son” war aus musikalischer Sicht ein radikaler Schritt in der Karriere meines Lieblingsaustraliers. Spielte Cave Anfang der 80er mit „The Birthday Party“ und später mit den „Bad Seeds“ noch eine krude Mischung aus Post-Punk, New Wave und rohem Blues, war auf „The Good Son“ plötzlich alles anders. Cave zog nach Rio de Janeiro, verliebte sich in die brasilianische Journalistin Viviane Carneiro (die bald darauf schwängern sollte), ließ die Finger von Drogen und verkleidete seine lyrischen Moritaten hinter saccharinen Streichern.
Schon auf dem Cover war zu erkennen dass sich was verändert haben musste. Cave sitzt wie ein pädophiler, gefallener Engel an einem Flügel neben vier elfengleichen, unschuldigen Mädchen und hinterlässt einen arg ambivalenten Gesamteindruck.(…)Verfolge den Thread und die Texte auch sehr interessiert und finde sie, soweit ich die Alben kenne, zumeist ebenfals sehr gelungen, Nur bei der Cave Besprechung würde ich gerne mal einhaken, wenn ich darf.
Zum einen finde ich den musikalischen Schritt von Tender Prey zu The Good Son weniger radikal. Die von dir genannten Attribute treffen sehr gut auf Birthday Party zu, die musikalische Bandbreite der Bad Seeds war allerdings von Anfang an breiter angelegt.
Zum anderen stört mich dieser unsägliche Pädophilie Vergleich, den ich hier auch schon an anderer Seite lesen musste. Schlimm genug, dass ein soches Cover heut zu Tage sofort solche Assoziationen evoziert aber es dann noch, aufgrund seines daraus resultierenden ambivalenten Gesamteindrucks, als Grundlage einer Veränderung in Caves Schaffen zu deuten finde ich sehr bedenklich. Leider führst du die Argumentation nicht weiter. Was genau meinst du damit? Vielleicht verstehe ich es auch einfach nur falsch. Klingt jedenfals so, als koketiere Cave bewusst mit einem solchem Image. Seine Intention war sicherlich eine völlig andere.--
@bullitt
Kritik ist natürlich immer willkommen
Bei den Bad Seeds kann ich dir Recht geben, die Stilvielfalten waren breiter angelegt (wenn ich mir alleine „Your Funeral…“ anschaue hätte man auch Gothic oder so nennen können, dieser Begriff wird aber sehr unterschiedlich ausgelegt, deswegen hatte ich darauf verzicht, fand ich zudem nicht so wichtig.)
Betreff des Covers, vielleicht hab ich mich missverständlich ausgedrückt, sicherlich kokettiert Cave nicht mit einem pädophilen Image, falls du das so verstanden hast (das wäre wirklich merkwürdig), als Grundlage einer Veränderung wollte ich das nicht verstanden wissen. Mit Veränderung meinte ich die Tatsache dieses romantischen Bildes des Mannes am Klavier, welches schon einen Kontrast darstellt zu früheren Cover, wo Cave beispielweise als Leiche/Mumie porträtiert wurde.@all
Danke für die Lorbeeren, freut mich wenn ich dem ein oder anderen das Album schmackhaft machen konnte--
and now we rise and we are everywhereUnd hier noch das aktuelle Ranking
01. Nick Drake – „Five Leaves Left“
02. Bob Dylan – “Time Out Of Mind”
03. Elliott Smith – „XO“
04. Talk Talk – “Spirit Of Eden”
05. Belle & Sebastian – “If You’re Feeling Sinister
06. Elvis Costello – „Blood And Chocolate“
07. Love – “Forever Changes”
08. Nick Cave And The Bad Seeds – “The Good Son”
09. Neil Young – „Time Fades Away“
10. Curtis Mayfield – „Curtis“
11. Kate & Anna McGarrigle – „Kate & Anna McGarrigle“
12. Donny Hathaway – “Everything Is Everything”--
and now we rise and we are everywhere@nikodemus: Natürlich wieder sehr schöner Text! „Spirit of eden“ ist bei mir neben Nick Drake der 2. ***** in deinen thread. Die Talk talk Platte gehört sogar in meine Top 10! Wir haben scheinbar geschmackliche Gemeinsamkeiten…
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Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, dass er die Menschen schlechter machen kann. "Fackel" - Karl Kraus1. Talk talk – Spirit of eden *****
2. Nick Drake – Five leaves left *****
3. Kate & Anna McGarrigle – dto. ****1/2
4. Elliott Smith – XO ****1/2
5. Belle & Sebastian – If youre feeling sinister ****1/2
6. Love – Forever changes ****1/2
7. Elvis Costello – Blood and chocolate ****1/2
9. Curtis Mayfield – Curtis ****1/2
10. Nick Cave – The good son ****
11. Neil Young – Time fades away ***1/2„Donny Hathaway – Everthing is everthing“ ist schon auf den Weg zu mir. Ich hoffe das sie nächste Woche kommt…
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Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, dass er die Menschen schlechter machen kann. "Fackel" - Karl KrausDanke Vega, interessant zu sehen, wie du die Platten einschätzt, da hab ich tatsächlich fast immer getroffen.
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and now we rise and we are everywhere@nikodemus: Ich bin ja richtig gespannt, ob mal eine Platte dabei ist die ich überhaupt nicht schätze. Da gibt es ein paar Klassiker….
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Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, dass er die Menschen schlechter machen kann. "Fackel" - Karl Krausnikodemus@Bullitt
Kritik ist natürlich immer willkommen
Bei den Bad Seeds kann ich dir Recht geben, die Stilvielfalten waren breiter angelegt (wenn ich mir alleine „Your Funeral…“ anschaue hätte man auch Gothic oder so nennen können, dieser Begriff wird aber sehr unterschiedlich ausgelegt, deswegen hatte ich darauf verzicht, fand ich zudem nicht so wichtig.)
Betreff des Covers, vielleicht hab ich mich missverständlich ausgedrückt, sicherlich kokettiert Cave nicht mit einem pädophilen Image, falls du das so verstanden hast (das wäre wirklich merkwürdig), als Grundlage einer Veränderung wollte ich das nicht verstanden wissen. Mit Veränderung meinte ich die Tatsache dieses romantischen Bildes des Mannes am Klavier, welches schon einen Kontrast darstellt zu früheren Cover, wo Cave beispielweise als Leiche/Mumie porträtiert wurde.Was die Stilvielfalt betrifft wollte ich eher auf die Balladen ähnlichen Kalibers wie denen auf The Good Son hinaus, die es auch schon früher gab und nicht viel mit Post-Punk oder New Wave zu tun haben. Aber egal.
Mit dieser Betrachtungsweise des Covers kann ich wunderbar leben. Vielleicht habe ich mich etwas zu sehr an dem Pädophilie Vergleich aufgehangen, aber der ist mir hier schon öfter begegnet. Ich sehe in dem Bild nämlich auch etwas romantisches, unschuldiges, unbeflecktes also genau das Gegenteil eines Kinderschänders.
Nur mal so nebenbei, welche sind denn die Leichen/Mumien Cover?--
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Schlagwörter: Faves, Musik-Blog, User Reviews
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