Konzertimpressionen und -rezensionen

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  • #11917345  | PERMALINK

    yaiza

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    clasjaz Dann kann ich, @soulpope, auch mal wieder die „Voces Intimae“ von Sibelius hören…

    Viel Spaß!
    Durch Sibelius Klaviertrio „Korpo“ stolperte ich zum kammermusikalischen Sibelius und hörte mich in frühe Werke für Violine und Klavier ein und landete auch wieder beim Streichquartett… Mit soulpope hatte ich vor ein paar Monaten einen kurzen Austausch zu einer Orchestrierung. Ich weiß gar nicht mehr, ob es diese gibt, geplant war oder verloren ging. Beim Hören hatte ich auf jeden Fall öfters mal den Eindruck, dass es diese nicht bräuchte und die vier wie ein Kammerorchester klingen.
    Ich hörte das Henschel Quartett. Nach Sibelius schloss sich Janácek 1 an, das passte mir gut. discogs

    Vielen Dank für den Link zu Zenders Winterreise/Ballet (3sat)!

    --

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    #11917679  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Christian Wildhagen in der NZZ zum Tonhalle-Konzert: voller Lob für Messiaen und Bernstein, kritischer – und für mich nachvollziehbar beschrieben – gegenüber Bruckner:

    […]

    Nicht dass es der Wiedergabe der Dritten in der Spätfassung von 1889 an Feuer fehlen würde – Järvi bleibt seinem energiegeladenen Ansatz treu, die Musik drängt fast unablässig vorwärts; die oft mäandernden Formverläufe Bruckners wirken dadurch so übersichtlich wie selten. Nichts wird hier bedeutungsvoll überhöht oder gedehnt, die Monumentalität von Bruckners Tonsprache entsteht allein aus der inneren Dynamik, aus den weitgespannten Entwicklungsbögen und den teilweise gewaltigen Klangeruptionen. Hier liegt aber zugleich das Problem: Die für diese zielgerichtete Lesart nötige Dauerspannung führt nämlich dazu, dass der Klang – wie schon in der Achten beim Auftakt im September – zu wenig atmen und ausschwingen kann.

    Den daraus entstehenden Härten müsste wohl doch durch noch intensivere Akustik- und Gruppenproben entgegengewirkt werden, namentlich mit den Blechbläsern. […]

    Dass die Zürcher sehr wohl zu ähnlichen Differenzierungen in der Lage sind wie die Wiener, hatten sie im Übrigen zuvor selbst unter Beweis gestellt: in den ausgedehnten Solopassagen der Blechbläsergruppe in Olivier Messiaens Orchesterwerk «L’Ascension», mit dem das Programm begann. Dieser erste Teil des Konzerts wirkte überhaupt wie ein buntes Gegenbild zur geballten Wucht der Bruckner-Sinfonie nach der Pause.

    Plastisch charakterisiert Jansen jeden einzelnen der insgesamt sieben Philosophen, die Bernstein hier getreu nach der Abfolge in Platons berühmter Schrift disputieren lässt, und zwar über nichts Geringeres als über das Wesen der Liebe. Dem Thema aller Themen angemessen, klingt das mal feurig, mal nachdenklich, mal zänkisch, dann wieder leidenschaftlich, bald euphorisch und schliesslich sogar offen erotisch, wenn sich die Violine in einen sehr intimen Dialog mit dem Cello verstrickt.

    Paul Handschke, dem neuen Solocellisten des Tonhalle-Orchesters, gelingt hier ein wahrer Zaubermoment: Er verwickelt die Solistin in ein echtes Zwiegespräch, nicht bloss sekundierend, sondern ebenso selbstbewusst und nuanciert wie Jansen (was einiges heisst bei dieser Weltklasse-Geigerin), so dass man irgendwann wirklich nicht mehr weiss, wer hier die besseren «Argumente» auf seiner Seite hat. Die abgegriffene Politikerfloskel «auf Augenhöhe» bekommt da musikalisch plötzlich einen neuen Sinn, und zu Recht wird Handschke am Ende gleichberechtigt in den Jubel für Jansen einbezogen.

    https://www.nzz.ch/feuilleton/tonhalle-orchester-zuerich-wenn-es-ploetzlich-erotisch-wird-zwischen-violine-und-cello-ld.1710873

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #11917727  | PERMALINK

    soulpope
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    gypsy-tail-windChristian Wildhagen in der NZZ zum Tonhalle-Konzert: voller Lob für Messiaen und Bernstein, kritischer – und für mich nachvollziehbar beschrieben – gegenüber Bruckner:

    […] Nicht dass es der Wiedergabe der Dritten in der Spätfassung von 1889 an Feuer fehlen würde – Järvi bleibt seinem energiegeladenen Ansatz treu, die Musik drängt fast unablässig vorwärts; die oft mäandernden Formverläufe Bruckners wirken dadurch so übersichtlich wie selten. Nichts wird hier bedeutungsvoll überhöht oder gedehnt, die Monumentalität von Bruckners Tonsprache entsteht allein aus der inneren Dynamik, aus den weitgespannten Entwicklungsbögen und den teilweise gewaltigen Klangeruptionen. Hier liegt aber zugleich das Problem: Die für diese zielgerichtete Lesart nötige Dauerspannung führt nämlich dazu, dass der Klang – wie schon in der Achten beim Auftakt im September – zu wenig atmen und ausschwingen kann. Den daraus entstehenden Härten müsste wohl doch durch noch intensivere Akustik- und Gruppenproben entgegengewirkt werden, namentlich mit den Blechbläsern. […] Dass die Zürcher sehr wohl zu ähnlichen Differenzierungen in der Lage sind wie die Wiener, hatten sie im Übrigen zuvor selbst unter Beweis gestellt: in den ausgedehnten Solopassagen der Blechbläsergruppe in Olivier Messiaens Orchesterwerk «L’Ascension», mit dem das Programm begann. Dieser erste Teil des Konzerts wirkte überhaupt wie ein buntes Gegenbild zur geballten Wucht der Bruckner-Sinfonie nach der Pause. Plastisch charakterisiert Jansen jeden einzelnen der insgesamt sieben Philosophen, die Bernstein hier getreu nach der Abfolge in Platons berühmter Schrift disputieren lässt, und zwar über nichts Geringeres als über das Wesen der Liebe. Dem Thema aller Themen angemessen, klingt das mal feurig, mal nachdenklich, mal zänkisch, dann wieder leidenschaftlich, bald euphorisch und schliesslich sogar offen erotisch, wenn sich die Violine in einen sehr intimen Dialog mit dem Cello verstrickt. Paul Handschke, dem neuen Solocellisten des Tonhalle-Orchesters, gelingt hier ein wahrer Zaubermoment: Er verwickelt die Solistin in ein echtes Zwiegespräch, nicht bloss sekundierend, sondern ebenso selbstbewusst und nuanciert wie Jansen (was einiges heisst bei dieser Weltklasse-Geigerin), so dass man irgendwann wirklich nicht mehr weiss, wer hier die besseren «Argumente» auf seiner Seite hat. Die abgegriffene Politikerfloskel «auf Augenhöhe» bekommt da musikalisch plötzlich einen neuen Sinn, und zu Recht wird Handschke am Ende gleichberechtigt in den Jubel für Jansen einbezogen.

    https://www.nzz.ch/feuilleton/tonhalle-orchester-zuerich-wenn-es-ploetzlich-erotisch-wird-zwischen-violine-und-cello-ld.1710873

    Thnx, werde ich gerne nachlesen ….

    --

      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #11923417  | PERMALINK

    soulpope
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    @ „gypsy“ + „clasjaz“ : das Wiener Konzert Kurzag „Kafka Fragmente“ Prohaska Faust wurde abgesagt bzw auf den 2ten Februar 2023 …. ergo ist Geduld gefragt ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #11924835  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    soulpope

    gypsy-tail-windChristian Wildhagen in der NZZ zum Tonhalle-Konzert: voller Lob für Messiaen und Bernstein, kritischer – und für mich nachvollziehbar beschrieben – gegenüber Bruckner:

    […] Nicht dass es der Wiedergabe der Dritten in der Spätfassung von 1889 an Feuer fehlen würde – Järvi bleibt seinem energiegeladenen Ansatz treu, die Musik drängt fast unablässig vorwärts; die oft mäandernden Formverläufe Bruckners wirken dadurch so übersichtlich wie selten. Nichts wird hier bedeutungsvoll überhöht oder gedehnt, die Monumentalität von Bruckners Tonsprache entsteht allein aus der inneren Dynamik, aus den weitgespannten Entwicklungsbögen und den teilweise gewaltigen Klangeruptionen. Hier liegt aber zugleich das Problem: Die für diese zielgerichtete Lesart nötige Dauerspannung führt nämlich dazu, dass der Klang – wie schon in der Achten beim Auftakt im September – zu wenig atmen und ausschwingen kann. Den daraus entstehenden Härten müsste wohl doch durch noch intensivere Akustik- und Gruppenproben entgegengewirkt werden, namentlich mit den Blechbläsern. […] Dass die Zürcher sehr wohl zu ähnlichen Differenzierungen in der Lage sind wie die Wiener, hatten sie im Übrigen zuvor selbst unter Beweis gestellt: in den ausgedehnten Solopassagen der Blechbläsergruppe in Olivier Messiaens Orchesterwerk «L’Ascension», mit dem das Programm begann. Dieser erste Teil des Konzerts wirkte überhaupt wie ein buntes Gegenbild zur geballten Wucht der Bruckner-Sinfonie nach der Pause. Plastisch charakterisiert Jansen jeden einzelnen der insgesamt sieben Philosophen, die Bernstein hier getreu nach der Abfolge in Platons berühmter Schrift disputieren lässt, und zwar über nichts Geringeres als über das Wesen der Liebe. Dem Thema aller Themen angemessen, klingt das mal feurig, mal nachdenklich, mal zänkisch, dann wieder leidenschaftlich, bald euphorisch und schliesslich sogar offen erotisch, wenn sich die Violine in einen sehr intimen Dialog mit dem Cello verstrickt. Paul Handschke, dem neuen Solocellisten des Tonhalle-Orchesters, gelingt hier ein wahrer Zaubermoment: Er verwickelt die Solistin in ein echtes Zwiegespräch, nicht bloss sekundierend, sondern ebenso selbstbewusst und nuanciert wie Jansen (was einiges heisst bei dieser Weltklasse-Geigerin), so dass man irgendwann wirklich nicht mehr weiss, wer hier die besseren «Argumente» auf seiner Seite hat. Die abgegriffene Politikerfloskel «auf Augenhöhe» bekommt da musikalisch plötzlich einen neuen Sinn, und zu Recht wird Handschke am Ende gleichberechtigt in den Jubel für Jansen einbezogen.

    https://www.nzz.ch/feuilleton/tonhalle-orchester-zuerich-wenn-es-ploetzlich-erotisch-wird-zwischen-violine-und-cello-ld.1710873

    Thnx, werde ich gerne nachlesen ….

    Für den (die?) Bruckneristen hier … Wildhagen hat jetzt auch über das mehrtägige Gastspiel in Hamburg geschrieben und kommt zu einem höchst erfreulichen Fazit:

    Eine solche Konzertserie ist nicht nur logistisch, sondern auch künstlerisch eine Herausforderung, bietet sie einem Orchester doch die Chance, einen fremden Saal wirklich zu erobern, sich also insbesondere an die klanglichen Gegebenheiten vor Ort zu adaptieren. Im Fall der Elbphilharmonie ist das keine einfache Aufgabe – ihre kristalline, analytisch klare Akustik stellt nämlich einen modernen Gegenentwurf zu dem romantisch-geschlossenen Klangbild dar, das exemplarisch im Wiener Musikverein und in der historischen Tonhalle verwirklicht ist.

    […]

    Aus den Reihen des Orchesters ist während dieser Tage immer wieder zu hören, dass man das eigene Musizieren wie auch das der Kollegen hier viel plastischer wahrnehme als in der Tonhalle. Tatsächlich profitiert das Zusammenspiel davon zusehends: Blieb die Aufführung der 6. Sinfonie am ersten Abend noch eine Art «amerikanische» Kopie der Zürcher Aufführung von Ende Oktober – technisch brillant, aber akustisch eher kompakt als den Raum kreativ ausschöpfend –, so geschieht im zweiten Konzert mit der Achten ein kleines Wunder: Der Klang fächert sich unerhört breit und farbenreich auf, er verliert alles Harte und damit auch jene übertriebene Dominanz der Blechbläser, die noch im September das akustische Fassungsvermögen der Tonhalle überfordert hatte.

    Einen solchen Sprung in der Interpretation erlebt man bei Orchestern dieses Niveaus nicht alle Tage. Doch auch bei der 3. Sinfonie im letzten Konzert reagieren die Musiker subtil auf den Saal, sie schwingen sich buchstäblich auf ihn ein. Die Interaktion zwischen den Instrumentengruppen und das respektvolle Aufeinanderhören lassen den Gesamtklang weicher werden, transparenter und zugleich lebendiger. Wie zuvor in der exemplarisch gelungenen Achten entwickelt sich überdies eine Intensität des Musizierens, die das Publikum im ausverkauften Saal fast das Atmen, auf jeden Fall alles Husten vergessen lässt. Eine sagenhafte Konzentration, sowohl auf der Bühne wie in den Sitzreihen, die hier anders als in Zürich das Podium komplett umschliessen.

    […]

    Für Paavo Järvi sind die Hamburger Konzerte eine Mischung aus Bewährungsprobe und Heimspiel. Man kennt ihn hier gut: nach über dreissig Auftritten, allerdings mit seinen anderen Ensembles, namentlich der im nahen Bremen beheimateten Deutschen Kammerphilharmonie. Die Tonhalle ist dagegen erst das dritte Mal in der «Elphi» zu Gast, erntet aber an allen Abenden ungewöhnlich lang anhaltenden Applaus. Järvi schätzt besonders die musikalische Gruppendynamik, die sich während dieser Tage entwickelt habe. Zurück in Zürich, bringt er es mit dem für ihn typischen Understatement auf den Punkt: «Wir sind dabei, ein echtes Bruckner-Orchester zu werden.» Übersetzt heisst das wohl: Wie immer gibt es Luft nach oben, aber wir sind auf einem guten Weg.

    https://www.nzz.ch/feuilleton/hamburg-residenz-des-tonhalle-orchesters-die-zuercher-erobert-die-elbphilharmonie-ld.1711477

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    #11924839  | PERMALINK

    soulpope
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    @ „gypsy“ : auch hiefür Dank  :bye: ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #11924885  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Kling gut, schon so, als wär ich gerne dabei gewesen – gerade um das im Vergleich zu hören!

    Das mit dem Klang ist ja so ein Ding, die Tonhalle-Maag war ja vom selben Zuschnitt wie die Elbphilharmonie – aber halt zu klein für Bruckner – ich hörte u.a. eine tolle 7. mit Welser-Möst, der vom Saal ja total begeistert war, und entsprechend bei den Proben auch sehr drauf geachtet haben dürfte, dass der Saal nicht überstrapaziert wird … da hiess dann „mf“ für die Trompeter ausnahmsweise nicht wie sonst meistens „megaforte“ ;-) . Aber was ich sagen will: das Tonhalle-Orchester hat durch die vier Jahre in der Maag sicher auch sehr viel besser mit so einem transparenten Saal umgehen gelernt. Und Järvi war ja auch oft schon dabei, d.h. man hat das teils auch schon gemeinsam gelernt. Und es ist doch schön, wenn dann mal Früchte geerntet werden können.

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    #11924895  | PERMALINK

    soulpope
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    Grundsätzlich ist jedes Bruckner Konzert – denn er wird im Zweifel ja noch immer zu selten gespielt – ein Gewinn ….

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    #11924897  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Mich dünkt eigentlich, dass ich auch schon vor dem aktuellen Zyklus recht gut versorgt war … und hochkarätig obendrein auch noch, u.a. mit Haitink und Blomstedt. Womöglich befeuert durch die Pandemie neige ich nach 5-6 Jahren intensiven Konzertgehens allmählich etwas dazu, die Einheitsprogrammierung (1800 bis 1950?) etwas zu bedauern und mir vermehrt zu überlegen, ob ich eine Karte kaufen soll (unter anderen Umständen hätte ich für die laufende Saison deutlich mehr Karten erworben). Es ist ja selbst bei Beethoven oder Mozart so, dass immer wieder dasselbe aufgeführt wird (Klavierkonzerte 3-5 bzw. so ab KV 466 an, Symphonien 40/41 bzw. 4-7), bei Schubert (7 und 8) oder Tschaikovsky (4-6) ist es ähnlich, bei Brahms auch (Klavierkonzerte viel zu selten, Symphonien alle vier, aber 3 und 4 sicher am häufigsten?), bei Dvorák halt 7-9 usw. Ich nehme Bruckner als ähnlich gut vertreten wahr (7-9 und gelegentlich 3-6). Mahler wird dagegen deutlich seltener gegeben (von denen mit Sängerin[nen] habe ich z.B. in der Tonhalle erst Nr. 4 gehört, falls das die mit den Schlittenglöcklein ist, dazu dann noch Nr. 6, und die Nr. 9 dank eines Gastspiels des LSO mit Rattle). Aber ich sehe keine Lösungen, Menschen unter 70 finden Weg sehr, sehr selten, und mit mehr Feldman oder Nono würde sich das auch nicht ändern, denke ich (also schon irgendwie: die 10% der Anzahl Leute von sonst, die kommt, ist dann viel durchmischter, aber es sind halt nur 10%).

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    #11925093  | PERMALINK

    yaiza

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    gypsy-tail-windFür den (die?) Bruckneristen hier … Wildhagen hat jetzt auch über das mehrtägige Gastspiel in Hamburg geschrieben und kommt zu einem höchst erfreulichen Fazit:

    … Wie zuvor in der exemplarisch gelungenen Achten entwickelt sich überdies eine Intensität des Musizierens, die das Publikum im ausverkauften Saal fast das Atmen, auf jeden Fall alles Husten vergessen lässt. Eine sagenhafte Konzentration, sowohl auf der Bühne wie in den Sitzreihen, die hier anders als in Zürich das Podium komplett umschliessen. […]

    https://www.nzz.ch/feuilleton/hamburg-residenz-des-tonhalle-orchesters-die-zuercher-erobert-die-elbphilharmonie-ld.1711477

    Schön, das mit dem ausverkauften Saal zu lesen. Einen solchen habe ich schon länger nicht mehr gesehen. Klappt vielleicht noch bei den Berliner Philharmonikern bzw. in der Philharmonie als „Nr.1 in der Stadt“ oder beim Musikfest.

    Ich war am So. beim RSB/Vasily Petrenko im Konzerthaus und überrascht, wie leer es war (Saal ca. halbvoll; Kap. liegt bei voller Auslastung bei ca. 1.500 Besuchern). Vielleicht lag es am Programm (Mozart „Haffner“; Berg – Sieben frühe Lieder; Zemlinsky – Die Seejungfrau), daran, dass dieses Programm auch schon am Vortag in der Philharmonie gespielt wurde oder an der vor uns liegenden Unsicherheit. Auch in Konzerten davor waren überraschend viele unbesetzte Reihen. Wer weiß, was noch alles auf uns zukommt; dass einige leider und nicht so gern an der Kultur sparen müssen, kann ich mir vorstellen. Dazu kommen noch bestimmte Pandemie-Erfahrungen, wie (auch verständlich) spontane Programmänderungen etc. Ich kann damit ganz gut umgehen, aber die, die dann vielleicht unbedingt nur bestimmte Interpreten oder Werke hören wollten, werden da vielleicht je nach Erfahrungen auch vorsichtiger.

     

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    #11925115  | PERMALINK

    soulpope
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    @ „yaiza“ + „gypsy“ : der Kulterbetrieb hat noch nicht mal die COVID-19 Jahre verdaut und nun gesellt sich das bereits lange zuvor absehbare „Lichten der Reihen“ älterer Semester im Mix mit den steigenden Kosten für (jüngere) Interessierte dazu …. da mag dann die öfter einfallslose Programmierung der Konzerte noch nicht mal einkalkuliert sein ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #11925127  | PERMALINK

    yaiza

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    gypsy-tail-wind… Aber ich sehe keine Lösungen, Menschen unter 70 finden Weg sehr, sehr selten, und mit mehr Feldman oder Nono würde sich das auch nicht ändern, denke ich (also schon irgendwie: die 10% der Anzahl Leute von sonst, die kommt, ist dann viel durchmischter, aber es sind halt nur 10%).

    Die Preisgestaltung soll wohl (noch) nicht so richtig angefasst werden. Es gibt z.B. bei Neuer Musik sehr gute Erfahrungen mit Einheitspreis und freier Platzwahl. So könnten dann unschöne Konstellationen, wie z.B. viel freier Platz im Parkett (da teure Plätze) vermieden werden. Jüngere Interessierte geben vielleicht nicht mehr gern lange im Voraus Geld aus bzw. haben nicht die Möglichkeit dazu. Andere lieben „ihre Plätze“ und möchten sie nicht so gern aufgeben.

    Gut zum Ausprobieren sind da die Festivals / Schwerpunkte. Im Konzerthaus läuft gerade das Festival „Aus den Fugen“. Da gibt es in einigen Konzerten auch Einheitspreis und Platzwahl vor Ort. Ich bin gespannt, ob und wie es sich auf die Zusammensetzung des Publikums auswirkt. Dazu kommt noch, dass einige Konzerte „Dunkelkonzerte“ sein werden, wo es wahrscheinlich wirklich egal ist, wo man sitzt. Freue mich bereits auf den Selbsttest :)

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    #11925223  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ja, die Preise sind sicher ein Punkt – die Neue Musik-Veranstaltungen, die ich vor Augen hatte, funktionieren in der Regel mit Einheitspreis. Der ist zwar nicht günstig (ich bezahle in solchen Fällen meist doppelt so viel wie für meine billigen Plätze in der Tonhalle)x, aber dafür verteilen sich die Leute in Bereichen, die sie sich sonst nicht leisten könnten.

    Festivals gibt es in Zürich auf dem Niveau nicht (mehr – die Festspiele verschwanden nach einer von Corona versauten letzten (Nicht-)Durchführung 2020 endgültig … sie waren in den letzten paar – zweijährlichen – Durchführungen aber eh nicht viel mehr als ein verlängerter Saisonabschluss von Tonhalle, Oper, Schauspielhaus und ein paar kleineren Theatern). Da gibt es eher kleine Sachen an den Rändern (Avantgarde, teils eher an der Grenze zum Jazz als zur Klassik). Die Schwerpunkte ziehen sich relativ unmotiviert durch die Saison der Tonhalle (oder des Konzertprogrammes des Orchesters der Oper): der Bruckner-Zyklus, Hosokawa als „creative chair“ und Pahud als „Fokus-Künstler“ sind die von diesem Jahr, und gemeinsam führen Tonhalle und Philharmonia (Oper) mit Järvi und Noseda einen Rachmaninov-Zyklus auf (Klavierkonzerte 2-4 und Paganini-Variationen mit Piemontesi, Bronfman und Wang, Sinfonien, Die Glocken). Das sind jetzt nicht so die Events, die neues Publikum anziehen würden (Pahuds Fangemeinde ist schon dabei, klar, bei Piemontesi wird es ähnlich sein, da sind dann 2-3 Dutzend ganz junge Leute dabei, aber das ändert am grossen Bild auch nichts). Bruckner und Hosokawa mache ich soweit möglich mit, Pahud hatte ich beim Saisoneröffnungskonzert (er spielte Hosokawa), sonst sah ich ihn vor ein paar Saisons schon mehrmals in Winterthur, wo er eine Saison lang artist in residence war, bevor er sich eine Auszeit nahm (die dann durch die Pandemie womöglich verlängert wurde). Bei Rachmaninov gehe ich nur zu Bronfman in der Oper (Nr. 3 und Die Glocken), was eher am Terminplan als an Desinteresse liegt. Im gegenwärtigen Zustand bin ich ja eh gerade froh, habe ich nur 1-2 Konzerte die Woche geplant und fast alle an Wochenenden bzw. am Freitag, wenn ich frei habe.

    --

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    #11925229  | PERMALINK

    soulpope
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    gypsy-tail-wind ….  Bei Rachmaninov gehe ich nur zu Bronfman in der Oper (Nr. 3 und Die Glocken), was eher am Terminplan als an Desinteresse liegt. Im gegenwärtigen Zustand bin ich ja eh gerade froh, habe ich nur 1-2 Konzerte die Woche geplant und fast alle an Wochenenden bzw. am Freitag, wenn ich frei habe.

    Sicher interessant ….

    --

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    #11925231  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Demnächst gäb’s hier die Lenz-Oper von Rihm (Co-Produktion von ZKO und Opernhaus) – und heute Abend ein Gesprächskonzert mit Rihm. Auf letzteres verzichte ich (ich würde die halbe Zeit vor mich hindösen), die Oper überlege ich mir noch (Ende nächste Woche).

    https://zko.ch/events/jakob-lenz-kammeroper-wolfgang-rihm-2022-2023/

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